3 months ago

Person der Woche: Reid Hoffman: Linkedin-Milliardär ist heikler Super-Fan von Kamala Harris



Kamala Harris will das Silicon Valley für die Demokraten zurückgewinnen, nachdem viele Tech-Investoren zu Trump abgewandert sind. Nun kommt sie mithilfe des Linkedin-Milliardärs Reid Hoffman in der Szene voran. Doch die Sache hat einen fatalen Haken. 

Rund 700 Reiche und Superreiche aus dem Silicon Valley kamen ins Fairmont Hotel von San Francisco, um Kamala Harris zu feiern und zu unterstützen. Die billigsten Eintrittskarten des Fundraisers kosteten 3300 Dollar, die teuersten satte 500.000 Dollar. Es kamen eine Reihe von Tech-Milliardären, Top-Managern und Risikokapitalgebern mit prall gefüllten Portemonnaies. Für Harris ging es darum, die Elite der Tech-Industrie - es ist ihre Heimat, hier in der Bay-Area ist sie aufgewachsen - zurückzugewinnen.

Viele Entscheider der Tech-Branche hatten sich Donald Trump zugewandt, von Elon Musk (Tesla, X, Space X) bis David Sacks (PayPal, Craft Ventures), von Chamath Palihapitiya (AOL, Facebook, Social Capital) bis Peter Thiel (PayPal, Palantir, Clarium), Marc Andreesen, Ben Horowitz (beide sind XXL-Wagniskapitalisten), Shaun Maguire sowie Douglas Leone (beide Sequoia Capital).

Vor allem die Venture-Kapitalisten, die Krypto- und Gaming-Investoren erhoffen sich von Trump liberale Regulierung und bessere Geschäfte. Obwohl das Silicon Valley eigentlich eine Hochburg der Demokraten ist, hat die Politik der Biden-Administration gegenüber der Technologiebranche viele in der Branche verprellt, und in den letzten Monaten haben sich eine Reihe hochkarätiger Unternehmer und Investoren, allen voran Elon Musk, für Trump ausgesprochen.

Das will Harris nun ändern. Dabei geht es nicht nur um große Spendensummen, es geht auch darum, dass die Tech-Avantgarde für Millionen Amerikaner tonangebende Meinungsführer sind. Darum war der Fundraiser im Hotel für Kamal Harris ein wichtiger Erfolg. Sie nahm unmittelbar zwölf Millionen Dollar Spenden ein, zahlreiche Großspender versprachen noch mehr und bekannten sich öffentlich zu ihr - so die ehemalige Facebook-Chefin Sheryl Sandberg, Melinda Gates, der IAC-Vorsitzende Barry Diller und der Silicon-Valley-Risikokapitalgeber Ron Conway. Laurene Jobs, die milliardenschwere Philanthropin und Ex-Frau von Steve Jobs (Apple), ist eine langjährige Freundin und veranstaltet in ihrem Privathaus schon mal eine eigene Spendengala für Harris. Auch der Netflix-Gründer und CEO Reed Hastings spendete bereits sieben Millionen Dollar für den Harris-Wahlkampf.

Sendungsbewusster Unternehmer

Doch einer sticht heraus unter den neuen Tech-Milliardärsfreunden von Harris: der LinkedIn-Mitbegründer Reid Hoffman. Er war im Fairmont-Hotel auch zugegen und hatte bereits - wie der Netflix-Chef - sieben Millionen für den Harris-Wahlkampf gespendet, jetzt will er das "verdoppeln". Er habe "große Hoffnung", dass Harris die erste Präsidentin der Vereinigten Staaten werden wird.

Doch Hoffman wird für Harris zum heiklen Super-Fan. Der LinkedIn-Gründer ist einer der umtriebigsten Investoren der USA, mit Paypal, Linkedin und Airbnb wurde er reich, er investiert in Dutzende Unternehmen, von Zynga bis Flickr und Facebook hat er sein Geld im Spiel. Und Hoffman ist sendungsbewusst. Der korpulente Superkapitalist reist regelmäßig zum Gipfel nach Davos, tritt zu gerne im Fernsehen auf, ist Mitorganisator von "The Weekend To Be Named Later", einer Versammlung ambitionierter Freunde, die sich darüber Gedanken machen, wie man die Welt verändern kann. Hoffmann ist Redner bei vielen großen Konferenzen, er hält Vorträge an den Universitäten von Stanford, Oxford, Harvard und dem MIT und nimmt regelmäßig an den Bilderberg-Konferenzen teil.

Politisch ist er seit Monaten hochengagiert, um die Wiederwahl Donald Trump zu verhindern. Er hat sogar den Rechtsstreit der Klägerin E. Jean Carroll gegen Trump wegen sexueller Nötigung mitfinanziert. Und nun will er Harris zur Präsidentin machen.

Doch Hoffmann verbindet sein Engagement mit einer unbequemen Forderung. Er verlangt unverblümt die Entlassung der Vorsitzenden der Federal Trade Commission (FTC), Lina Khan. Die FTC hat unter Khan eine recht aggressive Haltung zur Regulierung von Big Tech eingenommen und Verfahren gegen Microsoft und Amazon angestrengt. Hoffman ist im Verwaltungsrat von Microsoft, und steht mit Khan also im Clinch. Kurzum: Hoffmann fordert den Kopf der ihm unbequemen obersten Kartellpolizistin: "Lina Khan ist... eine Person, die Amerika nicht hilft", donnert Hoffman im CNN-Interview: "Ich würde mir wünschen, dass Vizepräsident Harris sie ersetzen würde. Kartellrecht ist in Ordnung... Krieg zu führen ist es nicht." Khan hat sich einen guten Ruf als scharfe Kartellwächterin erworben, weil sie marktbeherrschenden Unternehmen - von Big Oil bis Big Tech - die Stirn geboten hat.

Sanders ist sauer

Der Versuch Hoffmans, über Spenden Personalpolitik zu betreiben, um eine nachsichtige Kartellpolitik zu erzwingen, sorgt in Amerika für einigen Unmut. Das linke Demokraten-Urgestein Bernie Sanders schimpft über "die Arroganz von Mr. Hoffman" und lobt Khan als eine der besten von Biden ernannten Spitzenbeamten und besten FTC-Vorsitzenden seit "sehr, sehr langer Zeit". "Milliardäre sollten den Kandidaten nicht vorschreiben, wen sie zu behalten haben oder nicht", kritisiert der Senator aus Vermont. "Das beunruhigt mich, weil Lina Khan einen großartigen Job macht, und ich hoffe und erwarte, dass die Vizepräsidentin, wenn sie gewinnt, sie behält."

Auch ein zweites politisches Schwergewicht der Demokraten, die Senatorin von Massachusetts, Elizabeth Warren, wirft sich für Khan ins Zeug und betont, dass Khan "ausgezeichnete Arbeit" leiste und "natürlich ihre Arbeit fortsetzen sollte, um die Kosten zu senken, die Arbeitnehmer zu schützen und die Unternehmer zu unterstützen." Auch einige Republikaner verteidigen Khan, weil sie marktwirtschaftlichen Wettbewerb verteidige. So meint Trumps Vize JD Vance, Khan sei "eine der wenigen Personen in der Biden-Administration, die meiner Meinung nach einen ziemlich guten Job machen".

Für Harris ist die Debatte heikel, könnte sie doch als käuflich wirken. Sie lässt daher verbreiten, dass es derzeit "keine politischen Diskussionen" über die Nachfolge von Khan gebe. Die Öffentlichkeit schaut nun aber genau hin, wie groß die Macht von Microsoft und Hoffman tatsächlich ist. So prüft die FTC derzeit die Microsoft-Geschäfte mit dem KI-Startup-Unternehmen Inflection ebenso wie die 69 Milliarden Dollar teure Übernahme des "Call of Duty"-Videospielherstellers Activision Blizzard durch Microsoft.

Mehr zum Thema

Hoffman ist für Harris schon vor einigen Wochen zu einem unglücklich agierenden Unterstützer geworden. Der LinkedIn-Mitbegründer geriet nach dem Attentat auf Donald Trump in die Kritik, weil er den ehemaligen Präsidenten gerne als "echten Märtyrer" gesehen hätte. Der demokratische Supersponsor war auf der Sun Valley Conference mit dem Trump-Unterstützer Peter Thiel in Streit geraten. Thiel dankte Hoffman ironisch dafür, dass er Geld in Klagen gegen Trump gesteckt und ihn damit zum Märtyrer gemacht habe. Hoffmann antwortete missverständlich: "Ja, ich wünschte, ich hätte ihn zu einem echten Märtyrer gemacht." Hernach entschuldige sich Hoffman für den Spruch: "Natürlich habe ich nichts von körperlichen Schäden oder Gewalt gesagt, die ich kategorisch verurteile. Ich bedauere es sehr, das Wort Märtyrer ausgesprochen zu haben. Das war ein Fehler."

Für Harris ist Hoffman also einerseits ein spendabler, wichtiger Unterstützer und Meinungsmultiplikator, denn sein Linkedin-Konzern ist das derzeit erfolgreichste Business-Netzwerk der Welt (16 Milliarden Jahresumsatz, 18.000 Mitarbeiter, 850 Millionen Mitglieder weltweit). Andererseits bringt er Harris ungeschickten politischen Kommentaren in Bedrängnis. Vor allem aber mit einer unbotmäßigen Forderung, die nach Bestechung riecht.

Adblock test (Why?)

Gesamten Artikel lesen

© Varient 2024. All rights are reserved