Trump und seine Kumpel: Amnesty sieht Welt in "brutales Zeitalter" katapultiert

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Die Bilanz von Amnesty International ist verheerend. "Seit mehr als einem Jahrzehnt erlebt die Welt eine Ausbreitung autoritärer Gesetze, Maßnahmen und Praktiken", so die NGO. Ein Brandbeschleuniger: US-Präsident Trump und seine Kooperation mit großen Konzernen.

Amnesty International hat eine Schwächung internationaler Organisationen und zunehmende Angriffe mächtiger Staaten auf die regelbasierte Ordnung angeprangert. So habe insbesondere US-Präsident Donald Trump seit seinem Amtsantritt im Januar "zahlreiche Attacken" auf die "hart erkämpften Errungenschaften der vergangenen 80 Jahre in Sachen Gleichheit, Gerechtigkeit und Würde" verübt, erklärte Amnesty-Generalsekretärin Agnès Callamard angesichts des heute veröffentlichten Jahresberichts für 2024. Trumps "Kooperation mit großen Konzernen" katapultiere die Welt "mit hoher Geschwindigkeit in ein brutales Zeitalter", in dem "Menschenrechte und Diplomatie von militärischer und wirtschaftlicher Macht übertrumpft" würden.

Die Probleme beschränkten sich jedoch nicht auf die Politik Trumps. "Seit mehr als einem Jahrzehnt erlebt die Welt eine Ausbreitung autoritärer Gesetze, Maßnahmen und Praktiken", kritisierte Callamard. So seien in verschiedenen Ländern immer mehr NGOs und politische Parteien "aufgelöst, mit einem Betätigungsverbot belegt oder willkürlich als 'extremistisch' gebrandmarkt" worden. Mindestens 21 Staaten brachten nach ihren Angaben 2024 "Gesetze oder Gesetzesentwürfe ein, die auf die Unterdrückung der freien Meinungsäußerung oder ein Verbot von Medienunternehmen abzielten".

Amnesty-Generalsekretärin Julia Duchrow sprach von einem "epochalen Bruch", da viele autoritäre Staatenlenker ihre menschenrechtswidrige Politik nicht einmal mehr verschleiern würden. "Rechtsstaat, Völkerrecht und Menschenrechtsschutz werden von einer Vielzahl von Staaten missachtet und angegriffen", erklärte Duchrow. "Menschenrechtsverletzungen werden nicht mehr geleugnet oder vertuscht, sondern ausdrücklich gerechtfertigt."

Auch Trumps Klimapolitik mit seinem Bekenntnis zu fossilen Energien, sei "lediglich Ausdruck einer Entwicklung, die sich bereits im Gange befand", erklärte Callamard. So sei der von Trump "2025 verfügte Austritt der USA aus dem Pariser Klimaabkommen" von anderen Staaten begrüßt worden, "die ebenfalls von fossilen Brennstoffen abhängig waren". Gleichzeitig blieb 2024 keine Region der Welt von der Klimakrise und ihren Folgen wie immer neuen Temperaturrekorden, Dürren, Bränden und Überschwemmungen verschont.

Kritik an zahnlosem UN-Sicherheitsrat

Amnesty kritisierte in dem Jahresbericht zudem das mangelnde Durchgreifen multilateraler Organisationen im Kampf gegen Menschenrechtsverstöße. So seien multilaterale Institutionen wie der UN-Sicherheitsrat im vergangenen Jahr "häufig nicht in der Lage oder nicht willens" gewesen, ausreichend Druck auszuüben, um Völkerrechtsverstöße einzudämmen und Gräueltaten zu stoppen, heißt es in dem Jahresbericht.

Als Beispiel führte Amnesty das Abstimmungsverhalten der USA im Sicherheitsrat in Bezug auf den Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen an. Die USA hätten ihr Vetorecht im vergangenen Jahr unter der damaligen Regierung von Präsident Joe Biden "monatelang missbraucht", um "wirksame Schritte" gegen das laut Amnesty völkerrechtswidrige Vorgehen Israels zu verhindern. Aber auch Russland habe im Sicherheitsrat etwa eine Resolution verhindert, die ein Ende der Angriffe auf Zivilisten im Sudan und humanitäre Hilfe für das Bürgerkriegsland forderte.

Dass internationale Institutionen wie der Sicherheitsrat in vielen Fällen nicht für die Einhaltung des Völkerrechts oder die Bereitstellung humanitärer Hilfe sorgten, habe auch zur Folge, dass es "immer größere Zweifel an der Legitimität und Funktionsfähigkeit dieser Institutionen" gibt, folgerte Amnesty.

Vorwurf des "Völkermords" gegen Israel

Amnesty warf zudem Israel vor, mit dem Vorgehen im Gazastreifen einen Genozid zu begehen. "Im Gazastreifen wurde Völkermord verübt", heißt es im Jahresbericht. Israels Vorgehen in dem Palästinensergebiet "hatte katastrophale Folgen für die palästinensische Zivilbevölkerung". Im Westjordanland habe Israel im vergangenen Jahr "das System der Apartheid und rechtswidrigen Besetzung weiterhin gewaltsam" durchgesetzt. Die Menschenrechtsorganisation kritisierte dort "willkürliche Inhaftierungen, rechtswidrige Tötungen und staatlich unterstützte Angriffe israelischer Siedler auf palästinensische Zivilpersonen", die 2024 stark zugenommen hätten.

Amnesty wird für eine einseitige Bewertung des Gaza-Krieges kritisiert. Der auch im aktuellen Bericht aufgeführte "Völkermord"-Vorwurf wird von der amtierenden Bundesregierung nicht geteilt. Einen gesonderten Amnesty-Bericht dazu hatte die israelische Regierung als "vollständig falsch" bezeichnet. Auslöser des Gaza-Krieges war das Massaker der Hamas und anderer Extremisten aus dem Gazastreifen am 7. Oktober 2023 mit 1.200 Toten und etwa 250 Verschleppten.

UN-Experten hätten gefordert, Waffenlieferungen nach Israel auszusetzen, führte Amnesty weiter aus. Deutschland habe nicht zu den Ländern gehört, die dieser Forderung nachgekommen seien. Stattdessen habe die Bundesrepublik weiter Waffen nach Israel und in weitere Länder geliefert, "wo ein erhebliches Risiko bestand, dass die Waffen für schwere völkerrechtliche Verstöße eingesetzt werden bzw. solchen Verstößen Vorschub leisten könnten", darunter auch Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate. Amnesty forderte die Einstellung dieser "unverantwortlichen Rüstungsexporte".

Scharfe Kritik an Merz-Regierung

Amnesty bekräftigte deutlich die Kritik an Plänen der neuen Bundesregierung. Diese müsse sich "als Sprachrohr der Menschenrechte" verstehen. Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD "lässt aber das Gegenteil befürchten", sagte die Generalsekretärin der deutschen Sektion, Julia Duchrow. Sie führte als eines von mehreren Beispielen an, dass behauptet werde, Familien stünden im Mittelpunkt. "Gleichzeitig gehen sie im Asylrecht gegen Familiennachzug vor", sagte Duchrow.

Weitere Kritikpunkte der Organisation sind unter anderem die Pläne zur Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung sowie jene zur Abschaffung des Lieferkettengesetzes, das sicherstellen soll, dass bei Produkten, die im Ausland für den deutschen Markt hergestellt werden, bestimmte Arbeits- und Umweltstandards eingehalten werden. "Dieses Regierungsprogramm ist ein menschenrechtliches Armutszeugnis und ein Angriff auf die Rechtsstaatlichkeit", sagte Duchrow.

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