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Neuer Report: Aldi, Lidl und Co.: Wie nachhaltig sind die Discounter wirklich?



Rewe, Aldi und Co. werben mit lokalen und umweltfreundlichen Produkten und Eigenmarken. Doch halten die Discounter, was sie versprechen? Ein Report liefert Antworten.

Die Lebensmittelindustrie zählt zu den umweltschädlichsten der Welt: Für die Produktion von Nahrungsmitteln werden 40 Prozent der Landflächen und 70 Prozent des weltweit verfügbaren Süßwassers genutzt, hat die Welternährungsorganisation (FAO) ausgerechnet. Land- und Forstwirtschaft verursachen zusammen fast ein Viertel der weltweiten CO2-Emissionen – Transport, Verarbeitung, Lagerung, Zubereitung und Verluste nicht berücksichtigt.

Wer sich und dem Planeten etwas Gutes tun möchte, kauft daher regionale – oder noch besser – Bioprodukte aus Öko- und Unverpacktläden. Allerdings sind die Waren dort häufig teuer. Die Inflation hat die Lage zusätzlich verschärft: Lebensmittel kosten heute knapp 30 Prozent mehr als noch vor drei Jahren.Die zehn umstrittensten Lebensmittel der Welt 14:03

Ein nachhaltiger Lebensstil ist daher für viele Menschen keine Frage des Wollens, sondern des Geldbeutels. Wer sich die Preise der Ökobauern nicht leisten kann, kauft im Discounter. Aber die können kaum mit der Umweltfreundlichkeit der Ökomärkte mithalten, zeigt ein aktueller Report des Umweltbundesamtes (Uba).

Nachhaltigkeit wird von Lebensmittelindustrie diskutiert – aber kaum umgesetzt

Dafür ließ die Behörde die Nachhaltigkeitsstrategien der acht umsatzstärksten Lebensmittelhersteller Deutschlands abfragen. Ergebnis: Aldi, Lidl, Kaufland, Rewe, Penny, Netto und Edeka geben sich nach außen grüner und umweltfreundlicher, als sie in Wahrheit sind. Strategisch steht der Klimaschutz zwar bei den meisten Firmen ganz oben, wird aber kaum ausgelebt, heißt es im Bericht des Uba.

Grafik nachhaltige Disounter

Am stärksten achten die Läden demnach bei den Lieferketten darauf, dass Umweltstandards eingehalten werden. Das dürfte auf das Lieferkettengesetz zurückzuführen sein, das in Deutschland seit Anfang 2024 gilt. Vorbilder sind demnach die Supermärkte Lidl und Kaufland – Rewe und Aldi Nord sind Schlusslichter.

Die Standards an den Standorten, also in den einzelnen Filialen, fallen dagegen durchweg schlecht aus. Nachhaltigkeitsstrategien werden zwar in den Führungsebenen diskutiert, aber in den Märkten selbst so gut wie nicht umgesetzt. Lidl und Aldi Süd stehen vergleichsweise gut da, Edeka und Netto sind hier Negativbeispiele.

In Sachen nachhaltiger Konsum fällt die Bilanz ebenfalls durchwachsen bis schlecht aus: Das Uba lobt, dass sich alle Unternehmen in Umweltkampagnen engagieren. Unklar bleibt derweil, inwiefern diese die Kaufentscheidungen der Kunden beeinflussen. In einigen Filialen werden zudem Ökoprodukte prominent platziert, ansonsten gebe es jedoch keine Anreize. Insgesamt konnte aber keines der befragten Unternehmen eine Absatzstrategie vorweisen, um Konsumenten dazu zu bewegen, mehr umweltfreundliche Produkte zu kaufen. Aldi Süd, Lidl und Rewe stehen in dieser Kategorie an der Spitze. Bei Penny und Netto spielt nachhaltiger Konsum dagegen fast keine Rolle.Rewe eröffnet erste vegane Filiale13.56

Auch den Umgang mit der sozialen Verantwortung gegenüber Angestellten in den Filialen oder in den Lieferketten sowie die Maßnahmen beim Tierwohl bewertet die Behörde als mangelhaft. Einige Konzerne hätten sich zwar durch "proaktives Engagement" hervorgetan, "von einer wirkungsvollen Transformation hin zu einer tierwohlfreundlichen Tierhaltung ist die Branche aber noch weit entfernt", heißt es im Bericht.

Insgesamt kritisiert das Uba, dass sich die Läden nur im Rahmen der geltenden Gesetze, aber nicht darüber hinaus engagieren. Bereits im Vorjahr bemerkte die Behörde, dass die Lebensmittelhersteller die Nachhaltigkeitsziele weitestgehend verfehlt hätten, weil sie die ausgearbeiteten Strategien zum Tierwohl und Klimaschutz nicht umsetzen. Auch verglichen mit den Ergebnissen aus dem Jahr 2020 seien die Fortschritte gering.

Mehr Druck auf Rewe, Aldi und Co.

Die Motivation der Konzerne zum Klimaschutz ist offenbar gering. Auch das Uba stellt fest, dass es für den Lebensmittelhandel trotz seiner "großen Marktmacht nicht möglich ist, eine Transformation des Ernährungssystems aus sich heraus anzustoßen". Veränderungen, wie Umweltstandards in den Lieferketten, weniger Lebensmittelverschwendung und Nachhaltigkeitskampagnen seien auf Gesetze und Initiativen zurückzuführen – wie dem Pakt gegen Lebensmittelverschwendung oder die Sciene-Based-Targets Initiative. Von sich aus tun die Konzerne nicht mehr als nötig.

Das sei enttäuschend, denn gerade wegen ihrer Marktmacht hätten die Supermärkte gute Möglichkeiten, den Lebensmittelhandel zu ökologisieren. "Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Vorangehen eines Unternehmens von anderen nachgeahmt wird, ist durch den wachsenden öffentlichen Druck und die Wettbewerbssituation untereinander relativ groß", sagt der Präsident des Umweltbundesamtes, Dirk Messner.

Aber solange von den Unternehmen nichts kommt, ist wohl die Regierung gefragt. Das Uba empfiehlt finanzielle und regulatorische Anreize, damit sich die Umstellung für die Konzerne auch lohnt.

Nachhaltig im Discounter einkaufen – geht das trotzdem?

Und was können Verbraucher nun tun? Der Einkauf beim Discounter ist jedenfalls nicht per se schlechter als im Ökoladen, hat das Institut für Energie und Umweltforschung herausgefunden. Gerade tierische Biolebensmittel haben demnach häufig sogar einen schlechteren ökologischen Fußabdruck als Produkte aus der konventionellen Landwirtschaft, weil Ökobauern einen geringeren Ertrag erwirtschaften und deshalb mehr Ackerflächen bewirtschaften müssen.

Wer trotz kleinem Geldbeutel umweltschonend einkaufen möchte, kann das auch im Supermarkt. Vorausgesetzt, er hält sich an ein paar Regeln: Konsumenten sollten darauf achten, woher die Lebensmittel stammen und wie sie nach Deutschland transportiert wurden. Es macht beispielsweise einen Unterschied, ob eine Ananas per Flugzeug (besonders klimaschädlich) oder mit dem Schiff (weniger klimaschädlich) nach Deutschland gebracht wurde.

Auch die Verpackung spielt eine Rolle: Am besten sollten Verbraucher möglichst wenig Müll mit nach Hause bringen und Plastiktüten durch Baumwollbeutel ersetzen.

Und die wichtigste Faustregel für den nächsten Einkauf: Je frischer, regionaler und saisonaler das Produkt, desto klimafreundlicher ist es auch.

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