Nach dem Scheitern der Ampel steht das geplante Rentenpaket II vor dem Aus. Wie geht es weiter, und was bedeutet das monatelange Machtvakuum für die Alterssicherung? Die Deutsche Rentenversicherung gibt sich gelassen.
Die Spitze der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund sieht durch das Ende der Regierungskoalition keine akuten Probleme für die eigene Arbeit. Die angekündigte Anhebung der Altersbezüge werde kommen und die Beiträge könnten erst einmal stabil bleiben, erklärt der Vorstand heute.
Um die laufenden Altersgelder zuverlässig auszahlen zu können, brauche die Rentenversicherung keine Entscheidungen der Bundesregierung, sagt Anja Piel, die in der Selbstverwaltung der DRV die Gewerkschaften vertritt. Sie stellt fest: "Die Rentenversicherung steht sicher da." Auch die bereits angekündigte Anhebung der Renten um rund 3,5 Prozent im Juli 2025 stehe nicht in Frage, betont Piel.
Auch Alexander Gunkel, der im DRV-Vorstand die Arbeitgeber vertritt, gibt sich entspannt. Die Rentenversicherung habe derzeit vergleichsweise hohe Rücklagen von mehr als 40 Milliarden Euro, erklärt Gunkel. Anders als in der Kranken- und Pflegeversicherung könne in der Rentenversicherung der Beitrag deshalb erst einmal stabil bleiben. Derzeit liegt er bei 18,6 Prozent vom Bruttolohn.
Beitragsanstieg erwartet
Gunkel hebt dabei hervor: Die Rentenversicherung hat seit rund zwei Jahrzehnten ihren Beitragssatz nicht angehoben, vorher war er sogar gesunken. Im Jahr 1998 mussten Beschäftigte und ihre Arbeitgeber noch 20,3 Prozent von ihrem Bruttoeinkommen für die Rentenkassen aufbringen, also 1,7 Prozentpunkte mehr als heute.
Allerdings wird die Kurve wahrscheinlich 2027, spätestens aber 2028 wieder nach oben gehen. Dann müssten die Beitragssätze steigen, um die Ausgaben für die Renten zu decken, so die Erwartung des DRV Bund.
Haltelinie - ja oder nein?
Wie sehr die Beitragssätze bis Ende des kommenden Jahrzehnts steigen, hängt davon ab, ob die sogenannte Haltelinie bestehen bleibt. Mit ihr hat die Bundesregierung festgeschrieben, dass das Rentenniveau nicht unter 48 Prozent sinken darf. Diese Rechengröße beschreibt das Verhältnis von durchschnittlichen Renten zu Durchschnittslöhnen.
Wenn die Haltelinie wegfällt, könnte das Rentenniveau bis zum Jahr 2039 auf 45 Prozent sinken. In diesem Fall erwartet die DRV einen Beitragssatz von 21,4 Prozent. Falls die Haltelinie fortgeführt wird und das Rentenniveau bei 48 Prozent bleibt, müsste der Beitragssatz Ende des kommenden Jahrzehnts auf 22,4 Prozent steigen. Das heißt, die Beitragszahler müssten einen Prozentpunkt mehr vom Bruttolohn abgeben als ohne Haltelinie.
Der Vorstand der Rentenversicherung hält es für unwahrscheinlich, dass die Bundesregierung das Gesetzesvorhaben "Rentenpaket 2" noch durch den Bundestag bringt, das unter anderem die Haltelinie festschreiben soll. Aber in jedem Fall müsse die nächste Bundesregierung Wege finden, um die Interessen von Rentnern und Beitragszahlern in Einklang zu bringen, fordert die DRV-Vorstandschefin Piel.
Keine Zukunft für Generationenkapital
Ihr Vorstandskollege Gunkel hält gleichzeitig ein anderes Renten-Vorhaben der Ampel-Koalition für gescheitert. Bei den Plänen für ein Generationenkapital sieht er ein "endgültiges Aus". Vor allem die FDP wollte bei diesem Vorhaben Staatgeld in Wertpapiere investieren, um aus den Erträgen später die Rentenversicherung zu stützen.
In den Arbeitgeberverbänden, die Gunkel in der Selbstverwaltung der Rentenversicherung vertritt, gibt es zwar viele Sympathien für die Idee der Kapitaldeckung, die hinter dem Generationenkapital steckt. Aber Gunkel verweist auf die Dimensionen: Die Erträge des Projekts hätten höchstens rund ein Prozent der Ausgaben der Rentenversicherung ausgemacht, rechnet er vor.
"Eine Lösung der langfristigen Finanzierungsprobleme der gesetzlichen Rentenversicherung ist das Generationenkapital auf keinen Fall." Aber es werde sicher auch in Zukunft darüber diskutiert werden, welche Rolle Kapitaldeckung in der Rente spielen soll, erwartet Gunkel.
Keine Diskussion über Rentenalter
Keinen aktuellen Diskussionsbedarf sehen die Selbstverwalter der DRV derzeit bei der Frage, wann die Deutschen in Rente gehen. In einer Fachkommission, die die letzte Regierung unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eingesetzt hatte, habe man sich darauf verständigt, dass dieses Thema erst dann wieder aktuell werde, wenn die Anhebung auf 67 Jahre abgeschlossen ist, erklärt Gunkel.
In einigen Jahren werde das Thema dann auch von den Vertretern von Arbeitgebern und Gewerkschaften in der Selbstverwaltung der Rentenversicherung besprochen werden, erwarten Gunkel und Piel. Derzeit sehe man dafür aber keinen Bedarf.