Mit den Airpods 4 bietet Apple erstmals zwei Modelle seines beliebtesten Kopfhörers an. stern-Autor Malte Mansholt hat sie getestet. Und noch nie so gerne mit dem Kopf geschüttelt.
Es hat etwas Magisches: Als ich gerade im Büro sitze, kommt ein Anruf. Über die Airpods 4 in meinen Ohren kündigt mir Siri an, dass meine Frau mich erreichen will. Das passt zwischen den konzentriert arbeitenden Kollegen natürlich gar nicht. Statt mein Handy suchen zu müssen, schüttele ich einfach meinen Kopf. Und meine Frau landet auf der Mailbox.
Die neuen Kopfgesten sind nur eines der Features, mit denen Apple seine neue Airpods 4 aufgewertet hat – und einen ordentlichen Schritt in Richtung der Airpods Pro machen lässt. Im Test überzeugen beide Modelle voll. Aber manche Käufer sollten trotzdem lieber zu den Pros greifen.
Airpods 4: erstmals zwei Modelle
Moment, beide Modelle? Richtig gelesen: Die Airpods 4 gibt es in gleich zwei Ausführungen. Einmal das Basismodell, also den Nachfolger der Airpods 3. Dem hat Apple allerdings noch eine zweite Variante zur Seite gestellt, die erstmals aktives Noise Cancelling in die Basis-Airpods bringt. Und dann hat der Technologieriese auch noch einen kabellosen Ladecase sowie Unterstützung für den hauseigenen Wiederfinde-Dienst "Wo ist" draufgelegt.
Abseits dieser beiden Features unterscheiden sich die beiden Modelle allerdings nicht – auch nicht, wenn man sie direkt nebeneinander legt. Beide haben exakt das gleiche Design, sind optisch nicht auseinanderzuhalten. Und auch bei den Features, dem Sound, der Bedienung und der Akkulaufzeit unterscheiden sie sich nicht.
Geräuschunterdrückung (fast) auf Pro-Niveau
Naja, Letzteres stimmt nicht ganz: Schaltet man die Geräuschunterdrückung ein, geht das tatsächlich auf die Laufzeit. Und trotzdem lohnt es sich: Obwohl die Airpods 4 auch beim Modell mit Noise Canceling auf Ohrstöpsel verzichten, unterdrücken sie Geräusche erstaunlich gut. Ob Flugzeug- oder U-Bahn-Lärm, Straßengeräusche oder Gespräche: Alles kommt erheblich gedämpft im Ohr an oder ist gar ganz verschwunden. Die Vorteile liegen auf der Hand: Im Büro kann man konzentrierter arbeiten, der nervige Zuglärm ist verschwunden. Und man kann Musik in angenehmerer Lautstärke genießen.
Leider bleibt einer der Nachteile auch ohne die Ohrstöpsel erhalten: Wer empfindlich auf das leichte Druckgefühl des Gegenschalls reagiert, wird das auch beim offenen Design des Airpods 4 tun. Schaltet man das Noise Cancelling aus, fühlen sie sich allerdings exakt genauso an wie die anderen Modelle.
Auch den Transparenzmodus der Airpods Pro beherrschen die Airpods 4 mit Noise Cancelling, sie geben also die Außengeräusche nach innen weiter, als würde man keine Kopfhörer tragen. Dabei sind sie sogar etwas angenehmer als das Premium-Modell: Weil das Gehäuse nicht so tief im Ohr sitzt, vergesse ich im Test tatsächlich mehrfach, dass ich sie überhaupt trage – und wäre deshalb einmal fast mit ihnen in die Dusche gestiegen, bevor sie mir dann doch einfielen.
Alter Look, besserer Sitz
An diesem angenehmen Sitz hat Apple lange gefeilt: Das Gehäuse der Ohrhörer sieht im Vergleich zum Vorgänger zwar nahezu genauso aus, wurde aber minimal angepasst, um in noch mehr Ohrenformen angenehm und trotzdem sicher zu sitzen. Der Konzern hat dafür Millionen von Ohren ausgewertet. Persönlich hatte ich zwar kein Problem mit dem Sitz der Airpods 3, im direkten Vergleich mit der neuen Form fühlen sich die Vorgänger im Ohr aber tatsächlich dicker an. Der neue Sitz ist angenehmer.
Auch den Case hat Apple neu gestaltet. Die technisch größte Neuerung ist USB-C, auch die Airpods werden nun also nicht mehr über Apples Lightning-Anschluss geladen. Nachdem der Case der Airpods 3 sich am breiten Design der Airpods Pro orientierte, geht Apple bei den Nachfolgern wieder zum Kastendesign der ersten Airpods zurück. Der einzige Unterschied zwischen den beiden Varianten der Airpods 4 ist ein Lautsprecher bei den Modellen mit Noise Cancelling. Darüber kann man in "Wo ist" den Case ein Geräusch abspielen lassen. Bei beiden Varianten ist die Box allerdings kleiner und schlanker geworden, Apple spricht vom kleinsten Case, den man je gebaut hat.
Das ist vor allem deshalb beeindruckend, weil die Akkuleistung des Gehäuses nicht gesunken ist: 30 Stunden Extraladung bekommt man durch den vollen Case. Die Laufzeit der Kopfhörer selbst ist mit fünf Stunden allerdings etwas geringer als beim Vorgänger. Beides gilt nur, wenn man Noise Canceling oder Transparenz nicht nutzt: Weil beide Rechenleistung erfordern, sinkt die Laufzeit um etwa 20 Prozent.
Satter Sound
Das Wichtigste ist aber natürlich der Sound. Und der kann sich hören lassen. Mit überraschend tiefem Bass, ausgewogenen Mitten und klaren Höhen klingen die neuen Airpods 4 deutlich satter und differenzierter, als man es von einem im Ohr steckenden Kopfhörer erwarten würde.
Dabei überzeugen sie sowohl bei verschiedenen Musik-Richtungen als auch bei Video-Inhalten. Hier dürften auch die meisten Nutzer von einem der neuen Features profitieren: Die neuen Airpods 4 unterstützen dank des H2-Chips 3D-Audio, können also räumlichen Klang erzeugen und lassen so Filme und Serien noch tiefer klingen. In Bezug auf Musik gibt es das zwar auch, es ist allerdings Abonnenten des Musikdienstes Apple Music vorbehalten.
Zum Kopfschütteln
Der H2 ermöglicht auch weitere Features, die bisher nur für die Airpods Pro 2 angekündigt wurden: Die eingangs bereits erwähnten Kopfgesten sowie Stimm-Isolation. Die Kopfgesten sind enorm intuitiv: Kündigt Siri eine Nachricht, einen Anruf oder eine sonstige Benachrichtigung an, muss man nicht mehr mit Ja oder Nein antworten – sondern kann stattdessen einfach nicken oder den Kopf schütteln. Dabei reichen bereits erstaunlich kleine Bewegungen aus. Ich musste mir im Test deshalb keine Sorge machen, durch irritierendes Kopfgeschüttel aufzufallen.
Die Stimm-Isolation bot bisher eher ein gemischtes Ergebnis. Laut Apple sollen die Airpods die Stimme erkennen und aus den Hintergrundgeräuschen herauslösen können. So soll bei Telefonaten beim Gegenüber nur meine Stimme, aber nicht der Straßenlärm ankommen. In der Praxis berichteten allerdings Gesprächspartner durchaus, dass sie den Lärm noch hören konnten. Immerhin: Da die Funktion auf KI basiert, soll sie im Laufe der Zeit immer besser funktionieren, wenn sie die Stimme besser kennengelernt hat.
Der Preis als Hürde
Dass für manche Kunden trotzdem die Airpods Pro 2 die bessere Wahl sind, hat einen einfachen Grund: Der Preisunterschied ist aktuell erstaunlich gering. Der Sprung von den 150 Euro für die Basisvariante auf 200 Euro für die mit Noise Cancelling ist durchaus angemessen – schließlich bieten sie mit Geräuschunterdrückung, "Wo ist"-Unterstützung und kabellosem Laden des Cases durchaus echten Mehrwert. Der Abstand zu den Airpods Pro 2 ist indes eigentlich zu klein: Sie sind bereits ab 230 Euro zu bekommen. Und bieten dafür nicht nur besseren Sound und überlegene Geräuschunterdrückung, sondern sind seit dieser Woche auch noch offiziell als Hörgerät benutzbar. Die 30 Euro Aufpreis dürften sich also für sehr viele Kunden lohnen.
Fazit: Ein guter Schritt in Richtung Pro
Mit den neuen Airpods 4 hat Apple gleich zwei starke neue Kopfhörer im Angebot. Der satte Sound, der verbesserte Sitz und neue Funktionen wie die Gestensteuerung können sich bei beiden Modellen sehen lassen, bei der teureren Variante kommt noch die überraschend gute Geräuschunterdrückung hinzu. Ein starkes Paket.
Das größte Manko ist noch der Preis. Der ist zwar an sich durchaus angemessen, die Modelle mit Noise Canceling sind aber zu nah an den immer noch besseren Airpods Pro. Bis sie günstiger werden, dürfte deshalb das Pro-Modell für viele die bessere Wahl sein, wenn die Ohrstöpsel nicht stören. Beim Basismodell kann man aber sofort zuschlagen.
Die Airpods 4 lassen sich bereits vorbestellen und sind ab 20. September im Handel.