Seit Ende Februar besetzen Tesla-Gegner einen Wald nahe der Autofabrik von Elon Musk bei Berlin. Jetzt löst die Polizei das Protestcamp auf - wegen Aktivisten in den Bäumen aber ein zähes Unterfangen.
Seit fast neun Monaten hielten Umweltaktivisten ein Waldstück in Grünheide bei Berlin besetzt - aus Protest gegen das einzige europäische Tesla-Autowerk von Elon Musk. Die 20 Baumhäuser in dem Camp sind zu einem Symbol für den Widerstand gegen den US-Elektroautobauer geworden. Nun muss damit Schluss sein.
Die Polizei löste die Versammlung der Tesla-Gegner um 10.17 Uhr auf und nannte Verstöße gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung als Hauptgrund. Auch die ausgebauten Baumhäuser sollen später verschwinden - wann und wie war auch wegen möglicher gefährlicher Kampfmittel im Boden noch unklar.
Mit ihrem Protest gegen das Tesla-Werk, das auch wegen der kurzen Genehmigungs- und Bauzeit als Vorzeigeprojekt der Landesregierung gilt, wollen die Gegner jedenfalls nicht aufhören. "Es muss endlich Schluss damit sein, dass Teslas Profite von der Politik um jeden Preis durchgesetzt werden und deshalb protestieren wir weiter", sagte Karolina Drzewo von "Tesla den Hahn abdrehen".
Tesla-Gegner wollten Gelände für Kampfmittel-Überprüfung nicht verlassen
Im Wald nahe der Tesla-Fabrik stehen wegen des Verdachts, dass alte Kampfmittel im Boden liegen, Untersuchungen an. Doch die Umweltaktivisten wollten seit Montagmorgen ihr Camp für die sogenannten Sondierungen auf dem Gebiet nicht verlassen.
Einige kletterten an den Kiefern bei kalten Temperaturen und Regen teils immer höher. In ihren Baumhäusern waren sie unter anderem mit Schlafsäcken ausgerüstet. Spezialisten der Polizei, mit Seilen gesichert, holten einzelne der vermummten Aktivisten aus den Bäumen.
Der schwierige Einsatz der Höhenretter zog sich seit dem Morgen viele Stunden hin. Gegen 15. 00 Uhr waren noch nicht alle von den Bäumen runter - es entwickelte sich sprichwörtlich zur Hängepartie.
Polizei-Einsatz ohne gewaltsame Rangeleien
Die Aktivisten - eine kleine, überschaubare Gruppe - riefen sich immer wieder in Sprechchören zu: "Du bist nicht allein". Der Einsatz verlief ruhig, auch wenn die Tesla-Gegner die Räumung des Camps als unverhältnismäßig kritisieren. Es gab einige vorübergehende Ingewahrsamnahmen.
"Wir sind wütend", sagte eine Sprecherin von "Tesla stoppen" zur Räumung des Camps. Die Gruppe will sich gegen die geplante Erweiterung des Tesla-Geländes für einen Güterbahnhof und Lagerflächen stemmen und die Rodung von Bäumen verhindern. Auch um die Ressource Wasser sind sie besorgt.
Die Polizei argumentierte: "Auch die wiederholten Begehungen von Straftaten machten deutlich, dass die Versammlung darauf ausgerichtet war, weitere Sondierungen zu verhindern." Die Gemeinde Grünheide hatte wegen Kampfmittelverdachts die Untersuchung eines Geländes, in dem ein Teil des Protestcamps liegt, veranlasst.
Bereits vor Monaten waren im Zusammenhang mit Untersuchungen auf der geplanten Erweiterungsfläche des Tesla-Geländes zwei Weltkriegsbomben entdeckt und entschärft worden. Für seine Projekte muss das Unternehmen, das das gebremste Wachstum im Elektro-Automarkt zu spüren bekommt, erst noch ein Waldstück vom Land Brandenburg kaufen. Die Gespräche dazu liefen noch, hieß aus dem Umwelt- und Forstministerium in Potsdam.
Auflösung des Tesla-Protestcamps stößt auf Zustimmung im Landtag
Auf Unterstützung stieß die Auflösung des Camps bei Politikern im Brandenburger Landtag. "Es ist auch kein rechtsfreier Raum, hier muss die Polizei auch Recht und Ordnung durchsetzen", sagte SPD-Fraktionschef Daniel Keller in Potsdam. "Ob dann im Nachgang der Protest an der Stelle wieder fortgesetzt wird, das muss dann in Zukunft geklärt werden." Brandenburgs CDU-Landtagsfraktionschef Jan Redmann sagte: "Die Protestierer haben den Pfad der Kooperation verlassen." Tesla-Gegner jedenfalls haben kurz nach der Entscheidung zur Räumung einen "Waldspaziergang" am Samstag in Grünheide angekündigt.
Nicht vergleichbar mit Räumung vor Jahren im Hambacher Forst
Mit Bildern wie sie aus dem Hambacher Forst 2018 in Nordrhein-Westfalen zu sehen waren, ist der Einsatz der Polizei in Grünheide nicht zu vergleichen. Die drohende Zerstörung des Waldes mobilisierte damals großen Widerstand - es ging um den Abbau von Braunkohle. Die Polizei rückte in einem Großeinsatz mit Wasserwerfern und anderem schwerem Gerät an. Sie brauchte Wochen, um Baumhäuser abzumontieren und das Lager der Aktivisten aufzulösen. Ein Mann war während der Räumung aus großer Höhe von einer Hängebrücke gestürzt und gestorben.