4 months ago

SPD hinter der AfD, Linke raus?: Alle Daten zur Brandenburg-Wahl



Richtungsentscheidung Nummer 3 im Osten Deutschlands: Bei der Landtagswahl in Brandenburg am 22. September können rund 2,1 Millionen Wahlberechtigte die politischen Machtverhältnisse in der Landeshauptstadt Potsdam neu bestimmen. Setzt sich der Aufstieg von BSW und AfD fort?

Erst Sachsen und Thüringen, nun Brandenburg: Bei der dritten Landtagswahl im Herbst 2024 geht es nicht nur um die Neubesetzung der Volksvertretung in Potsdam und um die künftigen Mehrheiten im zweitbevölkerungsreichsten Bundesland im Osten, sondern auch um einen weiteren politischen Stimmungstest in Deutschland gut ein Jahr vor der anstehenden Bundestagswahl.

Die bisher vorliegenden Umfragewerte deuten für Brandenburg auf kräftige Gewinne für das erst vergangenen Herbst gegründete Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hin. Die Alternative für Deutschland (AfD) könnte wie zuvor bereits in Thüringen auch in Brandenburg zur stärksten Kraft im Land aufsteigen.

Hinweis: Die Infografiken zur Landtagswahl beruhen bis zum Wahlabend auf den jeweils aktuellsten Umfragedaten und werden laufend aktualisiert.

Die SPD, die mit Dietmar Woidke in Brandenburg den amtierenden Ministerpräsidenten stellt, wird in den jüngsten Umfragen bei bis zu 23 Prozent der Stimmen hinter der AfD gesehen. Die CDU kann demnach mit 16 bis 18 Prozent der Stimmen rechnen.

Grüne und Linke könnten nach Einschätzung der Meinungsforscher in Brandenburg weiter an Rückhalt verlieren. Die Grünen kamen in den Umfragen während des Sommers auf nur noch rund 5 Prozent. Die Linke dürfte nach der BSW-Abspaltung - wie zuvor bereits in Sachsen und Thüringen - am stärksten verlieren und womöglich unter die Fünf-Prozent-Hürde fallen. Die FDP spielt in Brandenburg keine gewichtige Rolle.

Die bisher vorliegenden Umfragewerte zeigen bestenfalls Momentaufnahmen: Bis zum Wahltag kann sich im Stimmungsbild und in der Bevölkerung noch viel ändern. Brandenburgs Ministerpräsident Woidke und Bundeskanzler Olaf Scholz zeigten sich im Wahlkampf davon überzeugt, dass die Sozialdemokraten die Landtagswahl am 22. September gewinnen könnten.

Woidke erinnerte daran, dass es auch 2019 in Umfragen einen Vorsprung der AfD gab, die SPD aber dennoch am Ende stärkste Kraft wurde. SPD-Spitzenpolitiker Scholz unterstützt seinen Parteifreund im Landtagswahlkampf aus der Ferne. Auf gemeinsame Auftritte mit dem Kanzler verzichtet der Landespolitiker. Aus Berlin kommt dennoch großer Rückhalt: "Ich bin sicher, die Brandenburgerinnen und Brandenburger werden ihm ein neues Mandat geben und die SPD zur stärksten Partei wählen", sagte Scholz mit Blick auf Woidke und die Landtagswahlen. Scholz' Bundestagswahlkreis liegt ebenfalls in Brandenburg.

Wie die neuen Mehrheitsverhältnisse im Potsdamer Landtag aussehen werden, entscheidet sich jedoch erst am Wahltag. Großen Einfluss dürfte auch bei diesem Votum die Wahlbeteiligung haben. Bei der zurückliegenden Landtagswahl vor fünf Jahren hatten immerhin 61,3 Prozent der Wahlberechtigten mit abgestimmt.

Das waren deutlich mehr als beim bisherigen Tiefpunkt von 47,9 Prozent im Jahr 2014 und insgesamt die dritthöchste Beteiligungsquote bei allen bisherigen Landtagswahlen in Brandenburg seit 1990. Die Bereitschaft zur Stimmabgabe am 22. September könnte den Wahlausgang massiv beeinflussen: Eine Wahlbeteiligung von 61,3 Prozent bedeutet im Umkehrschluss, dass die Gruppe der Nichtwähler - wären sie eine eigene Partei - mit 38,7 Prozent aus dem Stand stärkste Fraktion im Landtag geworden wäre.

Die Wirklichkeit sieht anders aus: Im Potsdamer Landtag führt Woidke - erst der dritte Ministerpräsident in Brandenburg seit der Wiedervereinigung - seit 2019 eine rot-schwarz-grüne Regierungskoalition mit CDU und Grünen. Laut den aktuellsten Umfragewerten würde es diesmal auch für eine Fortsetzung der Koalition reichen.

Ein neues Zweierbündnis dürfte es dagegen schwer haben: Die SPD käme laut Umfragen weder mit Rot-Schwarz noch mit Rot-Grün auf eine ausreichende Mehrheit. Selbst eine denkbare Koalition mit dem neuen BSW verspricht in Brandenburg keine tragfähige Grundlage. Für eine erfolgversprechende Regierungsbildung müsste die SPD also mindestens eine Dreierkoalition eingehen.

Die AfD hat den Umfragen zufolge zwar gute Chancen, zur stärksten Fraktion im Landtag aufzusteigen, steht jedoch absehbar ohne mögliche Partner da: Die auch in Brandenburg als gesichert rechtsextremistisch eingestufte Partei könnte zwar womöglich die relativ größte Zahl an Abgeordneten stellen, bliebe aber selbst dann noch von allen Hoffnung auf Regierungsmacht weit entfernt.

Für den Fall eines Wahlsiegs der AfD hat Woidke zudem bereits im Vorfeld seinen Rücktritt angekündigt - und diese Ankündigung wiederholt bekräftigt. "Wenn die AfD auf Platz Eins landet, kann ich als Ministerpräsident nicht weitermachen", sagte Woidke zum Beispiel im "Tagesspiegel"-Interview. "Natürlich ziehe ich dann die Konsequenzen." Sein klares Wahlziel sei, die AfD bei der Wahl am 22. September zu schlagen.

Wie es ohne Woidke weitergehen könnte, ist noch offen. Koalitionsverhandlungen mit dem BSW schließt Woidke ebenfalls aus - sofern BSW-Parteichefin Sahra Wagenknecht direkt beteiligt wäre. "Das BSW ist eine Black Box", sagte Woidke. "Da muss man abwarten, ob es überhaupt zu Gesprächen bereit ist, ob eine Zusammenarbeit möglich wäre oder nicht."

Vieles hängt in Brandenburg damit auch davon ab, wie Grüne, Linke und Freie Wähler an der Wahlurne abschneiden. Für ihn sei "unvorstellbar", so Woidke, dass es "in Brandenburg so läuft, wie es jetzt in Sachsen und in Thüringen diskutiert wird, dass Frau Wagenknecht als Ich-AG vom Saarland aus die Geschicke im Lande mit lenken will."

Maßgeblich für die Stärke der Fraktionen im Landtag sind die Anteile an den gültigen Zweitstimmen. "Die personelle Zusammensetzung wird zunächst durch die gewonnenen Direktmandate und dann durch die Reihenfolge der jeweiligen Landeslisten bestimmt", heißt es dazu beim Landeswahlleiter. Auf Grund von Ausgleichs- und Überhangmandate kann sich die Anzahl der Abgeordneten theoretisch auf maximal 110 Abgeordnete erhöhen.

Der Potsdamer Landtag umfasst regulär 88 Sitze. Die Hälfte der Mandate wird laut Brandenburgischem Landeswahlgesetz per Direktmandat (Erststimme) durch personalisierte Mehrheitswahl in den 44 Wahlkreisen vergeben. Die übrigen 44 Mandate füllen sich aus den Landeslisten der Parteien anhand der Ergebnisse aus der Verhältniswahl (Zweitstimme).

Auf dem Wahlzettel tauchen neben den Namen der Wahlkreiskandidaten insgesamt 14 Landeslisten der zur Wahl zugelassenen Parteien, politischen Vereinigungen und Listenvereinigungen auf. Bei der Landtagswahl kann jede Wählerin und jeder Wähler insgesamt zwei Kreuze machen. Die Kombination aus Mehrheits- und Verhältniswahlrecht ist bekannt: Es werden durch das Ankreuzen zwei Stimmen vergeben, eine Erststimme für die Wahl eines Kandidaten im Wahlkreis (Direktmandat) und eine Zweitstimme zur Wahl einer Liste einer Partei oder politischen Vereinigung (Listenmandat).

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Wahlberechtigt sind alle Einwohner des Landes mit deutscher Staatsangehörigkeit und mit ständigem Wohnsitz in Brandenburg ab 16 Jahren. Die Zahl der Erstwähler liegt bei der Landtagswahl bei rund 100.000.

Im scheidenden Landtag saß die SPD als stärkste Fraktion mit 25 Abgeordneten, die AfD mit 23 und die CDU mit 15. Bündnis90/Die Grünen und die Linke waren mit jeweils 10 Abgeordneten vertreten. Die brandenburgische Gruppe "BVB / Freie Wähler" stellte 5 Mandatsträger. Insgesamt setzte sich der Landtag damit bisher aus sechs Fraktionen zusammen.

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