Ausländerbehörden müssen ihre Arbeit unter sehr schwierigen Bedingungen leisten. Das ergibt eine Umfrage der Sendung "Peter Kloeppel: Wie lösen wir die Flüchtlingskrise?", an der 134 Ämter teilnahmen. Demnach fehlt es etwa an Personal, Digitalisierung und klaren Vorgaben.
Auch wenn es die Politik in Berlin oder Brüssel ist, die Leitlinien und Regelungen für die Migration vorgibt - umsetzen müssen es die Ausländerämter in den Städten und Gemeinden. Sie müssen für einen reibungslosen Ablauf sorgen. Und deshalb sollten sie im besten Falle auch in die Lage versetzt werden, diese Aufgabe so gut wie möglich zu bewältigen. Das scheint allerdings nicht unbedingt der Fall zu sein.
Im deutschen Bundesgebiet finden sich laut Kleiner Anfrage der CDU/CSU Fraktion insgesamt 549 Ausländerbehörden (Stand Juli 2023). Die Sendung "Peter Kloeppel: Wie lösen wir die Flüchtlingskrise?" startete eine Umfrage, an der 134 der Ämter teilgenommen haben. Dazu haben wir alle uns bekannten Ausländerbehörden angeschrieben. Im Folgenden werden die Ergebnisse vorgestellt.
Nur ein Amt erlebte noch keine Aggressionen von Kunden
Eine der Fragen an die Behörden lautete: Wie bewerten Sie die aktuelle Arbeitsbelastung in Ihrer Behörde? Von den 134 Ämtern antworteten 92 (69 Prozent) mit schlecht (56) oder sehr schlecht (36), lediglich sieben empfinden die Belastung als gut (5) oder sehr gut (2). Ein bisschen besser, aber nicht viel, sieht es bei der Personalsituation aus, 56 Ämter (42 Prozent) werten sie schlecht (38) oder sehr schlecht (18), 55 (41 Prozent) beurteilen sie mittelmäßig. Als Grund für die schlechte oder sehr schlechte Personalsituation der 56 Ämter nannten 52 die zu hohe Arbeitsbelastung, 48 den strukturellen Personalmangel, die Hälfte (28) klagte über zu viel Bürokratie. Hier waren Mehrfachnennungen möglich.
Darüber hinaus wurde angemerkt, dass es besonders an Fachkräften im Verwaltungsrecht mangelt, zudem sei die Arbeit unattraktiv, die Bedingungen und die Bezahlung schlecht. Auch ist das Ausländerrecht komplex, Gesetze ändern sich häufig, oft ist juristisches Spezialwissen erforderlich, das die wenigsten haben. Ein weiteres Thema sind Drohungen und Übergriffe von Seiten der Kunden. Nur ein Amt der 134 gab an, dass es noch nie zu Drohungen oder Aggressionen gegenüber den Angestellten gekommen. Bei der Hälfte (69/51 Prozent) kommt es zu gelegentlich Übergriffen, 36 Ämter (27 Prozent) berichten von häufigen oder sehr häufigen Drohungen und Aggressionen.
Zudem gibt es enorme Probleme durch mangelnde Digitalisierung. Zwar geben 54 Prozent der Ämter (73) an, dass die Digitalisierung in ihrer Behörde weit fortgeschritten ist, jedoch sagen nur zehn (7 Prozent), dass sie bereits vollständig digitalisiert sind, 51 Ämter (38 Prozent) klagen jedoch über kaum vorhandene Digitalisierung. Die Antworten auf die Frage, wo bei der Digitalisierung noch Handlungsbedarf herrscht, offenbaren weitere Probleme, mit denen die einzelnen Behörden zu kämpfen haben. Zum einen kostet es Geld, zum anderen zusätzlichen Arbeitsaufwand, alle notwendigen Daten und Akten, sauber einzupflegen.
Zudem sei eine einheitliche behördenübergreifende Strategie oft nicht erkennbar, auch gebe es keine allgemeinen Vorgaben oder eine einheitliche Software. Ebenso fehlen Schnittstellen zu anderen Ausländerämtern oder übergeordneten Behörden. Zudem verlangen An- und Ummeldungen, das Ausstellen von Dokumenten und nicht näher genannte gesetzliche Vorgaben, dass die Antragsteller persönlich erscheinen.
Identität ausreisepflichtiger Personen oft nicht feststellbar
Die Umfrage wollte auch herausfinden, woran die Abschiebungen scheitern. In den meisten Fällen scheitern sie daran, dass die entsprechenden Reisedokumente nicht vorhanden sind und die Identität der ausreisepflichtigen Person nicht feststellbar ist. 112 der 134 Behörden (84 Prozent), die uns geantwortet haben, geben dies als Hauptgrund an. Fast ebenso häufig ist die Person nicht auffindbar. Dies gaben 110 (82 Prozent) der Ämter als Grund an. Auch bei dieser Frage waren Mehrfachnennungen möglich.
In 75 Prozent der Fälle (101 Ämter) scheitert die Abschiebung an der Kooperation mit den Herkunftsländern. Nur ein Amt gibt an, dass es "sehr erfolgreich" mit den zuständigen Stellen im Herkunftsland zusammenarbeitet. 84 Ämter, und somit weit über die Hälfte (62 Prozent) halten die Kooperation für weniger oder gar nicht erfolgreich.
Die regelmäßigen Änderungen des Aufenthalts- und Asylgesetzes machen den Behörden zusätzlich das Leben schwer. 114 Ausländerbehörden (85 Prozent) geben an, dass die Gesetzesänderungen die schnelle Abarbeitung der ihnen vorliegenden Fälle stark (56 Ämter) oder sehr stark (58) erschweren. Nur drei Ämter sehen kaum Auswirkungen auf ihre Arbeit.
Die Probleme der Ausländerbehörden, die auf unsere Fragen geantwortet haben, sind also vielfältig. Es mangelt nicht an Arbeit, wohl aber an Personal. Die Digitalisierung geht nur schleppend voran und wirkt nicht sehr koordiniert. Die Kooperationsbereitschaft der Herkunftsländer vieler Migranten ist gering. Die Identität vieler ausreisepflichtiger Personen ist nur schwer oder gar nicht feststellbar, wenn sie denn überhaupt auffindbar sind.
Schwierigkeiten bei Recherche dieser Umfrage
Zu dem Bild, das sich hier ergibt, muss angemerkt werden, dass insgesamt nur knapp ein Viertel der angeschriebenen Ämter auf die Fragen geantwortet hat. Es ist also schwer zu sagen, inwieweit sich diese Antworten auf alle Ämter übertragen lassen. Was sich jedoch sagen lässt, ist, dass die Bedingungen, unter denen die Menschen in diesen 134 Behörden ihre Arbeit leisten müssen, auf allen Ebenen sehr herausfordernd sind.
Zudem muss angemerkt werden, dass diese Umfrage unter schwierigen Voraussetzungen stattgefunden hat. Am Anfang dieses Artikels steht nicht umsonst, dass wir "alle uns bekannten Ausländerbehörden angeschrieben" haben. Für uns war es ein enorm hoher Rechercheaufwand, herauszufinden, wie viele Ausländerbehörden es in Deutschland gibt, wer jeweils zuständig ist, und wie man Kontakt zu den Behörden aufnehmen kann.
Wir haben das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angeschrieben, um zu erfahren, wie viele Ausländerbehörden es gibt, und um eine Auflistung mit Kontaktmöglichkeiten zu bekommen. Das BAMF ließ uns die oben genannte Kleine Anfrage der CDU/ CSU Fraktion zukommen (549 Ausländerbehörden) und wies weiter darauf hin, dass es selbst nicht zuständig ist. Ausländerbehörden unterstehen den Innenministerien der jeweiligen Bundesländer.
Man arbeite zwar vor Ort "eng und vertrauensvoll" mit den Ausländerbehörden zusammen, der flächendeckende Austausch finde allerdings über Datenaustauschformate statt. Das BAMF verweist auf entsprechende Codelisten der öffentlichen Verwaltung auf Xrepository.de. Dort findet man allerdings mehr als 549 Ausländerbehörden. Eine öffentliche Auflistung aller Ausländerbehörden inklusive Name, Adresse und Kontakt konnten wir nirgendwo finden. Etwas mehr Transparenz wäre gerade bei einem so wichtigen und komplexen Thema sehr wünschenswert.
RTL zeigt die Doku "Peter Kloeppel: Wie lösen wir die Flüchtlingskrise?" am 31. Oktober um 20:15 Uhr. Sie finden die Sendung dann auch auf RTL+.