Das deutsche Rentensystem befindet sich in einer Schieflage, immer mehr Rentner treffen auf immer weniger Erwerbstätige. Dennoch verspricht BSW-Gründerin Wagenknecht allen Rentnern pauschal mehr Geld. Die Lösung für das Finanzierungsproblem sieht sie in Österreich.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) geht mit einer "rentenpolitischen Sofortforderung" in den Bundestagswahlkampf. "Wir brauchen eine zusätzliche Rentenerhöhung um 120 Euro im Monat für alle als sofortigen Inflationsausgleich", sagte Parteigründerin Sahra Wagenknecht dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Das ist das Mindeste nach den vergangenen drei Jahren, in denen Rentner erheblich an Kaufkraft verloren haben und real ärmer geworden sind. Die Verluste wollen wir mit einer pauschalen Erhöhung ausgleichen, die rententechnisch gesehen drei Entgeltpunkten entspricht."
Wie sie die pauschale Rentenerhöhung finanzieren will, sagte Wagenknecht nicht. Dauerhaft wünscht sie sich für Deutschland eine Rentenversicherung nach österreichischem Vorbild. "Da in Österreich alle Erwerbstätigen einzahlen, können unsere Nachbarn auch deutlich höhere Renten auszahlen", sagte sie. In Deutschland sind unter anderem Beamte von der Einzahlung in die Rentenversicherung ausgenommen.
Pauschales Weihnachtsgeld für Rentner
Die pauschale Rentenerhöhung hält Wagenknecht besonders für untere Einkommensgruppen für wirksam. "Von einer solchen Anhebung würden Rentner mit kleinen und mittleren Bezügen - das sind insbesondere Frauen - überproportional profitieren", sagte sie dem RND. Die jährlichen prozentualen Anpassungen hält sie dagegen für fehlgeleitet: "Von denen hat man mit schmaler Rente zu wenig."
Die deutschen Renten sind im vergangenen Juli um 4,57 Prozent gestiegen. Im kommenden Jahr wird eine Erhöhung um 3,5 Prozent erwartet. Wie stark die Rente im kommenden Jahr tatsächlich steigt, legt die neue Bundesregierung im Frühjahr fest. Mit der prognostizierten Anpassung würde eine Rente von 1000 Euro kommendes Jahr um 35 Euro steigen.
Zusätzlich zur pauschalen Erhöhung hatte Wagenknecht den rund 21 Millionen Rentnerinnen und Rentnern in Deutschland am Freitag bereits ein Weihnachtsgeld von 500 Euro versprochen. Dies wäre auch "ein kleiner Beitrag im Kampf gegen Altersarmut", sagte die BSW-Gründerin. "Ein Weihnachtsgeld in Höhe von rund 500 Euro für alle Rentnerinnen und Rentner - Kosten: rund zehn Milliarden Euro - wäre außerdem eine echte Konjunkturspritze."
Schwere Verwerfungen
Rund ein Drittel der Wahlberechtigten in Deutschland befindet sich bereits im Rentenalter, das Thema wird deshalb im aufziehenden Bundestagswahlkampf eine wichtige Rolle einnehmen. Bis 2036 werden Berechnungen zufolge weitere 19,5 Millionen Arbeitnehmer in Rente gehen. Weil gleichzeitig deutlich weniger junge erwerbsfähige Menschen hinzukommen, drohen schwere Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt und somit auch im Rentensystem.
Demnach kamen 2022 auf 100 Menschen im erwerbsfähigen Alter knapp 30 Rentner. 2040 sollen den Berechnungen zufolge 41 Rentner auf 100 Erwerbstätige kommen.
Die Renten sind maßgeblich abhängig von den Beiträgen, die erwerbstätige Menschen in Deutschland in die Rentenkasse einzahlen. Derzeit beträgt der Beitragssatz 18,6 Prozent des Bruttolohns. Jüngsten Berechnungen zufolge steigt er voraussichtlich 2027 auf 18,9 Prozent, um weitere Auszahlungen und Rentenerhöhungen zu finanzieren.