Seit Jahren hat Russland mit einer sinkenden Geburtenrate zu kämpfen. Der Angriffskrieg gegen die Ukraine verschärft den demografischen Trend. Nun stimmen Abgeordnete der Staatsduma für ein Verbot, das die Propagierung eines Lebens ohne Kinder unter Strafe stellt.
Das russische Parlament hat ein Verbot von Werbung für ein freiwilliges Leben ohne Kinder auf den Weg gebracht, weil zu wenige Kinder in dem Land geboren werden. Wer sich in Russland offen für Kinderlosigkeit einsetzt, dem drohen künftig hohe Geldstrafen zwischen 400.000 Rubel, rund 3.800 Euro, für einfache Bürger und fünf Millionen Rubel, umgerechnet 47.619 Euro, für juristische Personen, heißt es in einem in erster von drei Lesungen angenommenen Gesetz der Staatsduma in Moskau. Das Gesetz würde öffentliche Inhalte betreffen, etwa im Internet, in den Medien, in der Werbung oder in Filmen.
Die Abgeordneten stimmten mit großer Mehrheit für das Verbot der "Propaganda von Kinderverweigerung". Die Ideologie der Kinderlosigkeit führe zu einem Verfall der traditionellen Wertvorstellungen in der Gesellschaft und letztlich zu einem Aussterben der Bevölkerung, hieß es. Parlamentspräsident Wjatscheslaw Wolodin hatte dazu aufgefordert, für das Verbot zu stimmen. "Heute findet ein Krieg an der ideologischen Front statt", erklärte er.
Russland sieht sich mit den Herausforderungen einer alternden Bevölkerung und niedriger Geburtenraten konfrontiert. Der demografische Trend wird durch den Angriffskrieg gegen die Ukraine noch verschärft. Der Kreml, die mächtige Russisch-Orthodoxe Kirche und prominente konservative Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens propagieren immer wieder sogenannte "traditionelle Werte". Diese sollen sowohl als Bollwerk gegen liberale Ideen des Westens wirken als auch als Mittel, um den demografischen Niedergang Russlands aufzuhalten.
Für das Sinken der Geburtenrate gibt es mehrere Gründe. So kamen in den von Armut und Chaos geprägten 1990ern vergleichsweise wenig Kinder zur Welt, die heute selbst Nachkommen zeugen können. Nach Angaben der Statistikbehörde Rosstat brachte eine Frau 2023 im Durchschnitt 1,41 Kinder zur Welt. Putin gab zuletzt offiziell als Ziel aus, dass russische Familien drei oder mehr Kinder haben sollten und dies Standard sein sollte. Er selbst hat nach offiziellen Angaben zwei Töchter.
Der Kreml versucht seit Jahren, auch finanzielle Anreize für das Kinderkriegen zu schaffen. Nicht zuletzt gibt es auch in der russisch-orthodoxen Kirche offene Aufrufe, für Russlands Kriege mehr Soldaten zur Welt zu bringen. Diskutiert wurde außerdem, ob wieder eine Steuer für Kinderlose wie zu Zeiten der Sowjetunion eingeführt werden solle. Auf diese Weise demonstrierte der kommunistische Staat seine Unzufriedenheit mit jenen Bürgern, die ihm nicht dabei halfen, die Armee aufzufüllen, wie die Zeitung "Kommersant" schrieb.