Die Arbeitgeber forderten einen Stopp des Vorhabens, die Gewerkschaften machten Druck dafür. Jetzt legt die Ampel ein Gesetz für mehr Tarifverträge auf den Tisch. Und es steht noch mehr drin.
Der Bund soll bei Vergaben von Aufträgen künftig die Einhaltung tariflicher Standards zur Bedingung machen müssen. Der Entwurf eines entsprechenden Tariftreuegesetzes ist nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur vom Bundesarbeitsministerium an die Bundesländer und maßgebliche Verbände geschickt worden. Zuletzt hatte das FDP-geführte Bundesfinanzministerium den Beginn der sogenannten Verbände-Anhörung blockiert. Ein Sprecher von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte Mitte September noch einräumen müssen, die Gespräche innerhalb der Regierung dauerten an und blieben abzuwarten.
Die Vorgeschichte
SPD, FDP und Grüne hatten 2021 in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart: "Zur Stärkung der Tarifbindung wird die öffentliche Auftragsvergabe des Bundes an die Einhaltung eines repräsentativen Tarifvertrages der jeweiligen Branche gebunden, wobei die Vergabe auf einer einfachen, unbürokratischen Erklärung beruht." Aus Kreisen des Finanzministeriums von Ressortchef Christian Lindner (FDP) hatte es im September geheißen, angesichts der herausfordernden wirtschaftlichen Lage sei für das Ministerium entscheidend, dass Dynamik erleichtert und nicht bürokratische Hürden erhöht würden. Ein von Heils Ministerium vorgelegter Gesetzentwurf werde diesen Zielen nicht gerecht. Erst ein in der Regierung abgestimmter Entwurf werde den Ländern und Verbänden zur Anhörung vorgelegt.
Arbeitgeber versus Ampel
Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter, hatte damals einen Stopp der "Pläne für einen Tarifzwang bei öffentlichen Aufträgen" gefordert. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hingegen hatte zum 75. Gründungstag des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) vor knapp zehn Tagen versprochen: "Diese Verbesserung kommt."
In dem der dpa vorliegenden Gesetzentwurf heißt es nun: "Unternehmen sollen ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern künftig, wenn sie öffentliche Aufträge und Konzessionen des Bundes ausführen, tarifvertragliche Arbeitsbedingungen gewähren müssen." So werde der Verdrängungswettbewerb über die Lohn- und Personalkosten eingeschränkt.
Weitere Punkte des Gesetzentwurfs
Zudem sollen Online-Betriebsratswahlen erprobt werden. Betriebsratswahlen sollen so ans Zeitalter der Digitalisierung angepasst werden: "Im Rahmen der Erprobung von Online-Betriebratswahlen soll bei den zwischen dem 1. März und 31. Mai 2026 stattfindenden regelmäßigen Betriebsratswahlen in Betrieben, in denen bereits ein Betriebsrat besteht, die Möglichkeit geschaffen werden, die Stimme alternativ auch elektronisch abgeben zu können (Onlinewahl)."
Neues Offizialdelikt
Auch mehr Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei der Gründung eines Betriebsrats soll es geben. Die Betriebsratstätigkeit an sich soll ebenfalls besser geschützt werden. Dafür sollen Straftaten gegen Betriebsverfassungsorgane und ihre Mitglieder künftig nicht mehr nur auf Antrag (Antragsdelikt) verfolgt werden - sondern als Offizialdelikt von Amts wegen.