Nach Lanz-Sendung: Boris Palmer veröffentlicht Bürgergeld-Bescheid über 7000 Euro

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Eine Aussage von Boris Palmer zum Bürgergeld sorgte für Aufsehen. Auf Facebook postete der Oberbürgermeister von Tübingen ein Beweisdokument, das aber viele Fragen offen lässt.

Kaum ein Thema wird politisch und gesellschaftlich so kontrovers diskutiert wie das Bürgergeld – nicht immer auf der Grundlage von Fakten. Auch Boris Palmer rief das Thema auf, als er mit anderen Kommunalpolitikern in der Talkshow von Markus Lanz zu Gast war. Der Oberbürgermeister von Tübingen kritisierte die aus seiner Sicht zu hohen Sozialausgaben: "Ich habe einen Bescheid gesehen, dass eine Bürgergeldfamilie 6000 Euro Bürgergeld im Monat bekommt."

Diese anekdotische Aussage wurde im Anschluss viel diskutiert, viele wollten Palmer nicht glauben. Doch der ehemalige Grünen-Politiker legte nach: Auf seinem Facebook-Profil veröffentlichte er den angesprochenen Bürgergeld-Bescheid von Oktober 2022. Dieser weist tatsächlich Leistungen von mehr als 6000 Euro aus, in einem Monat sind es sogar mehr als 7400 Euro. Die persönlichen Daten sind anonymisiert, laut Palmers Aussage in der Sendung geht es dabei um eine siebenköpfige Familie.

Wie kommen 7000 Euro Bürgergeld zustande?

Palmer behauptet, diese hohe Summe komme durch die sogenannte Karenzzeit-Regelung zustande. Im ersten Jahr des Leistungsbezugs sind die Kosten für die Unterkunft, die vom Staat übernommen werden, nicht gedeckelt. "Man möchte nicht, dass Bürgergeldempfänger sofort Knall auf Fall die Wohnung wechseln müssen, da habe ich erst mal Verständnis für", sagte Palmer bei Markus Lanz. Trotzdem hält er solche Zahlungen für deutlich zu hoch. Der ehemalige Grünen-Politiker setzt sich für eine Regelung ein, bei der die Miete nur bis zu einer Höhe, die von der Haushaltsgröße und dem Mietenspiegel abhängt, erstattet wird. 

Allerdings wurde die Karenzzeit erst zum 1. Januar 2023 eingeführt – laut dem Bescheid lag das Bürgergeld der Familie aber schon vorher bei 6000 Euro. Die genauen Gründe dafür sind dem Dokument nicht zu entnehmen. Denkbar ist, dass die Familie in einer Spezialunterkunft der Stadt untergebracht ist. Dort liegen die Quadratmeterpreise – beispielsweise in Palmers Stadt Tübingen – deutlich über dem normalen Mietspiegel. Außerdem spielt die relativ hohe Anzahl der Kinder eine Rolle, ebenso die hohen Strom- und Gaspreise zum Zeitpunkt des Bescheids. Im Bürgergeld enthalten sind Regelsätze für Erwachsene und Kinder, Kranken- und Pflegeversicherung sowie die Kosten für Miete und Heizung in angemessener Höhe.

Boris Palmer hält Sozialausgaben für zu hoch

"Es geht nicht darum, nach unten zu treten oder Bürgergeldempfänger zu diffamieren", stellt Boris Palmer in seinem Post klar. Trotzdem müssten seiner Meinung nach die staatlichen Ausgaben im sozialen Bereich deutlich abgesenkt werden, um wieder wettbewerbsfähig zu sein. 

"Es wird nicht mehr möglich sein, die höchsten Sozialleistungen weltweit und die niedrigsten Arbeitszeiten mit den längsten Urlaubsansprüchen zu kombinieren", erklärte er bei Markus Lanz. Vom Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD ist der Oberbürgermeister in dieser Hinsicht enttäuscht. Palmers Forderung: "Vielleicht kann man sich mal wieder darauf reduzieren, dass der Staat gegen Notlagen hilft und nicht jedes Risiko auf der Welt absichert."

Quellen: "Markus Lanz", Boris Palmer auf Facebook, Bundesregierung