"Polizeiruf 110: Widerfahrnis": Rätselhaftes Unfallopfer im Wald

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In "Polizeiruf 110: Wiederfahrnis" muss Doreen Brasch das Schicksal einer Frau aufklären, die bei einem Autounfall schwer verletzt wurde.

Nachts liegt eine schwer verletzte Frau an einer Straße im Wald. Offenbar wurde sie heftig angefahren, der Fahrer ist flüchtig. Wer ist die Unbekannte - und was ist ihre Geschichte? Diese Frage versucht Doreen Brasch (Claudia Michelsen, 56) in "Polizeiruf 110: Widerfahrnis" (4. Mai, 20:15 Uhr, das Erste) aufzuklären. In ihrem 20. Einsatz im Sonntagskrimi stößt die Magdeburger Kommissarin auf einen dramatischen Schicksalsschlag.

Darum geht es in "Polizeiruf 110: Widerfahrnis"

Doreen Brasch will die Identität einer Frau (Mareike Sedl, geb. 1976) aufklären, die nachts im Wald von einem Auto angefahren wurde und jetzt um ihr Leben kämpft. Sie trägt keine Dokumente bei sich und niemand scheint sie zu kennen. Vom Täter und seinem Wagen fehlt jede Spur. Doch Brasch spürt, dass hinter der Geschichte mehr steckt als eine nächtliche Fahrerflucht.

Das Handy der Verletzten führt sie zu der alleinerziehenden Studentin Berna (Rona Özkan, 31), bei der die Unbekannte seit Kurzem wohnte. Doch auch sie weiß eigentlich nichts über die stille Frau, die sich Sarah nennt. Sie sei eines Tages scheinbar verwahrlost einfach vor ihrer Tür aufgetaucht. Berna ließ sie bei sich wohnen, im Gegenzug übernahm Sarah ihre Schichten in einer Putzkolonne.

Die Kommissarin ermittelt, dass es während der Arbeit in einem Hotel zu einer folgenschweren Begegnung kam: Zufällig traf Sarah auf den Star-Architekten René Tamm (Stephan Kampwirth, 58) - und ist seither regelrecht besessen von ihm. Er hingegen leugnet, die Frau zu kennen, dabei hat Sarah ihm nachweislich mehrfach zu Hause bei seiner Familie aufgelauert und fotografiert. Was verbindet den Architekten und die Verletzte? Doreen Brasch und ihre Kollegen rekonstruieren nach und nach Sarahs aufwühlende Vita.

Lohnt sich das Einschalten?

Ja, definitiv einschalten! Der "Polizeiruf" ist bis zur letzten Sekunde fesselnd, bringt überraschende Wendungen und ist gleichzeitig sehr berührend. Obwohl die letzten Tage vor dem Unfall schlüssig aufgearbeitet werden, stehen hier statt Fakten Gefühle im Vordergrund. Statt nach einem Schuldigen zu suchen, will man viel mehr das Schicksal der Unbekannten ergründen. Statt mit Actionszenen zu protzen - am Anfang des Falls steht ja nicht mal eine Leiche -, gehen die Filmemacher reduziert vor, setzen auf ruhige Empathie - und machen damit alles richtig.

"Polizeiruf 110: Widerfahrnis" ist alles andere als klassisch. In einem passenden Zusammenspiel aus aktuellen Geschehnissen und Rückblenden - die auch noch durch tolle filmische Übergänge begeistern - wird das Schicksal von Sarah stückweise sichtbar. Dabei fungieren die Szenen in der Vergangenheit aber nicht wie sonst häufig nur dafür, um etwas schnell zu erklären, sondern bieten tatsächlich tiefe Einblicke in die Gefühlswelt. Jedes Bild und jeder Dialog sitzen, auf unnötiges Geplänkel oder Nervenkitzel wird verzichtet, und dennoch will man als Zuschauer das Rätsel unbedingt lösen.

Doreen Brasch fühlt in ihrem Jubiläumsfall "eine unausgesprochene Verbindung zu dieser Frau", so Schauspielerin Claudia Michelsen in der Pressemitteilung über das Opfer. Das fasst gut zusammen, was auch auf den Zuschauer überspringt. Gerade die leisen Töne sind es, die berühren. Die Widmung ganz am Ende des Krimis tut dann ihr Übriges: Der Film ist das letzte Projekt von Pablo Grant (1997-2024), der seit 2020 den Kriminalkommissar Günther Márquez spielte. Zwei Monate nach Drehschluss starb er am 6. Februar 2024 an einer Thrombose.