
Die Waffenruhe im Gazastreifen nimmt Generalstabschef der israelischen Armee zum Anlass, Bilanz zu ziehen. Sein Versagen beim Hamas-Angriff im Oktober 2023 sei der Grund für sein Rücktrittsgesuch. Derweil startet Israel einen neuen größeren Militäreinsatz im nördlichen Westjordanland.
Der Generalstabschef der israelischen Armee, Herzi Halevi, hat wegen des "Versagens" beim Hamas-Angriff vom 7. Oktober 2023 seinen Rücktritt eingereicht. "In Anerkennung meiner Verantwortung für das Versagen der Armee am 7. Oktober" habe er darum gebeten, am 6. März von seinen Aufgaben entbunden zu werden, erklärte Halevi. Er verwies zugleich darauf, dass die israelische Armee derzeit "bedeutende Erfolge an allen Fronten" verzeichne und ein Abkommen für eine Waffenruhe im Gazastreifen und zur Freilassung israelischer Geiseln aus der Gewalt der Hamas in Kraft getreten sei.
Mit ihrem Großangriff auf Israel am 7. Oktober 2023 hatten die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas und mit ihr verbündete Gruppen den Gaza-Krieg ausgelöst. Bei dem brutalen Überfall wurden israelischen Angaben zufolge 1210 Menschen getötet, 251 Geiseln wurden in den Gazastreifen verschleppt. 91 der Verschleppten sollen sich nach wie vor dort befinden, 34 von ihnen sind laut der israelischen Armee tot.
Israel ging seit dem Hamas-Überfall massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde, die nicht unabhängig überprüft werden können, mehr als 46.900 Menschen getötet.
Am Sonntag trat ein Abkommen zwischen Israel und der Hamas über eine Waffenruhe und den Austausch von Geiseln und Gefangenen in Kraft. Die Hamas ließ die ersten drei Geiseln frei.
In der ersten 42-tägigen Phase des Abkommens sollen 30 weitere israelische Geiseln sowie nach ägyptischen Angaben etwa 1900 palästinensische Gefangene freikommen. Zudem werden die Hilfslieferungen in den Gazastreifen hochgefahren.
Neue Militäroffensive Israels im Westjordanland
Derweil hat Israel einen neuen größeren Militäreinsatz in der Stadt Dschenin im nördlichen Westjordanland gestartet, bei dem nach palästinensischen Angaben mindestens sechs Menschen getötet wurden. 35 weitere Palästinenser seien verletzt worden, teilte das Gesundheitsministerium in Ramallah mit. Die Armee hatte zuvor mitteilt, gemeinsam mit dem Inlandsgeheimdienst und Polizeikräften habe man einen "Anti-Terror-Einsatz" in der Stadt gestartet, die als Hochburg militanter Palästinenser gilt. Der Name der Operation sei "Eisenmauer".
Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu sagte, es handele sich um eine "großangelegte und wichtige Militäroperation", die der Sicherheit im Westjordanland dienen solle. Man gehe überall dort vor, wohin die iranische Achse ihre Arme ausstrecke. Seit Beginn des Gaza-Kriegs mit dem Hamas-Massaker vor mehr als einem Jahr ist die Lage im Westjordanland besonders angespannt.
Hamas ruft zur "Generalmobilisierung" auf
Die palästinensische Terrororganisation Hamas rief zu einer "Generalmobilisierung" und zu Konfrontationen mit der Armee im Westjordanland auf. Auch die Organisation Islamischer Dschihad rief die Einwohner des Westjordanlands auf, sich "diesem kriminellen Einsatz mit allen Mitteln zu widersetzen". Netanjahus Stellungnahme sei in Verbindung "mit einem umfassenden Genozid gegen unser Volk" zu sehen, hieß es in der Mitteilung mit Blick auf den Gaza-Krieg.
Sicherheitskräfte der Palästinensischen Autonomiebehörde, die mehrere Wochen lang in Dschenin gegen militante Kräfte im Einsatz waren, zogen sich nach palästinensischen Angaben vorher zurück. Nach Medienberichten drangen Bodentruppen und Spezialeinheiten in die Stadt ein. Es habe auch mehrere Drohnenangriffe gegeben.
Israel hatte im Sechstagekrieg 1967 unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Dort leben heute inmitten von drei Millionen Palästinensern rund 700.000 israelische Siedler. Die Palästinenser beanspruchen die Gebiete für einen eigenen Staat mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt.