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Hohe Lebensmittelpreise und kleinere Packungsgrößen bestimmten zuletzt den Alltag von Verbrauchern. Doch viele Supermärkte gewähren derzeit hohe Rabatte. Wer auf Vorrat kauft, kann viel sparen.
Marlene Woytke ist auf ihren Lebensmittel-Einkauf im Rewe-Markt im hessischen Nidderau bestens vorbereitet. Jede Woche vergleicht sie Preise und sucht die für sich besten Angebote aus den Werbeblättchen und Apps der Märkte heraus. Die Auswahl ist groß und vielfältig, allein beim Kaffee kann sie diese Woche aus drei rabattierten Marken wählen.
Kaffee zum Normalpreis habe sie schon lange nicht mehr gekauft, sagt Woytke. Lieber kauft sie auf Vorrat, denn Lebensmittel seien in den vergangenen Jahre unglaublich teuer geworden, während die Rabatte prozentual gesehen sehr hoch seien, sagt sie.
Hohe Rabatte. kaufen auf Vorrat
Und Woytke liegt mit ihrer Beobachtung richtig: Die Ersparnis bei einem rabattierten Produkt sei viel größer als vor der Preissteigerung, erläutert Eva Stüber, Konsumexpertin beim Kölner Institut für Handelsforschung (IFH). Frischkäse, der zum Normalpreis mittlerweile durchschnittlich zwei Euro kostet, ist im Angebot immer noch für 88 oder 99 Cent zu haben - so wie vor der Inflation.
Ein Grund, warum Verbraucher verstärkt zu Angeboten greifen und auf Vorrat kaufen. Marlene Woytke greift bei ihrem Einkauf zu Nudeln. Ein Artikel, der sich ewig hält, zum Normalpreis mehr als zwei Euro kostet und im Angebot schon für 88 Cent zu bekommen ist. "Da mache ich mir den Keller schon voll."
Wachsende Umsätze mit Angeboten
Zahlen des Marktforschungsinstitut GfK zeigen: Der Handel machte mit Sonderangeboten im ersten Halbjahr 2024 satte 23,3 Prozent des Gesamtumsatzes. Im gleichen Zeitraum vor vier Jahren wurden nur 16 Prozent des Umsatzes mit rabattierten Produkten erzielt. Die Anzahl der Angebote wächst ständig und seit Jahren.
Laut einer Analyse der Preisvergleichsagentur smhaggle hat bei der Anzahl der wöchentlichen Angebote Kaufland mit rund 400 rabattierten Produkten die Nase vorn. Bei Edeka sind es 250, bei Rewe 200. Weit abgeschlagen rangieren die Discounter, Aldi hat durchschnittlich 100 Angebote, Lidl etwa 130. Allerdings gibt es in Discountern auch nur rund 2.500 Produkte, während im Supermarkt im Schnitt 25.000 Artikel angeboten werden. Vor allem beliebte Marken stehen im Fokus.
Doch um auf Dauer wettbewerbsfähig zu bleiben, müssten Markenartikler versuchen, aus der sich immer schneller drehenden Rabattspirale herauszukommen, erklärt Konsumforscherin Stüber. Für Hersteller sei natürlich einerseits extrem wichtig, auch bei den Produkten vertreten zu sein, die in der Aktion stattfinden, um sichtbar und relevant zu sein. Andererseits sei die Herausforderung aber, nicht in die Spirale zu geraten, dass Produkte nur noch dann gekauft werden, wenn sie rabattiert angeboten werden.
Herausforderungen für die Hersteller
So fällt auch das Echo der Hersteller auf den verstärkten Trend zu Angeboten gemischt aus. Rotkäppchen etwa hält sich wie viele andere bedeckt und sagt auf Anfrage des Hessischen Rundfunks: "Da die Preisgestaltung im Einzelhandel allein im Ermessen der Händler liegt, bitten wir um Ihr Verständnis, dass wir hierzu kein Statement abgeben."
Der Molkerei-Betrieb Ehrmann reagiert kritischer: "Die in letzter Zeit abgebildeten Preise mit Abschlägen bis zu 60 Prozent (…) spiegeln in keiner Weise den Wert unserer guten Lebensmittel wider." Dem Verbraucher werde vermittelt, dass die Ware zum Normalpreis eigentlich zu teuer sei, schreibt das Unternehmen auf Anfrage des Hessischen Rundunks.
Nie war eine dauerhafte Kundenbindung für Discounter und Supermärkte herausfordernder - Woche für Woche gewinnt der mit den besten Angeboten. Gewinner in diesem Spiel sind aktuell ausnahmsweise mal die Kunden.