Der Industriekonzern thyssenkrupp steckt tief in den roten Zahlen fest. Der Konzern musste im abgelaufenen Geschäftsjahr rund eine Milliarde auf das schwächelnde Stahlgeschäft abschreiben.
Der Industriekonzern thyssenkrupp hat im vergangenen Geschäftsjahr erneut einen Milliardenverlust verzeichnet. Unter dem Strich stand 2023/24 (per Ende September) nach Anteilen Dritter ein Fehlbetrag von 1,5 Milliarden Euro nach einem Verlust von 2,1 Milliarden Euro im Vorjahr.
Hohe Abschreibung auf das Stahlgeschäft
Hintergrund sind massive Wertberichtigungen im Schlussquartal: So schrieb thyssenkrupp rund eine Milliarde Euro auf das schwächelnde Stahlgeschäft ab. Weitere Wertberichtigungen gab es im Stahlhandel sowie im Automotive-Geschäft. Dazu belasteten Kosten für die laufende Restrukturierung.
Das Unternehmen selbst verwies zur Begründung für den erneuten Milliardenverlust auf das "anhaltend sehr herausfordernde Marktumfeld". Angesichts dessen sprach Konzernchef Miguel López noch von einem "respektablen Ergebnis".
Thyssenkrupp erreicht gesenkte Prognose
Vor allem aus wichtigen Kundenindustrien wie der Automobilindustrie, dem Maschinen- und Anlagenbau und der Bauwirtschaft verzeichnete thyssenkrupp eine deutlich schwächere Nachfrage. Der Auftragseingang nahm entsprechend um elf Prozent auf 32,8 Milliarden Euro ab. Der Umsatz fiel um sieben Prozent auf 35 Milliarden Euro.
Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) fiel um knapp ein Fünftel auf 567 Millionen Euro. Damit erreichte das Unternehmen seine zuletzt gesenkte Prognose.
Aktie seit Jahren auf Talfahrt
An der Börse sorgen die thyssenkrupp-Zahlen daher kurzfristig für etwas Erleichterung, zumal die Finanzkennzahlen des Schlussquartals etwas über den Erwartungen lagen. Zudem will thyssenkrupp - trotz der roten Zahlen - eine stabile Dividende von 15 Cent je Aktie zahlen.
Für all diejenigen Aktionäre, die dem Unternehmen schon länger die Treue halten, ist das aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein: Die thyssenkrupp-Aktie hat in den vergangenen Monaten und Jahren eine beachtliche Talfahrt erlebt. Im September war die Aktie bis auf ein Rekordtief von 2,77 Euro gefallen. In der Fünf-Jahres-Perspektive hat der Titel über 70 Prozent seines Werts vernichtet.
Konzern will zurück in die schwarzen Zahlen
Doch thyssenkrupp verspricht Besserung: Im neuen Geschäftsjahr will das Unternehmen wieder in die schwarzen Zahlen zurückkehren. Das Konzernergebnis soll 100 bis 500 Millionen Euro erreichen, wie thyssenkrupp weiter mitteilte. Dabei geht das Unternehmen von einer Stabilisierung seiner Geschäfte im Stahl, Handel sowie Automotive in der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres aus.
Auch die Profitabilität soll deutlich steigen: Der Konzern strebt eine bereinigte Ebit-Marge von vier bis sechs Prozent an. Zum Vergleich: Im vergangenen Geschäftsjahr betrug sie gerade einmal 1,6 Prozent.
Was passiert jetzt mit dem Marinegeschäft?
"Mit Blick auf unsere strategischen Leitthemen wird das laufende Geschäftsjahr ein Jahr der Entscheidungen - insbesondere für Steel Europe und Marine Systems", so Lopez. Der thyssenkrupp-Chef will beide Bereiche in die Selbstständigkeit führen. Bei der U-Boot- und Fregatten-Tochter Marine Systems waren Gespräche mit dem US-Investor Carlyle über einen Verkauf kürzlich gescheitert.
Favorisiert wird nun ein Spin-off, der Bereich bleibt aber den Angaben zufolge auch für industrielle Partnerschaften weiter offen. Bei einem Spin-off handelt es sich um keinen normalen Börsengang; vielmehr bekommen die Aktionäre des abgebenden Konzerns - in diesem Fall thyssenkrupp - die Aktien der abgespaltenen Unternehmenseinheit einfach in ihre Depots eingebucht.
Stahlgeschäft: Wie groß steigt Milliardär Kretinsky ein?
Unterdessen arbeitet das schwächelnde Stahlgeschäft weiter an einem neuen Geschäftsplan. Um die Neuaufstellung war zuletzt ein heftiger Streit entbrannt - Teile des Vorstands und des Aufsichtsrats der Sparte warfen hin. Der neue Chef, Dennis Grimm, hatte in einem Gespräch zuletzt härtere Einschnitte angekündigt als bisher geplant.
Thyssenkrupp hat bereits 20 Prozent des Stahlgeschäfts an EPCG verkauft, eine Gesellschaft des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky. Angestrebt ist die Bildung eines gleichberechtigten Gemeinschaftsunternehmens, dazu soll Kretinsky seine Beteiligung auf 50 Prozent erhöhen. Zuvor sollen aber Gutachten klären, wieviel das Stahlgeschäft wert ist.