Bernard Arnault ist der wichtigste Luxus-Unternehmer der Welt, mit Marken wie Louis Vuitton, Dior und Tiffany. Nun kauft er Frankreichs berühmtestes Magazin und sammelt Medien ein. Zugleich starten seine Kinder im Konzern durch - eine europäische Marken-Medien-Dynastie entsteht.
Sein Vermögen beträgt rund 230 Milliarden Dollar. Der Franzose wetteifert mit Elon Musk um die Position des reichsten Menschen der Welt. Je nachdem, wie gerade die Aktien von Tesla und LVMH (Louis Vuitton Moët Hennessy) schwanken, liegt mal der eine, mal der andere vorne. Reichster Europäer ist Arnault auf jeden Fall. Zu seinem Luxusgüterkonzern LVMH (rund 200.000 Mitarbeiter) gehören inzwischen gut 70 Edelmarken von Louis Vuitton, Dior und Tiffany bis zum Champagner von Moët und Veuve Clicquot.
Nun ist Arnault 75 Jahre alt geworden und stellt neue Weichen. So kauft er für 120 Millionen Euro überraschend Frankreichs größte Illustrierte "Paris Match". Die Zeitschrift ist eine Ikone der französischen Medienwelt, seit 75 Jahren ein Vorreiter des Fotojournalismus. Jede Woche wird das Magazin immer noch 440.000 Mal verkauft. "Paris Match" ist berühmt für seine illustren Einblicke hinter die Kulissen der Schönen und Reichen, ein reich bebilderter Boulevard, immer aber auch mit politischen Schlagzeilen und Enthüllungen bis hin zu dramatischer Kriegsberichterstattung.
Ein schillerndes Puzzleteil fürs Imperium
Die erste "Paris Match" erschien am 25. März 1949 mit Winston Churchill auf dem Titelblatt. 2006 wurde der Chefredakteur entlassen, nachdem auf der Titelseite ein Foto von Cécilia Sarkozy mit ihrem zwischenzeitlichen Geliebten erschienen war. Vor zwei Jahren quittierte der Chefredakteur seinen Dienst, weil der Verleger an ihm vorbei eine Titelgeschichte über den afrikanischen Kardinal Robert Sarah durchsetzte, der Europa vor Masseneinwanderung und Islamismus aus Afrika warnte.
Arnault will aus "Paris Match" nun eine Marke seines Luxusartikelkonzerns machen - und die Luxusmarken des Konzerns medial und inszenatorisch flankieren. Zugleich erweitert Arnault damit seine publizistische Macht. Denn ihm gehören bereits die Mediengruppe Les Échos-Le Parisien mit der Finanzzeitung "Les Echos", dem Wochenmagazin "Investir" und der Tageszeitung "Le Parisien", dazu der Hörfunkkanal "Radio Classique" und die deutsche Filmproduktions- und Verwertungsgesellschaft EuroArts Music International.
Revolte gegen das Schweige-Gebot
Während Arnault sein Medienimperium also ausbaut, hadert er mit Kritik aus den eigenen Reihen und duldet keine Indiskretionen. Beschäftigte von LVMH - auch die Journalisten - haben neuerdings ein "absolutes Sprechverbot" mit kritischen Medien wie "La Lettre" oder dem Satireblatt "Le Canard Enchaîné". Wer mit deren Journalisten-Kollegen auch nur spricht, riskiert die Entlassung. Gegen diesen Maulkorberlass und die Repressions-Stimmung im Hause Arnault laufen nun Frankreichs Journalistengewerkschaften Sturm. In einem offenen Brief erinnern sie Arnault daran, dass die "Aufgabe der Presse" nicht darin bestehe, "die offizielle Kommunikation von Unternehmen und Institutionen weiterzugeben", sondern zu informieren.
"Die Loyalitätspflicht, an die sie gebunden sind, kann es ihrem Arbeitgeber nicht erlauben, sie ihrer Grundrechte zu berauben (...)", wettern sie. Der Brief wurde von Journalisten vieler großer französischer Zeitungen, darunter "Le Monde", "Le Figaro" und AFP, sowie von den Nachrichtensendern France Télévision, BFM-TV und France 24 unterzeichnet. Auch einige Mitarbeiter der Arnault-Zeitungen "Les Echos" und "Le Parisien" haben mitgemacht. Es wirkt wie eine publizistische Revolte gegen den Medienmilliardär.
Der Milliardär an Macrons Seite
Die Kritik an Arnault hat auch eine politische Seite. Denn der Milliardär ist engagierter Liberalkonservativer und Freund von Präsident Emmanuel Macron. Arnault unterstützt Macron in Wahlkämpfen nicht nur mit Spenden, sondern auch mit Taten und Worten. Er tritt zugleich vehement gegen die Rechtspopulistin Marine Le Pen auf. Seit Jahren warnt er, dass Le Pens Programm Frankreichs Unternehmen "mit Blei besohlen" würde. "Alles in ihrem Programm verströmt Furcht und Schwäche", ätzt Arnault. Von "Quarantäne" und "Ruin" schimpft er über Le Pens Anti-Euro-Pläne, von "Protektionismus, der vor nichts schützt". Deren Rassemblement National wolle die Wirtschaft "nach unten einebnen". Kurzum: Arnault ist Macrons Bruder im Geiste.
Die Arnaults und die Macrons tragen ihre Freundschaft auch öffentlich zur Schau. Macron hat Arnault vor Kurzem den höchsten Verdienstorden Frankreichs verliehen (Grand-Croix de la Legion d’Honneur). Auf der Gala waren Stargäste geladen wie Beyoncé, die Hip-Hop-Legende Jay-Z, Königin Rania von Jordanien und Tech-Milliardär Elon Musk. Brigitte Macron wiederum tritt regelmäßig auf den Modeschauen der Arnault-Gruppe auf und macht mit ihren eigenen Kleidern, bevorzugt Dior, implizit Werbung für die französischen Luxusmarken. Brigitte Macron war zudem nicht nur die Französisch-Lehrerin ihres Mannes, sondern auch der jüngeren Arnault-Söhne Frédéric und Jean.
Der Nachwuchs übernimmt - schrittweise
Die Arnault-Söhne werden derzeit immer sichtbarer an die Schaltstellen des Konzerns berufen. Die Vorstandsberufung von Alexandre, 31, und Frédéric, 29, soll den Konzern als Wirtschafts-Dynastie absichern. Arnault und seine Familie besitzen rund 48 Prozent der LVMH-Aktien und fast 64 Prozent der Stimmrechte. Alle fünf Kinder von Arnault arbeiten mittlerweile im Konzern. Delphine, 48, ist Chief Executive Officer von Christian Dior Couture, dem zweitgrößten Modelabel der Gruppe nach Louis Vuitton. Antoine Arnault, 46, ist für das Image und die Kommunikation von LVMH verantwortlich und ist Vorsitzender des zum Unternehmen gehörenden Kaschmir-Spezialisten Loro Piana. Sowohl Delphine als auch Antoine wurden vor ihrem 30. Lebensjahr Board-Mitglieder.
Die drei jüngsten Söhne des milliardenschweren Firmengründers stammen aus seiner zweiten Ehe mit der kanadischen Konzertpianistin Helene Mercier. Alexandre war in den letzten drei Jahren bei Tiffany & Co. verantwortlich. Derweil leitet Frédéric die Uhrenabteilung des Konzerns, zu der Marken wie Hublot, Tag Heuer und Zenith gehören. Jean, 25, ist für die Entwicklung der Uhrenkategorie von Louis Vuitton zuständig.
Alexandre ist neuerdings auch im Verwaltungsrat von Birkenstock. 2021 kaufte eine LVMH-Beteiligungsgesellschaft das deutsche Traditionsunternehmen. Angeblich haben die Kinder den Birkenstock-Kauf forciert und ihren Vater dazu überredet.
Der "New York Times" sagte Arnault, er wolle nicht, dass seine Kinder auf große Partys gingen, stattdessen lasse er sie arbeiten. Jeden Monat würden sich Arnaults fünf Kinder mit ihm zum Mittagessen in der obersten Etage des LVMH-Hauptquartiers treffen, wo sie anderthalb Stunden lang das Geschäft bis ins kleinste Detail besprechen - nun auch die Medienthemen. Jean Arnault, der jüngste Sohn Bernard Arnaults, sagte der Zeitung: "Lassen Sie sich nicht täuschen, wir besprechen die Dinge zwar, aber am Ende ist er es, der entscheidet."