Die Serie "Selling Sunset" gewährt exklusive Einblicke in die Welt der Luxusimmobilien in den USA - und wird millionenfach angesehen. Doch wie funktioniert das Geschäft in Deutschland?
Es wird eines der teuersten Apartments in Deutschland: fast 476 Quadratmeter Wohnfläche, Rundumblick auf die Wiesbadener City. Die Decken des Penthouses sind über fünf Meter hoch. Kostenpunkt: knapp zwölf Millionen Euro. Zum Vergleich: Die teuerste Wohnung im vergangenen Jahr kostete 15 Millionen Euro, Platz zwei folgte mit unter elf Millionen Euro.
"Villen bis etwa fünf, sechs Millionen"
Mira van der Zalm ist die Frau, die derzeit einen Käufer oder eine Käuferin für diese Wohnung sucht. Sie hat sich auf die Vermittlung von Wohnungen und Häusern in Wiesbaden im oberen Preissegment spezialisiert. Das heißt: "Villen bis etwa fünf, sechs Millionen und Penthäuser im Bereich um die zwei, drei Millionen", sagt sie über ihr Business. In der dreiteiligen ARD-Doku-Serie "Auftrag Luxus" gewährt sie Einblicke in ihr Geschäft.
Das interessiert spätestens seit der amerikanischen Erfolgsserie "Selling Sunset" Millionen Zuschauer. In der US-Produktion nehmen topgestylte Maklerinnen die Zuschauenden mit in die Welt der Superreichen und Schönen in Los Angeles. Für Otto Normalverbraucher öffnen sich die Türen der sonst verschlossenen Nobelvillen.
Faszination Luxuswohnen
Und die Zuschauer kommen aus dem Staunen kaum heraus: In den Villen findet sich 10.000 Dollar teure Herde, Basketballplätze im Keller und natürlich: zwei Küchen. Eine "Show-" und eine "Arbeitsküche". In der Arbeitsküche, so lernen die Zuschauer, wird wirklich gekocht, während die Showküche eher als Deko dient. Hier wird maximal ein Toast zubereitet. Es ist offenbar gerade dieser Blick hinter die Kulissen, der Millionen Zuschauende fasziniert.
In Wiesbaden geht es etwas weniger schillernd zu. Protzige Nobelkarossen und auffällig zur Schau gestellter Reichtum wie in LA sind in der beschaulichen Kurstadt nicht auf der Tagesordnung. Aber der erste Blick täuscht: Vermögende wissen durchaus die gehobene Atmosphäre der hessischen Landeshauptstadt seit Jahrzehnten sehr zu schätzen. 137 Einkommensmillionäre leben hier. Im Bundesland Hessen ist Wiesbaden damit Nummer zwei nach Frankfurt am Main. Es ist ein eher versteckter, aber gut betuchter Markt, den van der Zalm sich ausgesucht hat.
Wohnungen ab 150.000 Euro
Bei den Preisen liegen allerdings Welten zwischen LA und Wiesbaden. Die günstigste Wohnung, die van der Zalm im August öffentlich listete: 39 Quadratmeter für 150.000 Euro. Eine der teuersten ist eine Penthousewohnung im Herzen Wiesbadens für knapp zwölf Millionen Euro. Die dürfte es zwar unter die Top Ten der teuersten Wohnungen Deutschlands schaffen. Doch während das in Deutschland die Ausnahme ist, sind in LA solche Preise im Luxussegment an der Tagesordnung.
Auch bei van der Zalm gibt es einige Objekten mit einer Zweitküche für den Showeffekt. So kann man sich auch in der hessischen Landeshauptstadt ein wenig Hollywood-Glamour gönnen. Aber wer hat überhaupt so viel Geld für Wohnen übrig? "Anwälte, Ärzte, Prominente", sagt die Maklerin.
Kundenakquise bei der Oldtimerrallye
Wie sie die kennenlernt? Etwa bei einer Oldtimerrallye, bei der sie seit einigen Jahren im Oldtimer ihres Vaters mitfährt - und nebenbei auch neue Kontakte fürs Geschäft knüpfen kann. Außerdem habe sie auch ein Büro in der Wiesbadener Innenstadt. "Für die Laufkundschaft", sagt sie. Auch das scheint es im Luxussegment durchaus zu geben.
Ein Vorteil für die betuchte Kundschaft, den sie auf der eigenen Webseite betont: Die Preise in Wiesbaden könnten künftig weiter steigen. Bauland für Neubau sei in der Stadt begrenzt, so preist ihr Unternehmen die angebotenen Immobilien als Geldanlage an.
Gute Zeiten für Makler - schlechte für Normalverdiener
Auch andere merken, dass Wohnungen längst nicht nur zum Wohnen da sind, sondern seit Jahren immer mehr als Renditeobjekte genutzt werden: Mieter und Käufer mit bescheidenerem Budget. Sie mussten die letzten Jahre immer tiefer in die Tasche greifen. So haben sich zum Beispiel die Hauspreise laut Statistischem Bundesamt in Deutschland zwischen 2010 und 2022 nahezu verdoppelt.
Zuletzt haben höhere Zinsen das erste Mal seit Langem zu so etwas wie einer Abkühlung auf dem Immobilienmarkt geführt. Die Preise sind nach einer Preisexplosion in den vergangenen Jahren zuletzt wieder etwas gesunken.
Luxussektor weniger vom Nachfragerückgang betroffen
Allerdings: Der Luxussektor scheint davon eher verschont geblieben zu sein. Auf tagesschau.de-Anfrage sagt der Immobilienverband Deutschland (IVD): "Die Nachfrage nach sogenannten Luxusimmobilien hat nicht in dem Maße unter dem Zinsanstieg gelitten, da in diesem Bereich häufig viel Eigenkapital eingesetzt wird und ein vergleichsweise geringerer Anteil am Kaufpreis überhaupt finanziert werden muss."
Maklerin van der Zalm beobachtet dennoch ein paar Trends: "Früher hatten wir auch viel russisches Klientel, was seit dem Ukraine-Krieg natürlich weggefallen ist. Und auch viele arabische Kunden." Das sei seit der Pandemie ebenfalls fast gänzlich weggeblieben.
Provisionen sind freiverhandelbar
Am Hungertuch nagen dürfte die Maklerin und ihr Team dennoch nicht. Was sie genau an Provision verdient, will sie nicht verraten. Provisionen sind in Deutschland frei verhandelbar. Auch der IVD will sich dazu auf Anfrage nicht äußern.
Was es gibt, sind Standardwerte: Nach Angaben der LBS lag die durchschnittliche Provision zuletzt bei 7,14 Prozent (inklusive Mehrwertsteuer) - meist aufgeteilt auf Käufer und Verkäufer. Sprich: Im Schnitt sind es 3,57 Prozent für beide Seiten. Wer diesen Durchschnittswert bei einer Eine-Million-Euro-Immobilie anlegt, der landet bei 357.000 Euro Provision für die Maklerseite. Berücksichtigt werden muss allerdings, dass es durchaus einige Wochen dauern kann, bis ein Käufer gefunden wird.
Was ist Luxus?
Erst- und Zweitküchen, Platz so viel man nur will: Besonders in Zeiten, in denen bereits normalpreisige Wohnungen Mangelware sind, ist das für die meisten Menschen unvorstellbarer Luxus.
Doch was bedeutet Luxus für van der Zalm? Die Hochpreismaklerin gibt sich bescheiden: "Luxus ist für mich nicht an materiellen Dingen festzumachen. Das ist vielleicht für manch andere so. Aber für mich bedeutet Luxus Zeit, Zeit mit meiner Familie zu verbringen und meinem Hobby nachgehen zu können."
Die dreiteilige Serie "Auftrag Luxus" finden Sie in der ARD-Mediathek.