Die deutschen Exporteure haben im ersten Halbjahr mehr Umsatz im Geschäft mit Polen gemacht als mit der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft China. Das Nachbarland ist damit Deutschlands viertgrößter Absatzmarkt.
Deutschlands Exporteure haben im ersten Halbjahr dieses Jahres mehr Waren nach Polen geliefert als nach China. Die Warenexporte in das östliche Nachbarland wuchsen um 4,6 Prozent auf 48,4 Milliarden Euro, wie eine heute veröffentlichte Auswertung des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft auf Basis vorläufiger Daten des Statistischen Bundesamtes zeigt. Die Ausfuhren in die Volksrepublik gaben dagegen von Januar bis Juni um 2,7 Prozent auf 48,2 Milliarden Euro nach.
Damit rückt Polen auf Platz vier der wichtigsten Absatzmärkte der deutschen Exportindustrie vor, während China auf den fünften Rang abrutscht. Kunde Nummer eins blieben in den ersten sechs Monaten die weltgrößte Wirtschaftsmacht USA, gefolgt von Frankreich und den Niederlanden. Deutschland liefert traditionell vor allem Fahrzeuge, Maschinen und chemische Erzeugnisse nach Polen.
Ansporn für neue EU-Erweiterung?
"20 Jahre nach der großen EU-Erweiterung 2004 hat Polen China als Absatzmarkt für deutsche Produkte überholt", sagte die Vorsitzende des Ost-Ausschusses, Cathrina Claas-Mühlhäuser, der Nachrichtenagentur Reuters. Das sei ein bemerkenswerter Erfolg, auch im Hinblick auf die dringend notwendige Diversifizierung der deutschen Wirtschaft, die vor allem ihre Abhängigkeit von China verringern soll.
"Dies sollte für die neue EU-Kommission und die Beitrittskandidaten ein Ansporn sein, die Erweiterung der EU nach Osten und Südosten zügig fortzusetzen", sagte Claas-Mühlhäuser. "Die Vergrößerung des EU-Binnenmarktes ist ein europäisches Konjunkturprogramm, das sich durch die wirtschaftlichen Vorteile am Ende selbst finanziert."
Laut China-Strategie der Bundesregierung ist China "gleichzeitig Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale". China sei Deutschlands größter einzelner Handelspartner, wobei die Abhängigkeiten Chinas von Europa stetig abnehmen würden, während Deutschlands Abhängigkeiten von China in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen hätten, heißt es im Strategie-Papier.
"Breite Aufstellung zahlt sich aus"
Die deutschen Ost-Exporte legten den Angaben zufolge in der ersten Jahreshälfte leicht auf gut 145 Milliarden Euro zu, während die gesamten Ausfuhren schrumpften. "Die 29 mittel- und osteuropäischen Länder, auf die fast 19 Prozent des deutschen Außenhandels entfallen, haben sich erneut als Stütze der deutschen Exportwirtschaft erwiesen", sagte Claas-Mühlhäuser.
"Die breite Aufstellung der deutschen Unternehmen im östlichen Europa und Zentralasien zahlt sich aus und ermöglicht es, Schwächephasen in einzelnen Märkten an anderer Stelle auszugleichen", so die Vorsitzende des Ost-Ausschusses.
Warenexporte der Euro-Zone sinken im Juni deutlich
Laut Statistikamt Eurostat sind die Warenexporte aus der Euro-Zone insgesamt zurückgegangen. Demnach verringerten sich die Ausführen aus den Ländern der Währungsunion im Juni um 6,3 Prozent zum Vorjahresmonat auf 236,7 Milliarden Euro. Die Einfuhren gingen ebenfalls zurück, und zwar um 8,6 Prozent auf 214,3 Milliarden Euro. Daraus ergibt sich ein Handelsüberschuss von rund 22,3 Milliarden Euro, weil mehr Waren aus- als eingeführt wurden.
Die Exporte der gesamten Europäischen Union in die USA legten im Juni binnen Jahresfrist um 1,9 Prozent zu - auf 44,6 Milliarden Euro. Der Handelsüberschuss mit der US-Wirtschaft lag bei 18,7 Milliarden Euro. Im Geschäft mit China wurde hingegen ein Defizit von 20,5 Milliarden Euro verzeichnet. Denn die Importe aus der Volksrepublik (39,7 Milliarden Euro) überstiegen die Exporte (19,1 Milliarden Euro) bei Weitem.