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Person der Woche: Howard Lutnick: Vor diesem Mann muss Deutschland zittern



Donald Trump beruft einen Handelsminster, der den Welthandel erschüttern will. Der Wall-Street-Milliardär gilt als scharfer China-Kritiker. Auch gegen Europa und "Abzocker" wie Deutschland will er mit Zöllen hart durchgreifen. Seine Lebensgeschichte ist dramatisch.

In der neuen amerikanischen Regierung werden mindestens sechs Milliardäre sitzen. Neben Donald Trump (Vermögen nach Forbes-Schätzung derzeit 5,6 Milliarden Dollar) wird der reichste Mann der Welt Elon Musk (mehr als 300 Milliarden Dollar schwer) ebenso dabei sein wie der neue Innenminister Doug Borgum (rund eine Milliarde). Hinzukommen die neue Erziehungsministern Linda McMahon (etwa 2,5 Milliarden), Vivek Ramaswamy (eine Milliarde) und ein Mann, dessen Namen man sich in Deutschland besonders merken sollte: Howard Lutnick. Er wird neuer Handelsminister der USA. Bloomberg beziffert sein Vermögen auf 1,5 Milliarden Dollar. Alle Vorschläge müssen noch vom republikanisch dominierten Senat bestätigt werden.

In Deutschland kaum bekannt, ist Lutnick den Amerikanern seit dem 11. September ein Begriff. In Deutschland kaum bekannt, ist Lutnick den Amerikanern seit dem 11. September ein Begriff.

In Deutschland kaum bekannt, ist Lutnick den Amerikanern seit dem 11. September ein Begriff.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Lutnick ist 63 Jahre alter New Yorker, ein Wall Street-Schwergewicht und Großspender für jüdische und israelische Anliegen. Der passionierte Tennisspieler lässt Freunde schon mal zu einem Jachtcruise an die Cote d’Ázur oder einen Maskenball ins Cliveden House nach England einfliegen. Der langjährige Freund von Donald Trump war zwischenzeitlich als neuer US-Botschafters in Israel im Gespräch, doch nun bekommt er wesentlich mehr Macht. 

Er ist designierter US-Handelsminister und zugleich Co-Chef von Trumps Übergangsteam, das die Amtsübernahme des Republikaners ab 20. Januar vorbereitet. Er gilt als einer der engsten Vertrauten Trumps, auch weil Lutnick mit dessen Tochter Ivanka und Schwiegersohn Jared Kushner befreundet ist.

Zurück ins 19. Jahrhundert

Lutnick sagte kürzlich in der Sendung "Fox and Friends", er spreche "jeden Tag" mit Trump. In den letzten Monaten hatte sich Lutnick als Trumps Spendensammler und Stimmungsmacher engagiert. Bei Einladungen in New York und in seinem Haus in den Hamptons sammelte er nicht nur zweistellige Millionensummen für den Trump-Wahlkampf ein. Er trat - wie Elon Musk - plötzlich als Wahlkämpfer in Aktion.

Trump "wird das beste Team aufbauen, das jemals in die Regierung gekommen ist", tönte Lutnick vor einer wahlkämpferisch-euphorisierten Menge im Madison Square Garden. Und diese Regierung werde den Welthandel neu definieren. Auf der Bühne des Madison Square Garden erklärte Lutnick, was seiner Meinung nach "Make America great again" bedeutet - und wann die USA groß genug waren: Im Jahr 1900. "Um die Jahrhundertwende war unsere Wirtschaft in Schwung", behauptete er. "Wir hatten keine Einkommenssteuer, und alles, was wir hatten, waren Zölle. Als die Steuern stiegen und die Zölle fielen, habe eine Generation von US-Politikern nach der anderen zugelassen, dass "der Rest der Welt unser Mittagessen isst", so Lutnick.

China im Visier

Trump und Lutnick wollen die Spielregeln des Welthandels zugunsten der USA neu definieren. Man werde ausländische Konzerne zwingen, Produktionen in die USA zu verlagern, die Zölle massiv ausweiten und erhöhen. In erster Linie soll die neue Politik China treffen. Lutnick gilt als vehementer China-Kritiker, obwohl seine eigene Firma durchaus erfolgreiche China-Geschäfte betreibt.

Lutnick will alle Importe in die Vereinigten Staaten mit Zöllen in Höhe von mindestens zehn Prozent belegen. Für chinesische Produkte soll der Zoll sogar 60 Prozent oder mehr betragen. Er begründet dies gegenüber dem Sender CNBC mit dem Schutz US-amerikanischer Arbeiter.

Lutnick wirft China allerlei unlautere Geschäftsmethoden vor, sogar mit Hilfe des Schmerzmittels Fentanyl, "Amerika von innen heraus" anzugreifen. In den USA sterben jährlich etwa 75.000 Menschen an einer Fentanyl-Überdosis. Mit vor allem in China hergestellten chemischen Substanzen wird das Opioid häufig in Mexiko produziert und von dort in die USA geschmuggelt.

Deutsche Exportwirtschaft muss sich sorgen

Doch auch Europa und insbesondere Deutschland werden sich mit dem neuen Handelsminister auf unangenehme Zeiten einstellen müssen. Lutnick und Trump wollen alle Länder ins Visier nehmen, die "uns seit Jahren abzocken". Deutschland profitiere seit Jahrzehnten vom Sicherheitsschirm der USA und verkaufe in Amerika massenhaft Maschinen und Autos zu Vorzugskonditionen. Im Umfeld der deutschen Autohersteller keimt bereits Sorge, dass das wichtige Exportgeschäft in die USA fortan schwer belastet werde. 

Da das Chinageschäft der deutschen Autobauer deutlich schwächelt, sind die USA in den vergangenen Monaten zu einem Hoffnungsmarkt geworden. Insgesamt verkauften die Deutschen 2023 gut 400.000 Autos in die USA - das war ein Plus von 11 Prozent.

Überhaupt sind die USA zum größten Abnehmer von deutschen Exporten geworden. Zusammengerechnet war das Außenhandelsvolumen mit China in Höhe von 60 Milliarden Euro von Januar bis März geringer als das Handelsvolumen mit den Vereinigten Staaten, das sich auf 63,2 Milliarden Euro summierte. Doch nun kommen mit Trump und Lutnick auch dort neue Probleme auf die deutsche Exportwirtschaft zu.

Belegschaft am 11. September verloren

Während in Deutschland kaum jemand den Namen Lutnick je gehört hätte, ist das in den USA anders. Denn Howard Lutnick hat einige Bekanntheit erreicht, weil er als Wall-Street-Tycoon unmittelbar nach den Terrorattacken vom 11. September 2001 im nationalen Fernsehen öffentlich weinte. Damals war Lutnick bereits CEO von Cantor Fitzgerald, einem Börsenmakler mit Sitz im Nordturm des World Trade Centers. Die Mehrzahl seiner Mitarbeiter arbeiteten in den Stockwerken 101 bis 105 - und 658 davon starben bei den Attacken. Auch sein Bruder Gary. Kaum ein anderes Unternehmen war derart hart getroffen und verlor einen so großen Teil der Gesamtbelegschaft.

Lutnick selbst überlebte nur durch Zufall, weil er seinen Sohn an diesem Tag zum ersten Mal in den Kindergarten brachte, bevor er zur Arbeit ging. Die dramatische Geschichte Lutnicks wurde medial weit bekannt. Lutnick berichtete später die Abläufe so: "Nach dem Verlust von 658 Mitarbeitern hatten wir Sekretärinnen ohne Chefs, Abteilungen von 86 Leuten auf vier reduziert und die einzige Möglichkeit, mit den Überlebenden zu kommunizieren, waren die Nachrichtenmedien. Ich habe unseren Mitarbeitern gesagt, dass wir zwei Möglichkeiten haben - wir können die Firma schließen und an den Beerdigungen unserer Freunde teilnehmen - und es ist unmöglich, 35 Tage lang täglich 20 Beerdigungen zu berücksichtigen... wir konnten nicht einmal an den Beerdigungen von Freunden teilnehmen - oder wir können das Unternehmen wieder aufbauen."

Beliebt für seine Loyalität

Lutnick kämpfte damals verzweifelt ums Überleben seiner Firma: "So haben wir die Leute wie am Fließband angeworben. 'Können Sie am Montag anfangen?' Sie waren traurig und sagten 'Ja'." Das andere Gebot war: "Sie werden 25 Prozent weniger verdienen müssen, weil wir 25  Prozent von allem an die Familien abgeben werden. Wenn ihr für 200.000 Dollar eingestellt werdet, bekommt ihr 150.000 Dollar für fünf Jahre. Am Ende des Tages muss es Gewinne geben... Wir haben am Ende des ersten Quartals damit begonnen, Geld an die Familien zu schicken! Wir hatten keinen Plan, es war alles ein gebrochenes Herz. Trotzdem haben wir am 13. September wiedereröffnet und bekamen große Unterstützung von unseren Kunden."

Lutnick rettete sein Unternehmen und führte es zu neuen Erfolgen: "Zu unserem zehnten Jahrestag haben wir den Familien 180 Millionen Dollar überwiesen. Wir haben auch 10 Jahre lang ihre medizinische Versorgung bezahlt... damit sich die Mütter keine Sorgen um ihre Kinder machen müssen... Seitdem geht jedes Jahr der gesamte Umsatz, der am 11. September eingeht, an wohltätige Zwecke. Letztes Jahr haben wir so 12 Millionen Dollar gesammelt und an 150 verschiedene Wohltätigkeitsorganisationen gespendet."

Lutnick ist mit dieser Geschichte berühmt und beliebt geworden. Er hat aber auch klare Feindbilder daraus entwickelt. Den modernen Islamismus will er aktiv bekämpfen. "Wir müssen Donald J. Trump zum Präsidenten wählen, weil wir den Dschihad vernichten müssen", rief er unter dem Jubel der Anwesenden im Madison Square Garden. Der Mann hat nicht nur einen ausgeprägten finanziellen Geschäftssinn, er hat auch starke politische Meinungen.

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