Der Streit um die Sanierung bei VW geht weiter. Ob sie gelingt, liegt am Wohlwollen der Konzernmächtigen im Aufsichtsrat. Das sind die wichtigsten Mitglieder.
Der VW-Vorstand droht, drei deutsche Werke zu schließen, massiv Stellen abzubauen und Löhne drastisch zu kürzen. Nur eine überzogene Drohgebärde? Oder bitterer Ernst? Die Tarifverhandlungen werden mehr Klarheit bringen. Am Ende entscheidet sich aber im Konzernaufsichtsrat (AR), wie hart die Einschnitte bei Europas größtem Autobauer ausfallen.
20 Personen sind in dem Gremium, Vertreter der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite sowie des Landes Niedersachsen. Die Aktionäre stellen zehn Vertreter, die Beschäftigten fünf, die Gewerkschaften drei, das Land zwei. Sie alle sind schon wegen dieses Postens gut versorgt: Laut Vergütungsbericht 2022 erhalten sie je Geschäftsjahr ein festes Entgelt von 100.000 Euro. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats erhält sogar 300.000 Euro, sein Stellvertreter 200.000 Euro. Auf diese Köpfe kommt es besonders an:
Arbeitnehmer:
Daniela Cavallo, 49, Betriebswirtin
Die Vorsitzende des Gesamt- und Konzernbetriebsrats der Volkswagen AG ist gerade wegen der Streichungspläne dauerpräsent in den Medien. Die Italienerin, ein Gastarbeiterkind mit deutschem Pass, trat 2021 überraschend in die Fußstapfen ihres übermächtigen Vorgängers Bernd Osterloh. Traditionell wird das Schicksal des Konzerns vom Betriebsrat entschieden, deshalb ist Cavallo vielleicht sogar die mächtigste Person im VW-Management. Sie gilt als durchsetzungsstark und lösungsorientiert, aber stets kontrolliert; Fluchen gehört nicht zu ihrem Repertoire. Sie hat bei der Marke VW schon Sparprogramme über 10 Milliarden Euro mitgetragen. Sie will aber alle Werke behalten.
Jörg Hofmann, 69, Ökonom
Bis 2023 war er bissiger Chef der IG Metall, jetzt ist er auch bei VW ein Auslaufmodell. Nicht aber seine Gewerkschaft. Die setzt die Verhandlungsmarken im Tarifstreit. Hofmans Nachfolgerin Christiane Benner, die 2025 in den Aufsichtsrat des kriselnden Konzerns aufrücken soll, fordert sieben Prozent mehr Lohn für die VW-Beschäftigten. Das ist so ziemlich genau das Gegenteil, was der Vorstand will, nämlich minus zehn Prozent. Lange plädierte Hofmann dafür, alles auf die Elektromobilität zu setzen, bis er zuletzt FDP-like "Technologieoffenheit" forderte. Neben dem Realo reisen IG-Metall-Frau Conny Schönhardt und Seat-Gesamtbetriebsrat Matias Carnero auf dem Gewerkschaftsticket.
Harald Buck, 62, Kraftfahrzeug-Mechaniker
Der einflussreiche Vorsitzende des Gesamt- und Konzernbetriebsrats von Porsche ist in echtes Porsche-Gewächs, kraftstrotzend wie ein 911er, schon weil die Zuffenhausener jahrelang mit seinen Gewinnen die Renditelücken bei VW füllte. Er klagte 2023 gegen VW, weil das Unternehmen seine Betriebsratsbezüge auf rund 6000 Euro kappte. Das brachte ihm wenig Beifall, dafür eine Menge Spott und Missmut in der Belegschaft ein.
Arbeitgeber:
Hans Dieter Pötsch, 73, Wirtschaftsingenieur
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Streiterprobter Vorsitzender des VW-Aufsichtsrats. Der Österreicher ist der Mann der Zahlen, war zur Zeit des Dieselskandals Finanzvorstand bei VW, nun Vorstandschef der Familienholding Porsche SE, die 31,9 Prozent des VW-Kapitals und 53,3 Prozent der AR-Stimmen hält. Er zählt laut Manager Magazin zu den Top-Verdienern unter den deutschen Aufsichtsräten. Pötsch gilt als treuer Mann an der Seite von Wolfgang Porsche.
Hans Michel Piëch, 82, Rechtsanwalt & Wolfgang Porsche, 81, Ökonom
Die Cousins sind die mächtigsten VW-Eigner und führen die Autofamilien Piëch und Porsche seit einem Vierteljahrhundert. Sie kämpfen selten mit offenem Visier oder auf öffentlichen Schlachtfeldern. Traditionell bestimmen sie papstartig, wer den Konzern lenken darf und wie hoch die Renditen ausfallen müssen. Nach dem Corporate Governance Kodex sind sie eigentlich zu alt für den AR – aber sie bilden nun mal das Machtzentrum, dann klappt auch das. Im Aufsichtsrat sitzt zudem ihr Neffe Oliver Porsche, 63, ebenfalls Jurist.
Hessa Sultan Al Jaber und Mansoor Bin Ebrahim Al-Mahmoud
Die ehemalige Ministerin für Informations- und Kommunikationstechnologie in Katar und der regierungsnahe Ökonom haben bei VW ein Wörtchen mitzureden. Katar besitzt zehn Prozent des VW-Kapitals und 17 Prozent der Stimmen im Aufsichtsrat, stand bislang fest zum Konzernvorstand und seinen Plänen. Das Interesse am deutschen Arbeitsmarkt gilt bei ihnen als gering. Bedenklich: Der Großaktionär zählt zu den Unterstützern der Hamas, die mit ihrem blutigen Terror den jüngsten Nahost-Konflikt ausgelöst hat.
Das Land Niedersachen
Stephan Weil, 65, Ministerpräsident
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Sechs VW-Standorte liegen in dem Bundesland, allen voran das Stammwerk in Wolfsburg, wo mehr als 60.000 Beschäftigte ihren Lohn erwirtschaften. Niedersachsen hält 20 Prozent der Stimmrechte an VW. Sozialdemokrat Weil, der sich der strukturellen Probleme des Autokonzerns durchaus bewusst ist, stimmte schon vor einem Monat das Land auf Arbeitsplatzverluste ein. Er wolle zwar um jeden Arbeitsplatz kämpfen, doch: "Erfahrungsgemäß stehen aber am Ende von Maßnahmen für mehr Produktivität und Effizienz oft leider auch weniger Arbeitsplätze." Sogar Werksschließungen schloss er nicht aus.
Julia Willie Hamburg, 38, Kultusministerin
Die Grüne, stellvertretende Ministerpräsidentin, ist die Jüngste im Aufsichtsrat. Die Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) wollte sie anfangs auf dem Klageweg verhindern, bezeichnete sie als "offensichtliche Fehlbesetzung" ohne Kompetenz. Nun macht Niedersachsens Oppositionsführer Sebastian Lechner, 43, offen gegen sie und SPD-Mann Weil Druck. Der Christdemokrat drängt sie laut, Werksschließungen in Niedersachsen zu verhindern.