Der SPD-Vorstand will nach der Hängepartie in der K-Frage schnell Nägel mit Köpfen machen. Während Pistorius betont, dass sein Rückzug völlig freiwillig geschehen ist, soll Scholz am Montag offiziell zum Kanzler-Kandidaten der Sozialdemokraten erklärt werden.
Nach dem Verzicht von Verteidigungsminister Boris Pistorius soll Bundeskanzler Olaf Scholz am kommenden Montag vom SPD-Vorstand als Kanzlerkandidat für die Neuwahl des Bundestags nominiert werden. "Wir werden jetzt sehr schnell in den Gremien, Montag im Parteivorstand, dann auch Klarheit schaffen: Wir wollen mit Olaf Scholz in die nächste Wahlauseinandersetzung gehen", sagte der Parteivorsitzende Lars Klingbeil nach digitalen Beratungen des Parteivorstands in Berlin.
Nach kontroverser öffentlicher Debatte in der SPD hatte Pistorius zuvor den Weg für eine erneute Kandidatur des Kanzlers freigemacht. Er teilte der Partei- und Fraktionsspitze mit, dass er nicht für eine Kandidatur zur Verfügung stehe. Im Interview im RTL-Nachjournal betonte Pistorius, dass es seine eigene Entscheidung gewesen sei, nicht für die Kanzlerkandidatur zur Verfügung zu stehen. "Ich habe auf gar nichts verzichtet. Verzichten kann man nur auf etwas, was man hat oder was einem angeboten worden ist. Ich habe erklärt, dass ich nicht zur Verfügung stehe. Das ist ein Unterschied", sagte Pistorius. Auf die Frage, ob Druck auf ihn ausgeübt worden sei, antwortete er: "Wenn dann jemand, so wie ich jetzt in diesem Fall sage, ich handle nach meinem Verständnis von staatspolitischer Verantwortung, nach meiner Überzeugung, dann kann sich das die Öffentlichkeit nicht vorstellen, dass dahinter nicht Drohungen oder Belohnungen gestanden haben. Aber ich kann Ihnen versichern: Nichts davon hat stattgefunden".
Pistorius: "Olaf Scholz ist ein starker Kanzler"
Pistorius sprach sich gleichzeitig für Scholz als Kanzlerkandidat aus. "Olaf Scholz ist ein starker Kanzler und er ist der richtige Kanzlerkandidat." Er habe eine schwierige Koalition aus drei Parteien durch die vielleicht größte Krise der letzten Jahrzehnte geführt. "Olaf Scholz steht für Vernunft und Besonnenheit." Das sei in Krisenzeiten wie diesen besonders wichtig.
Die Nominierung von Scholz soll am Montag in der regulären Sitzung des Parteivorstands erfolgen. Bereits am Abend schalteten sich die Vorstandsmitglieder digital zusammen. In der niedersächsischen Landesvertretung kamen gleichzeitig die SPD-Ministerpräsidenten zunächst mit Scholz zusammen, anschließend stieß die Parteispitze hinzu.
Will Scholz wiedergewählt werden, muss er eine extreme Aufholjagd hinlegen. In den Umfragen liegt die SPD aktuell mit Werten zwischen 14 und 16 Prozent noch hinter der AfD mit 18 bis 19 Prozent und weit hinter der Union mit Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU), die auf Werte zwischen 32 und 34 Prozent kommt.