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Öl- und Gasexporte: Wie Trumps Pläne auf den Energiemarkt wirken



analyse

Stand: 22.01.2025 09:22 Uhr

US-Präsident Trump will die Öl- und Gasproduktion massiv ausweiten. Das wird die Energiepreise auf dem Weltmarkt tendenziell dämpfen - und Deutschlands Abhängigkeit verschärfen.

Detlev Landmesser

Sie sind nur ein Aspekt in der Flut von Dekreten, die der neue US-Präsident Donald Trump am ersten Tag im Amt unterzeichnet hat - aber auch die Erlasse und Ankündigungen, die die Energiepolitik betreffen, lassen es nicht an Dramatik fehlen.

Am drastischsten klingt die Ausrufung eines "nationalen Energienotstandes", die zum Ziel hat, die Öl- und Gasförderung der Vereinigten Staaten massiv auszuweiten. Dazu kommt der abermalige Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen, der den USA mittelfristig mehr Freiraum beim Verbrauch fossiler Energien verschafft.

Mit diesen Beschlüssen adressiert Trump zwei Grundpfeiler seiner wirtschaftspolitischen Agenda: Höhere Öl- und Gasexporte in die ganze Welt sollen das chronische Handelsbilanzdefizit schließen helfen, und mehr Angebot im Inland soll die hartnäckige Inflation senken, die vielen Amerikanern zu schaffen macht.

Erschließung fossiler Rohstoffe soll beschleunigt werden

Der "nationale Energienotstand" bedeutet vor allem, dass Genehmigungen für Explorationsprojekte oder den Bau von Pipelines schneller erteilt werden können. Dazu kommt die Aufhebung von Schutzgebieten insbesondere in Alaska, um die Förderung von Öl und Gas, aber auch Uran, Kohle und kritischer Rohstoffe zu steigern. "Wir werden wieder eine reiche Nation sein, und es ist das flüssige Gold unter unseren Füßen, das uns dabei helfen wird", sagte Trump in seiner Antrittsrede. Schon im Wahlkampf hatte er die geforderte Ausweitung der Öl- und Gasförderung unter das Motto "Drill, baby, drill" gestellt.

Aber wie häufig lassen sich die dramatischen Ankündigungen nicht in konkrete Zahlen fassen. Tatsächlich dürften die unmittelbaren Effekte vorerst überschaubar bleiben. Experten verweisen auf die Dauer von Erschließungsprojekten und darauf, dass die Öl- und Gasproduktion überwiegend in der Hand privater Unternehmen liegen. Und diese blicken vor allem auf die erwarteten Energiepreise, ehe sie ins Risiko gehen. "Bisher gibt es keine klaren Anzeichen für geänderte Investitionen oder zusätzliche Bohrungen aufgrund des Wahlergebnisses", kommentiert etwa Mark Haefele vom Global Wealth Management der UBS.

Auch unter Trumps Vorgänger Joe Biden waren die USA bereits der weltgrößte Produzent von Öl und Gas. Der Demokrat hatte sich sogar mit Rekordzahlen bei der Förderung geschmückt - und wehrte sich gegen die Darstellung, seine Regierung bremse die heimische Produktion durch Verbote. Er verwies dabei auf Tausende Genehmigungen, die von der Industrie nicht genutzt würden.

Trump wird Erneuerbare Energien "nicht aufhalten"

Trotz der Abneigung Trumps gegen Erneuerbare Energien erwarten Experten zudem keine tiefgreifende Korrektur im nationalen Energiemix. In einem Dekret verfügte der Republikaner zwar, dass Genehmigungen für neue Windparks überprüft werden.

Doch werde er das im Inflation Reduction Act der Biden-Regierung enthaltene Investitionsprogramm für den Ausbau grüner Energien beibehalten: "Zu viele der angepeilten 368 Milliarden Dollar Investitionen sollen in republikanisch regierte Staaten fließen. Es gibt Schätzungen, dass es bereits mehr als 300.000 neue Arbeitsplätze dadurch gibt", sagt Christoph Bals, politischer Geschäftsführer der Umweltorganisation Germanwatch. Trumps Regierung werde die "Dynamik der Energierevolution" wohl abbremsen, aber nicht aufhalten.

Dämpfender Effekt auf Energiepreise

Von dieser Seite ist also kaum zusätzliche Nachfrage für fossile Energien zu erwarten, was somit den Plänen einer Exportausweitung nicht entgegen steht. Insgesamt dürfte Trumps Energiepolitik also auf jeden Fall längerfristig dämpfend auf die internationalen Öl- und Gaspreise wirken.

Gerade auf dem weltweiten Gasmarkt wäre das zusätzliche Angebot durchaus willkommen, wie der aktuelle Gasmarktbericht der Internationalen Energieagentur (IEA) belegt. Da die Nachfrage weiter steige und das Angebot langsamer wachse als vor der Corona-Pandemie und der jüngsten Energiekrise, blieben die weltweiten Erdgasmärkte auch 2025 angespannt, so die IEA.

Schnell wachsende Märkte in Asien hätten die weltweite Gasnachfrage im vergangenen Jahr um 2,8 Prozent auf einen neuen Höchststand von 115 Milliarden Kubikmeter steigen lassen. Gleichzeitig sorgte das unterdurchschnittliche Wachstum der Flüssiggasproduktion (LNG) für ein knappes Angebot, erläuterte die in Paris ansässige Agentur.

Druckmittel LNG?

Das kommt Trumps Plänen entgegen, der am Montag ebenfalls den Genehmigungsstopp der Biden-Regierung für neue LNG-Exportterminals aufhob. Damit könnten sich die Exportkapazitäten der USA nach Expertenschätzungen in den kommenden fünf Jahren verdoppeln.

Auch Europa wird das zusätzliche US-Gas angesichts der Abkehr von Russland dankbar annehmen. In diese Richtung gehen bereits Äußerungen der EU-Kommission. Diese könnte mit höheren Importzusagen in die anstehenden Handelsgespräche gehen, um damit die drohenden US-Zölle abzuwenden.

Tankschiff "Artic Voyager" am LNG Terminal Rotterdam

Was ist LNG?

LNG (Liquefied Natural Gas) ist die Bezeichnung für Flüssigerdgas. Um LNG zu erhalten, wird Erdgas von Schwefel, Stickstoff und Kohlendioxid gereinigt und auf Temperaturen von bis zu minus 162°C abgekühlt. Dadurch wird der es verflüssigt. Dieser Prozess verringert das Volumen um das 600-Fache, wodurch sehr große Mengen des verflüssigten Energieträgers gelagert und transportiert werden können. LNG ist farb- und geruchlos sowie nicht toxisch. Es kann überall dort verwendet werden, wo auch normales Erdgas eingesetzt wird. Dafür wird es wieder in einen gasförmigen Zustand gebracht.

Solche Überlegungen sorgen aber in Deutschland für Unbehagen. So verwies Wirtschaftsminister Robert Habeck darauf, dass an den deutschen LNG-Terminals bereits heute mehr als 80 Prozent des Brennstoffs aus den USA kommen.

Nachdem sich Deutschland gerade von russischem Gas unabhängig gemacht hat, droht Donald Trumps neue Energiepolitik das Land in eine neue Abhängigkeit zu drängen. Dem US-Präsidenten wäre ein weiteres Druckmittel jedenfalls hoch willkommen.

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