Die Bundesvorsitzenden der Grünen, Brantner und Banaszak, äußern sich mit klaren Worten zu den offenbar falschen Missbrauchsvorwürfen gegen den Berliner Bundestagsabgeordneten Gelbhaar. Sie kündigen konsequente Maßnahmen an, auch einen Parteiausschluss.
Die Vorsitzenden der Grünen haben auf die offenbar falschen Missbrauchsvorwürfe gegen den Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar reagiert. Auf eine Anfrage von ntv/RTL sagten die Bundesvorsitzenden Franziska Brantner und Felix Banaszak: "Der Verdacht, dass gegenüber der Presse eine falsche Erklärung gegen ein anderes Parteimitglied mit schweren Vorwürfen erhoben wurde, ist gravierend." Wer in einem solchen Verfahren falsche Aussagen an Eides statt tätige, "begeht im Zweifelsfall nicht nur eine Straftat, sondern fügt der gemeldeten Person, der Partei, aber auch den auf Vertrauen aufbauenden Strukturen und den anderen meldenden Personen erheblichen Schaden zu".
Sobald die Person, gegen die sich dieser schwere Verdacht richte, namentlich bekannt werde und der schwerwiegende Verdacht nicht unverzüglich ausgeräumt werden könne, werde man ein Parteiausschlussverfahren einleiten, heißt es weiter. "Bis zur Entscheidung des Parteischiedsgerichts wird diese Person von der Ausübung aller Mitgliedschaftsrechte ausgeschlossen."
Die Missbrauchsvorwürfe, die eine Grünen-Politikerin gegen Gelbhaar erhoben hat, sind offenbar haltlos. Die Frau, die sich dem RBB gegenüber als Anna K. ausgab und den Missbrauch durch Gelbhaar mit einer eidesstattlichen Versicherung untermauerte, existiert laut Recherchen des "Tagesspiegels" gar nicht. Am Freitag zog der RBB Teile seiner Berichterstattung dazu zurück.
Auch die Spitze der Berliner Grünen forderte, etwaige Falschaussagen im Zusammenhang mit Belästigungsvorwürfen gegen Gelbhaar konsequent zu ahnden. "Eine falsche eidesstattliche Erklärung abzugeben ist eine Straftat", erklärten die Landesvorsitzenden Nina Stahr und Philmon Ghirmai auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Auch parteirechtlich könnte es Folgen geben: "Wenn sich der Vorwurf bewahrheitet und klar ist, wer die betroffene Person ist, werden wir auch parteirechtliche Schritte einleiten."
"Die Berichterstattung, dass es Falscherklärungen gegenüber der Presse gegen Parteimitglieder gegeben haben könnte, schockieren uns", teilte der Kreisverband Berlin-Pankow der Grünen mit. Er forderte ebenfalls parteirechtliche und gegebenenfalls strafrechtliche Konsequenzen, sollte sich der Verdacht als wahr herausstellen. "Ein solches Verhalten schädigt die Partei, mögliche Betroffene, gemeldete Personen und das Vertrauen in innerparteiliche Prozesse." Vom RBB erwartet der Kreisverband eine umfassende Aufarbeitung der Vorgänge innerhalb der Berichterstattung.
Wer verbirgt sich hinter Anne K.?
Dem "Tagesspiegel" liegen Unterlagen mit der angeblichen Adresse von Anne K. vor. Dort war die Frau aber weder behördlich gemeldet noch anzutreffen. "Langjährige Anwohner berichteten, den Namen noch nie gehört zu haben", so die Zeitung.
Zudem stünde "zweifelsfrei fest", dass es sich bei Anne K. um eine grüne Bezirkspolitikerin handele, so der RBB. Die Beschuldigte bestreite diesen Vorwurf. Sie will nur den Kontakt zwischen Fernsehsender und betreffender Frau hergestellt haben. "Allerdings konnte sie keine Belege erbringen, die zeigen könnten, dass eine Anne K. überhaupt existiert", so der Sender, der daraufhin gegen die Lokalpolitikerin Anzeige erstattete. "Dass der RBB strafrechtliche Schritte eingeleitet hat, halten wir für richtig", so Brantner und Banaszak.
Die Ombudsstelle in der Grünen-Parteizentrale hält derweil weiter an dem Verfahren gegen Gelbhaar fest - auch wenn der RBB Hinweise darauf hat, dass einige der "dort eingegangenen uns bekannten anonymen Meldungen ebenfalls von der Person stammen könnten", die sich als Anne K. ausgab.
Ist Gelbhaars Karriere als Politiker vorbei?
Gelbhaar selbst bezeichnete die Vorwürfe gegen ihn stets als "frei erfunden". Dennoch kommen die entlastenden Berichte für den langjährigen Bundestagsabgeordneten zu spät. Er verzichtete auf die Kandidatur um einen Platz auf der Landesliste der Grünen zur bevorstehenden Bundestagswahl, nachdem die Vorwürfe gegen ihn aufgekommen waren.
Und obwohl er bereits als Direktkandidat für den Berliner Bezirk Pankow gewählt worden war, musste er auch dieses Mandat abgeben: Die Pankower Grünen hielten eine Neuwahl ab, gegen die sich Gelbhaar sogar gerichtlich zu wehren versuchte. Jedoch ohne Erfolg.
Dazu teilte der Kreisverband mit: "Als Vorstand haben wir uns im Dezember auf Grundlage einer veränderten politischen Situation und nach einer Gesamtbetrachtung der damaligen Lage entschieden, den Mitgliedern eine neue Entscheidungsmöglichkeit zu geben." Eine juristische Bewertung der Situation sei dabei weder Aufgabe des Vorstandes noch Entscheidungsgrundlage gewesen. Ziel sei es gewesen, "in einer herausfordernden Situation die Handlungsfähigkeit des Kreisverbandes wieder herzustellen. Diese Entscheidung wurde am 8. Januar 2025 nach intensiven Debatten von den Mitgliedern getroffen." Der Kreisverband Pankow geht demnach weiter mit Julia Schneider in den Bundestagswahlkampf.