Was macht erfolgreich? Eine Neurowissenschaftlerin nennt die am meisten unterschätzte Eigenschaft.
Wenn Sie an einen erfolgreichen Menschen denken, welche Eigenschaften kommen Ihnen dann in den Sinn? Ist es Fleiß? Ein besonderes Maß an Ehrgeiz oder gar Rücksichtslosigkeit? Forscher:innen haben 1.000 Studierende aus vier Ländern – darunter Deutschland – auf ihre Reaktionen und ihr emotionales Denken hin untersucht, wenn sie mit Herausforderungen konfrontiert wurden. Das Ergebnis: Hoffnung, das Gefühl, die Kontrolle zu haben und positive Wahrnehmungen führten zu einem größeren Wunsch nach Leistung.
Nun ist der Wunsch nach Leistung das eine. Doch was macht Erfolg im Berufs- wie Privatleben wirklich aus? Sind etwa selbstbewusste und gut organisierte Menschen, die als Problemlöser:innen gelten, an der Spitze? Nicht zwangsweise, erklärt die Harvard-Neurowissenschaftlerin Juliette Han im Interview mit "Make it". Es gibt einen anderen, für viele Menschen nicht so klaren, Wettbewerbsvorteil, den gewisse Menschen gegenüber ihrer Konkurrenz am Arbeitsmarkt haben: die Selbstwahrnehmung.
Der geheime Schlüssel zum Erfolg: die Selbstwahrnehmung
Laut dem Lexikon der Psychologie meint Selbstwahrnehmung unter anderem die "Kenntnis über die eigenen positiven wie negativen Eigenschaften und Verhaltensweisen". Wissenschaftlerin Han mahnt allerdings, dass dies nicht alles sei. Es bedeute nämlich auch, über die eigenen Stärken nachzudenken und sie mit den eigenen Zielen in Verbindung zu bringen. Eine Fähigkeit, die die Wissenschaftlerin als die "am meisten unterschätzte" bei Menschen beschreibt, die karrieretechnisch durchstarten.
Ein Blick auf die Forschung untermauert ihre These: Menschen, die über eine gesunde Selbstwahrnehmung verfügen, sind selbstbewusster und kreativer, treffen fundiertere Entscheidungen, bauen engere Beziehungen auf und kommunizieren effektiver. Wenig verwunderlich, schließlich kann eine Person, die sich gut kennt – die eigenen Fähigkeiten, Werte, Ziele und auch Grenzen – private wie berufliche Entscheidungen besser treffen als ein Mensch, der sich bei allem hinterfragt. So eine Person strahlt Authentizität aus – eine Eigenschaft, die nicht nur im professionellen Umfeld von Vorteil ist.
Wie Sie eine bessere Selbstwahrnehmung entwickeln
Vielleicht zählen Sie zu jenen Menschen, denen es (noch) an einer gesunden und stabilen Selbstwahrnehmung mangelt. Die Neurowissenschaftlerin hat genau für diese Menschen ein paar Tipps.
Reflektieren Sie Ihre eigenen Fähigkeiten und Interessen
Worin sind Sie gut und worin bestehen Ihre Interessen? Das sind zwei der wichtigsten Fragen im Arbeitsleben, egal ob Sie gerade einen neuen Job starten oder schon lange dabei sind. "Macht es Ihnen Spaß, ein Team zu leiten oder Daten zu analysieren? Die Antworten auf diese Fragen können Ihnen dabei helfen, Aufgaben zu identifizieren, die Sie gerne immer wieder erledigen möchten." Im nächsten Schritt entwickeln Sie dann einen Plan, um die eigenen Fähigkeiten zu verbessern und sich auf Projekte und Aufgaben zu konzentrieren, die Sie wirklich begeistern.
Fordern Sie Feedback ein
Wer sich Feedback von direkten Kolleg:innen und Vorgesetzten einholt, kann sich und die eigenen Fähigkeiten und Kenntnisse viel besser einschätzen, erklärt Han. Manchmal stößt man dabei sogar auf Eigenschaften, die einem selbst gar nicht klar waren. Auch diese lassen sich dann öfter einsetzen und trainieren.
Setzen Sie sich klare Ziele und verfolgen Sie diese
Wenn Sie um Ihre Fähigkeiten wissen, ist ein nächster möglicher Schritt, sich konkrete Ziele zu setzen und die Fortschritte zu verfolgen, um motiviert zu bleiben. Allzu schnell sollten Sie allerdings nicht mit großen (und greifbaren) Entwicklungen im Job rechnen, so Han. Es lohne sich allerdings, denn die Fähigkeit der Selbstwahrnehmung würde sich in unterschiedlichen Gewinnen auszahlen.
Man kann über all die Skills und all das Charisma der Welt verfügen, aber wenn man sich selbst nicht wahrnimmt und nicht weiß, wie man in der Welt auftritt und interagiert, ist es viel schwieriger, starke Beziehungen aufzubauen, mit den Vorgesetzten und Kolleg:innen zu interagieren und Freundschaften zu vertiefen, die man braucht, um wirklich erfolgreich zu sein.
Verwendete Quellen: cnbc.com, nypost.com, psycnet.apa.org, guilfordjournals.com, spektrum.de