Nach den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen dürfte die CDU in beiden Bundesländern Ministerpräsidenten stellen. Nach dem Erfolg sehen Unionspolitiker Merz auf direktem Weg zur Kanzlerkandidatur. Unzufrieden mit dem Ergebnis zeigt sich lediglich Berlins Regierender Bürgermeister.
Nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen wird in der Union wieder die Frage der Kanzlerkandidatur bei der nächsten Bundestagswahl thematisiert. Der frühere baden-württembergische Ministerpräsident und EU-Kommissar Günther Oettinger spricht sich für den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz aus und drückt aufs Tempo. "Es wäre ein Fehler, wenn die Nominierung nicht spätestens direkt nach der Wahl in Brandenburg erfolgt", sagte der CDU-Politiker dem "Tagesspiegel". Diese steht in drei Wochen an. Er fügte hinzu: "Ich sehe in meiner Partei breite Unterstützung dafür, dass Friedrich Merz die Chance dazu bekommen soll."
Der Parlamentsgeschäftsführer der Union im Bundestag, Thorsten Frei, sagte der Zeitung, Merz habe "mit seinen klaren Worten nach dem Terror von Solingen mit dafür gesorgt, dass sich die CDU in einem ganz schwierigen Umfeld behauptet". Die Landtagswahlergebnisse zeigten, "dass wir mit ihm auf dem absolut richtigen Kurs sind".
Die Parteichefs von CDU und CSU, Merz und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, hatten vereinbart, die Entscheidung über die sogenannte K-Frage nach den Landtagswahlen zu treffen. Söder hat betont, nach den unionsinternen Querelen vor der Bundestagswahl 2021 die Kandidatur nicht erneut anzustreben. Allerdings hatte er sich dies offengehalten, falls die CDU ihn bitten sollte. Söders früherer Gegenpart Horst Seehofer lobte Merz für seinen politischen Vorstoß zu einer anderen Migrationspolitik nach dem Anschlag von Solingen. Damit seien wichtige Dinge in Bewegung gebracht worden, sagte der frühere Bundesinnenminister, der als bayerischer Ministerpräsident Söder hatte weichen müssen, dem Portal "Table.Briefings".
Kritik am CDU-Wahlergebnis von Berlins Regierungschef
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner zeigte sich dagegen enttäuscht über das Abschneiden seiner Partei bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen. "Die Ergebnisse der CDU bieten keinerlei Anlass zur Beschönigung", sagte er dem "Tagesspiegel". "Wir müssen uns ehrlich fragen, warum es uns nicht gelungen ist, mehr Menschen von unserer Politik zu überzeugen."
Die Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen "zeigen auf erschütternde Weise, dass sich viele Menschen in unserem Land nicht mehr von den demokratischen Parteien der Mitte vertreten fühlen", urteilte Wegner. "Dies ist ein Weckruf, den wir nicht ignorieren dürfen. Vielleicht der letzte."
Der CDU-Politiker bezeichnete die Wahlergebnisse außerdem als "absolutes Desaster für die Bundesregierung". Die Menschen hätten der Ampel-Koalition "klar das Vertrauen entzogen". Alle demokratischen Kräfte "einschließlich meiner eigenen Partei" müssten nun überdenken, "ob der Kurs der letzten Jahre der richtige war; ob die Sorgen und Ängste der Bürgerinnen und Bürger ernst genommen wurden", mahnte Wegner. Es müsse jedem klar sein, dass es um die Zukunft der Demokratie gehe. Die Frage einer Kanzlerkandidatur von Merz sprach Wegner nicht direkt an.