Eine Marketing-Agentur versucht beharrlich, netzpolitik.org zum Werbepartner für die Spionage-App mSpy zu machen. Dabei berichten wir immer wieder kritisch über das Tool.

Mit der Spionage-App mSpy können Privatpersonen fremde Telefone heimlich überwachen. Das gehört verboten, befanden einige Politiker*innen. Ihre Zitate dazu finden sich in einem Text auf netzpolitik.org. Diesen Text hat wohl auch die Marketing-Agentur von mSpy wahrgenommen. Denn knapp einen Monat nach der Veröffentlichung bekommen wir Post von einer Instanz, die mit „Andy“ unterschreibt und angeblich für BizzOffers arbeitet, eine Agentur, die mSpy-Werbung vermittelt.
In der ersten Mail schreibt „Andy“: „Ihr Artikel hat mich wirklich beeindruckt. Beeindruckende Qualität“. In der zweiten Mail heißt es: „Ihr Artikel ist wirklich beeindruckend – ein wertvoller Einblick!“ Und in der dritten: „Ihr Artikel ist mir aufgefallen – durchdacht und gut strukturiert!“ Mit der vierten Mail gibt „Andy“ scheinbar auf: „Ich wollte mich nur ein letztes Mal melden – es scheint, dass dies nicht der richtige Zeitpunkt ist.“
„Andy“ möchte eine Partnerschaft aufbauen, „von der wir beide profitieren.“ Dafür stelle BizzOffers auch „gerne Promo-Codes oder speziellen Support zur Verfügung“. „Wenn es nicht ganz passt, würde ich mich freuen, wenn Sie sich Gedanken darüber machen, wie man es relevanter machen könnte“, schreibt „Andy“.
Automatisiertes E-Mail-Bombardement
Das E-Mail-Bombardement gibt einen interessanten Einblick in die Marketingpraxis von mSpy. Denn offensichtlich haben wir es mit einem automatisierten Mailing zu tun. Hätte ein Mensch gelesen, was wir über mSpy schreiben, wäre klar geworden: Wir werden sicher nicht zu Werbepartnern einer App, die wir in mittlerweile sechs Texten hart kritisieren. Die App wird beispielsweise häufig zur illegalen Überwachung von Partner*innen eingesetzt – und der Kundendienst hilft dabei.
Es ist anzunehmen, dass BizzOffers automatisiert Beiträge sucht, in denen mSpy erwähnt wird und dann ebenso automatisiert eine Serie von E-Mails an die angegebene Kontaktadresse abfeuert. Das legen auch die Zeitpunkte nahe, zu denen wir die Nachrichten erhalten haben. Die zweite folgte auf die Minute genau zwei Tage nach der ersten, die dritte vier Tage darauf, die vierte wieder zwei Tage später.
Auch wenn wir sicher nicht für mSpy werben werden, für die Marketingpraktiken zu der App interessieren wir uns sehr wohl. Deshalb haben wir „Andy“ auf die letzte Mail geantwortet. „Vielen Dank für das Angebot. Wie könnte denn eine Partnerschaft konkret aussehen?“ Drei Tage später die Antwort: „Die Zusammenarbeit erfolgt grundsätzlich auf Affiliate-Basis. Sie können beispielsweise einen Artikel mit einem Link veröffentlichen und für jeden Verkauf unseres Produkts über diesen Link zahlen wir Ihnen eine Provision. Die Provision kann entweder ein Prozentsatz des Verkaufs oder ein festerer Betrag sein.“
Das Geschäft mit Affiliate-Links
Wie das aussehen kann, was „Andy“ von uns will, haben wir am Beispiel der Leipziger Zeitung untersucht. Auf deren Website findet sich ein angeblich objektiver Produkttest, der mSpy in allen Kategorien mit fünf von fünf Sternen bewertet. Oben drüber steht Anzeige. Auf mSpy wird mit sogenannten Affiliate-Links verwiesen. Klickt jemand darauf und bestellt ein mSpy-Abo, erhält die Leipziger Zeitung eine Provision. Wie viel üblicherweise beim Affiliate-Geschäft abfällt, schreibt BizzOffers: Demnach bekommen die „Partner*innen“ in diesem Werbeprogramm eine Umsatzbeteiligung von 40 Prozent oder 20 Dollar pro Verkauf.
Wir reagieren auf „Andys“ Mail mit einem Fragenkatalog. Die Antwort kommt noch am gleichen Tag. „Andy“ bietet uns sogar 50 Dollar Provision pro Verkauf, wenn wir mSpy bewerben. Außerdem sei es auch möglich, Partnerschaften mit Eyezy, Parentaler, Scannero, Detectico, Spynger, Phonsee und Moniterro einzugehen – alles Produkte, die sich fürs heimliche Überwachen eignen. Eyezy, Scannero, Detectico und Spynger werden anscheinend auch vom gleichen Kundendienst wie mSpy betreut, das zeigen geleakte Kommunikationsvorgänge.
Auszahlen würde uns „Andy“ angeblich via PayPal, Payoneer oder Überweisung, dafür müssten wir aber mindestens 100 Euro pro Woche oder 500 Euro pro Monat mit den Affiliate-Links verdienen. Mit Rabattcoupons könnten wir unseren Lesern mSpy auch billiger anbieten und so unseren Umsatz erhöhen. BizzOffers sei auch bereit, Banner vorzubereiten oder sogar Texte zu erstellen, in denen wir die Werbelinks veröffentlichen können. „Nur in diesem Fall kann es einige Zeit dauern, da unsere Content-Abteilung sehr beschäftigt ist“, schreibt „Andy“.
„Die Verantwortung liegt ausschließlich bei den Benutzern“
Auf die Frage, ob wir Ärger riskieren würden, weil mSpy ja schließlich nicht selten zur heimlichen Überwachung von Partner*innen, also illegal, genutzt wird, werden wir beruhigt: „Nein, eine gesetzliche Haftung kann nicht bestehen, da unsere Produkte absolut legal sind. Wenn Benutzer sie für illegale oder unethische Zwecke verwenden, liegt die Verantwortung hierfür ausschließlich bei den Benutzern.“
Die E-Mail-Adresse, von der „Andy“ uns schreibt, verweist nicht auf die offizielle BizzOffers-Website, sondern auf partner-bizz.com. Es ist somit theoretisch möglich, dass „Andy“ überhaupt nicht für BizzOffers arbeitet. Allerdings wird in den Schreiben ja genau das Anliegen von BizzOffers vertreten – Werbepartner für mSpy zu gewinnen.
Auf eine Nachfrage über den Telegram-Kanal von BizzOffers, @bizzaff, bestätigt das Unternehmen, Nachrichten über @partner-bizz.com-Adressen zu versenden. „Andy“ schreibt dazu: „BizzPartners ist unsere E-Mail-Domäne. Wir mussten es verwenden, weil Google das Wort ‚Angebote‘ in BizzOffers möglicherweise als Spam oder etwas Ähnliches wahrnimmt.“
BizzOffers blockt, aber „Andy“ antwortet
Dazu passt, dass die E-Mails von partner-bizz.com laut E-Mail-Header von Google gehostet werden, anders als die von BizzOffers, die auf das deutsche Unternehmen Contabo GmbH deuten. So werden die partner-bizz.com-Mails vermutlich seltener Opfer des Google-Spamfilters.
Eine offizielle Presseanfrage an BizzOffers blieb unbeantwortet. Auch Google und Contabo haben nicht auf Fragen von netzpolitik.org reagiert.
Laut „Andy“ vertreibt BizzOffers die Werbelinks für die Spionage-Apps exklusiv. Bei der Recherche ist jedoch eine Reihe weiterer Seiten aufgetaucht. Sie alle sehen der BizzOffers-Seite sehr ähnlich und vermarkten augenscheinlich ebenfalls Spyware-Links. „Andy“ schreibt dazu: „Ehrlich gesagt sehe ich diese Sites, die Sie gesendet haben, zum ersten Mal. Ich habe meine Kollegen gefragt, aber sie hatten sie auch noch nicht gesehen. Ich rate Ihnen davon ab, sich bei ihnen anzumelden.“
Unternehmen nicht auffindbar
Die Website von BizzOffers wird betrieben von einer Firma namens IPL GROUP PTY LTD. Angeblicher Firmensitz: Ein Haus am Rand einer Stadt nördlich von Sydney. „Andy“ behauptet aber, in Kyjiw in der Ukraine zu arbeiten. Die IPL GROUP PTY LTD. wird in Apples App-Store als Anbieter der App „mSpy: Find my Friends Phone“ genannt.
Nach unseren Recherchen ist es äußerst undurchsichtig, welches Unternehmen wirklich hinter mSpy steht. Womöglich wird auch mit der IPL GROUP PTY nur eine falsche Fährte gelegt, denn geleakte Daten aus dem mSpy-Kundendienst legen nahe, dass mSpy zu Brainstack gehören könnte, einem ukrainischen Unternehmen.
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