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Paris sagt Schlüsselboxen für Airbnb & Co. den Kampf an



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Stand: 01.03.2025 15:24 Uhr

Wer als Tourist in Paris nicht im Hotel, sondern in einer Wohnung unterkommen möchte, sucht eine Unterkunft per Vermietungsplattform. Doch das macht Probleme auf dem Mietmarkt. Die Stadtverwaltung greift durch.

Von Verena Bünten, ARD-Studio Paris

Auf der malerischen Ile-Saint-Louis im Herzen von Paris erklingt der Sound der Flex. Nach einigen Minuten haben die Männer mit den Schutzanzügen ein kleines Kästchen vom Fahrradständer abgetrennt: Es ist eine Schlüsselbox, über die Touristen mit einem Code den Schlüssel zu einer privat vermieteten Ferienwohnung bekommen.

Stadtpolizistin Dominique Pellion sucht genau diese diskreten Boxen auf ihren Streifgängen durch die Straßen der französischen Hauptstadt. Oft hängen sie knapp über dem Boden an Geländern oder Fahrradständern. "Die sind wirklich gut versteckt. Man muss sie umdrehen, um zu erkennen, dass das eine Schlüsselbox ist", sagt Pellion. Wenn sie eine Box findet, klebt sie einen Aufkleber mit einer Vorwarnung drauf. Nach einer Frist von 15 Tagen kommt dann das städtische Flex-Kommando - adieu boite à clès, tschüss Schlüsselbox.

Viele private Ferienwohnungen in Paris sind illegal

Mit dem Verbot der Schlüsselboxen im öffentlichen Raum greift die Stadt Paris gegen Airbnb & Co. durch. Geschätzt 25.000 private Ferienwohnungen werden in Paris angeboten - oft illegal. Das verschärft die Wohnungsnot, sagt Barbara Gomes von der Stadtverwaltung. Sie setzt auf verschärfte Regeln: "Unsere Botschaft ist, dass Paris kein Gratis-Hausmeisterservice unter freiem Himmel ist im Dienste der touristischen Vermietungsplattformen. Wir wollen nicht, dass hier immer mehr Wohnungen den Parisern entzogen werden, nur damit Miet-Spekulation betrieben werden kann."

Wohnen auf Zeit ist ein gutes Geschäft und bringt oft mehr ein als reguläre Vermietung. Seit Januar setzt ein neuer Maßnahmenkatalog engere Grenzen: Im Großraum Paris dürfen Vermieter ihren Hauptwohnsitz nur noch 90 Tage im Jahr für Touristen anbieten. Es gibt höhere Steuern, eine Anmeldepflicht bei der Stadt und Strafen bis zu 100.000 Euro bei illegaler Vermietung von Wohnraum.

Hoteliers klagen gegen private Ferienappartements - mit Erfolg

In ganz Frankreich trifft Airbnb zunehmend auf Widerstand. Die Zahl der über Plattformen vermieteten Wohnungen hat sich in acht Jahren vervierfacht - von 300.000 auf 1,2 Millionen Wohnungen. Ein Zusammenschluss von Hoteliers klagte wegen unfairen Wettbewerbs. Jetzt können die Kommunen in jeder größeren Stadt leichter Einschränkungen verhängen.

Es ist der Versuch, die Kurzzeitvermietung einzudämmen. Sie wirklich zu kontrollieren, bleibt schwer. Airbnb bedauert die neuen Auflagen. Das werde Mietern nicht helfen, aber negative Auswirkungen auf die Kaufkraft und die örtliche Wirtschaft haben, warnt Clément Eulry, Airbnb-Chef in Frankreich.

Agenturen bieten Services für Airbnb-Vermieter an

In guter Pariser Lage bereitet Gary Salinie eine Airbnb-Unterkunft für neue Gäste vor. Hohe Decken, goldene Spiegel, weißer Marmor in der Küche - stolze 500 Euro pro Nacht kostet diese Wohnung für acht Personen. Salinie zieht die schweren Vorhänge auf und legt Handtücher aus. Er arbeitet für eine Hausmeisteragentur. Eigentümer beauftragen ihn mit der Organisation der Kurzzeitmiete, wenn sie im Urlaub sind.

Die neuen Regeln verunsichern seine Kunden, sagt Salinie. Einige überlegen, aus dem Geschäft auszusteigen. Er hat selbst lange nach einer Mietwohnung gesucht. Die neuen Maßnahmen aber helfen weder den Touristen, noch gegen die Wohnungsnot, glaubt er: "Die meisten Airbnb-Wohnungen werden nur dann vermietet, wenn der Besitzer nicht da ist. Das hier ist ein Hauptwohnsitz, der kann gar nicht dauerhaft an andere vermietet werden."

Leben wie echte Pariser

Vor der Kathedrale von Notre-Dame stehen die Touristen Schlange. Wenn die Anzahl der angebotenen Privatwohnungen zurückgeht, könnte das die Preise für Übernachtungen in die Höhe treiben. Eine Besucherin aus Boston bringt das Dilemma auf den Punkt: "Ich bin dafür, den Mietmarkt hier zu schützen. Aber ich miete trotzdem gerne eine Privatwohnung." Der Interessenkonflikt bleibt: Die Pariser suchen Wohnraum in ihrer Stadt. Und die Touristen wollen wohnen wie die Pariser.

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