fcn.de: Rainer Zietsch, zunächst einmal die allerbesten Glückwünsche zum 60. Geburtstag. Wie sehen denn die Feierlichkeiten anlässlich des runden Geburtstages aus? Rainer Zietsch: Vielen Dank für die Glückwünsche. Heute wird ganz entspannt mit der Familie der Abend verbracht und am Wochenende gibt es dann mit Eltern und Schwiegereltern noch ein Familienessen. Für den Sommer ist dann noch eine kleine Feier geplant. Aber grundsätzlich ist so ein Geburtstag auch nichts Großes. fcn.de: Dennoch ist so ein runder Geburtstag ja auch manchmal Anlass, ein wenig zurückzublicken. Um mal auf den Club zu schauen: Wie blicken Sie auf Ihre Zeit beim FCN zurück? Rainer Zietsch: Der 1. FC Nürnberg und ich haben viel Zeit in meiner Karriere zusammen verbracht: fünf Jahre als Profi, dann zwei Jahre U17-Trainer und zehn Jahre NLZ-Leiter. Daher hat der Club mich bisher mein ganzes Leben lang begleitet und begleitet mich auch heute noch. fcn.de: Ihr Sohn Nico spielt aktuell in der U23 des Club. Wo gibt's darüber hinaus noch Verbindungen? Rainer Zietsch: Dadurch dass ich beispielsweise Miroslav Klose und seinen Co-Trainer Jens Bauer persönlich kenne, habe ich nach wie vor eine enge Beziehung zum Verein und versuche das ein oder andere Spiel zu gucken. Die Profis verfolge ich meistens am Bildschirm. Für den DFB scoute ich auch ab und zu den jeweiligen Jahrgang, deshalb habe ich auch letztens bei der U19 zugeschaut. Daher ist der 1. FC Nürnberg schon noch sehr präsent in meinem Leben. fcn.de: Der Kontakt ist also nach ihrer Zeit im Verein nie abgerissen? Rainer Zietsch: Genau. Ich habe bis vor kurzem auch ab und zu bei den Ü40-Herren mittrainert und im Sommer auch ein paar Mal in der Traditionsmannschaft mitgespielt. Der Club ist für mich - neben dem VfB Stuttgart, bei dem meine Profikarriere begann - nach wie vor etwas Besonderes. fcn.de: Gibt es einen Erfolg in Ihrer Karriere, an den Sie sich besonders gerne zurückerinnern? Rainer Zietsch: Mit dem VfB wurde ich in meinem ersten Profijahr 1984 Deutscher Meister. Das war sicherlich mein größter Erfolg als Spieler. Damals bestand die Profimannschaft nur aus 18 Leuten und wir waren ein eingeschworener Haufen. Vor kurzem haben wir uns erst zum 40-jährigen Jubiläum getroffen. fcn.de: Und Erfolge als Trainer? Rainer Zietsch: Das letzte Jahr mit dem U17-Team des DFB mit dem Gewinn der Welt- und Europameisterschaft war für mich ein ganz besonderes Erlebnis. fcn.de: Dort waren ja auch die Club-Spieler Finn Jeltsch und Winners Osawe dabei. Was zeichnet die beiden aus? Rainer Zietsch: In meinen Augen sind beide super Jungs, bei denen ich enormes Potenzial sehe. Bei Finn sind wir ja nicht ganz unschuldig, dass er jetzt so seinen Weg macht. Damals hatten wir beim DFB in der U17 ein Problem mit Innenverteidigern und Finn war vorher als Mittelfeldspieler dabei. Dann war es meine Idee, ihn bei einem Spiel im Vier-Nationen-Turnier als Innenverteidiger einzusetzen. Ich habe damals für ihn die Chance als Verteidiger gesehen, weil er Qualitäten mitbringt, die heutzutage wenige haben. Deswegen freue ich mich, dass er schon so eine wichtige Rolle spielt. fcn.de: Wie sehen Sie die Perspektiven von Winners Osawe? Rainer Zietsch: Ich bin froh darüber, dass Winners beim Club ist, weil auch er großes Potenzial hat, eine ähnliche Entwicklung wie Finn zu machen. Er spielt aber auf einer Position, die in Deutschland selten von jungen Spielern besetzt wird. Auf der Sechser-Position setzen viele Trainer eher auf erfahrene Spieler. Von seiner Einstellung und Spielerqualität bringt er aber viel mit, um sich auf Dauer durchzusetzen. fcn.de: Was ist aus Ihrer Sicht für junge Talente entscheidend, um es bis zum Profi zu schaffen? Rainer Zietsch: Vor allem der Übergangsbereich ist entscheidend. Im Herrenbereich weht ein anderer Wind, da kann es auch mal sein, dass die Entwicklung nach unten anstatt nach oben geht. Für die Jungs gehört Demut dazu, aber sie müssen auch die Überzeugung haben, sich oben behaupten zu können. Das Entscheidende ist in diesem Altersbereich die Spielzeit. Sie brauchen Spielpraxis, um sich an die Härte und Athletik im Herrenbereich zu gewöhnen. fcn.de: Beim Club wird viel auf den eigenen Nachwuchs gesetzt. Wie beurteilen Sie die Entwicklung im NLZ? Rainer Zietsch: Beim Club wird im NLZ super Arbeit gemacht. Allgemein wünsche ich mir in Deutschland, dass man jungen Spielern öfter die Möglichkeit gibt, sich zu zeigen. fcn.de: Sie selbst waren als NLZ-Leiter viele Jahre für den Club-Nachwuchs verantwortlich. Wie kam es damals eigentlich dazu?
Rainer Zietsch: Ich war zwei Jahre U17-Trainer und dann kam die Zeit, in der die Nachwuchsleistungszentren in Deutschland weiter aufgebaut wurden. Nach meinem abgeschlossenen BWL-Studium hat mich der damalige Sportdirektor Martin Bader gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, das NLZ weiterzuentwickeln. Das hatte seinen Reiz, auch weil es damals die Möglichkeit gab, das neue Funktionsgebäude mitzuplanen. Nach wie vor finde ich es überragend, dass beim Club beispielsweise Profis und Nachwuchs auf dem gleichen Gelände trainieren. Das ist für die Identifikation der Jugendspieler sehr wichtig. fcn.de: Worauf muss man als NLZ-Leiter oder Jugendtrainer achten, wenn man hauptsächlich mit Kindern und Jugendlichen zusammenarbeitet? Rainer Zietsch: Man möchte die Jungs nicht nur sportlich, sondern auch persönlich entwickeln. Im NLZ geht es noch mehr um die Entwicklung jedes einzelnen Spielers. Trotzdem geht es auch darum, Trainer zu entwickeln. Als NLZ-Leiter ist es wichtig, Personal zu haben, das mit Herz und Leidenschaft das Ziel hat, Spieler zu fördern. Die Jungs müssen aber auch verstehen, dass es am Ende ums Gewinnen geht. Deswegen ist es mir auch in der Nationalmannschaft wichtig, den Jungs im Training zu vermitteln, dass Fußball ein Wettkampfsport ist. fcn.de: Ihre aktive Karriere liegt schon einige Jahr zurück. Wären Sie in der heutigen Zeit auch nochmal gerne Fußballprofi? Rainer Zietsch: Natürlich, weil ich das Spiel liebe. Mir hat der Sport immer Spaß gemacht. Wenn man mich heute nachts um zwei anruft, ob ich kicken will, dann komme ich, solange mein Körper mitmacht. Ob ich noch genauso viel Spaß hätte wie früher, weiß ich nicht, aber ich denke schon. In den heutigen Stadien zu spielen, dafür beneide ich die Spieler. Was aber Privatsphäre angeht, war es zu meiner Zeit sicherlich unproblematischer.