Die EU stellt 2022 den Kauf russischen Öls ein - für Ungarn, die Slowakei und Tschechien gelten aber Ausnahmeregeln. Sie beziehen Öl aus einer Pipeline, die von Russland unter anderem durch die Ukraine zu ihnen führt. Die Ukraine sanktioniert kürzlich das System an einer Stelle - trotzdem liefert Russland viel.
Russland hat im Juli laut dem Kiewer Beratungsunternehmen ExPro seine Öllieferungen durch die Ukraine verdoppelt. Die Menge an russischem Öl, die über die Ukraine in EU-Länder floss, sei im Juli auf 1,09 Millionen Tonnen nach 540.000 Tonnen im Juni gestiegen, teilte das Unternehmen mit. Vom 1. bis 19. August habe das Transitvolumen bei mehr als 600.000 Tonnen gelegen, fügte das Beratungsunternehmen hinzu. Ukrainische Beamte wollten keine Angaben zu den Öllieferungen machen.
Die Öllieferungen sind brisant, da Ungarn und die Slowakei bereits länger mit der Ukraine über russische Öl-Lieferungen des Produzenten Lukoil im Clinch liegen. Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Jahr 2022 verhängte die Europäische Union (EU) Sanktionen gegen Russland und stellte den Kauf russischen Öls ein. Davor hatte die Staatengemeinschaft bis zu einem Drittel ihres Treibstoffs aus Russland bezogen.
Die drei EU-Mitglieder Ungarn, Slowakei und Tschechien wurden vom Importstopp ausgenommen, weil sie von russischem Öl abhängig sind und kaum Alternativen haben. Daher lieferte Russland über den Südstrang der Druschba-Pipeline weiterhin rund 300.000 Barrel Öl pro Tag nach Osteuropa — das entspricht etwa 0,3 Prozent der weltweiten Lieferungen.
Sanktion gegen Lukoil
Der private Ölkonzern Lukoil lieferte bis vor Kurzem etwa die Hälfte des Öls über die südliche Druschba-Trasse. Weitere Lieferanten sind der russische Staatskonzern Tatneft, Gazprom Neft, Russneft und weitere kleinere Produzenten.
Über die nördliche Linie der Verbindung wurden auch Deutschland und Polen mit russischem Öl versorgt. Die beiden Länder stellten ihre Käufe aber 2023 ein.
Im Juni 2024 verhängte die Ukraine Sanktionen gegen Lukoil, die es dem Unternehmen nicht mehr möglich machten, Öl über Druschba zu pumpen - nicht aber gegen die anderen Lieferanten. Laut "Deutscher Welle" begründete die Ukraine die Sanktion gegen Lukoil damit, dass mit den Einnahmen die russische Kriegsindustrie finanziert werde.
EU-Kommission auf Seite der Ukraine
Die Sanktion wurde auch Streitthema zwischen Ungarn und der Slowakei auf der einen und der EU-Kommission auf der anderen Seite. Erstere warfen der Ukraine vor, mit der Einschränkung des Lukoil-Öltransits gegen ein Assoziierungsabkommen mit der EU zu verstoßen - und wandten sich mit einem Beschwerdebrief an die EU-Kommission.
Diese nahm der Kritik Ungarns und der Slowakei aber Wind aus den Segeln. Ein Sprecher sagte in Brüssel, es gebe nach einer ersten Analyse derzeit keine Hinweise darauf, dass durch die Sanktionen die Versorgungssicherheit in der EU gefährdet sei. Der Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis, warf beiden EU-Staaten aber vor, sich nicht ausreichend um Alternativen zu russischen Öllieferungen gekümmert zu haben, die nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine unter Embargo gestellt worden waren.
Die monatlichen Öltransitmengen über die Ukraine sind unbeständig und schwanken zwischen rund 500.000 Tonnen im Juni und mehr als 1,2 Millionen Tonnen im Januar. Die Ukraine braucht aber auch Ungarn und die Slowakei. Die beiden westlichen Nachbarländer liefern Kiew Brennstoff und Strom, der häufig aus russischen Ressourcen gewonnen wird. Ungarns Außenminister sagte diese Woche, das Land habe im Juni 42 Prozent der Stromimporte der Ukraine geliefert.