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Miltärgeschichte: Die Acht-Acht – der größte Panzer-Killer des Zweiten Weltkrieges



Gebaut wurde die Acht-Acht, um Bomber abzuschießen, doch schnell erkannten die Deutschen, dass die gewaltige Kanone auch jeden Panzer zerstören konnte. 

Die deutsche 8,8 cm Flak gilt als die tödlichste Anti-Panzer-Waffe des Zweiten Weltkriegs. Wie der Name Flugabwehrkanone – Flak – verrät, war diese Kanone ursprünglich nicht für den Einsatz auf Bodenziele gedacht. Ihre Batterien sollten mit ihrem Feuer alliierte Bomber in großer Höhe abwehren. Die Vorläufer der Flak gingen auf den Ersten Weltkrieg zurück. Die später namensgebende Ziffernkombination "Acht-Acht" hat also nichts mit Naziparolen zu tun. MG 42    19.30

Acht-Acht wurde zur Flugabwehr entwickelt

Unter Umgehung des Versailler-Vertrags wurde Anfang der 1930er eine moderne Version – Flak 18 – entwickelt und gebaut. In der Zeit waren schwere Flugabwehrgeschütze nicht ungewöhnlich. Flugabwehrraketen gab es noch nicht, und es wurde eine Waffe benötigt, die ihr Geschoss in steilem Bogen in sehr große Höhen tragen konnte. Die 8,8-cm-Flak erreichte Ziele in 10.000 Meter Höhe. Allerdings war die Acht-Acht auch ein Monstrum. Sie wog fünf Tonnen, hatte eine Länge von 7,6 Meter und ragte 2,4 Meter weit hoch. Die Rohrlänge betrug 4,93 Meter – das entspricht beim Kaliber 8,8 Zentimetern dem Wert von L/56. 

Bei dem ursprünglichen Zweck, der Abwehr von Flugzeugen mit ganzen Flakgürteln, spielten die opulenten Maße keine Rolle – in der späteren Rolle bei Bodeneinsätzen schon. Bereits im Frankreichfeldzug von 1940 wurde die Acht-Acht im Erdeinsatz verwendet. Möglich wurde das, weil das Rohr nicht nur in die Höhe gereckt werden, sondern auch auf drei Grad unter die Horizontale gesenkt werden konnte. Die hohe Energie, die die Geschosse benötigten, um zehn Kilometer in die Höhe zu steigen, ließ sich auch für den Bodenkampf nutzen. Anders als Feldkanonen und Haubitzen verlief die Bahn des Projektils relativ geradlinig. Die hohe Mündungsgeschwindigkeit von um 800 Metern pro Sekunde sorgte für eine enorm hohe Energie beim Aufprall.Panzer T-34

Kanone war größer als Panzer 

Die Kampfpanzer zu Beginn des Krieges verfügten meist nur über Kanonen im Kaliber von 3,7 beziehungsweise 5 Zentimeter. Ihre Kanonen wie Geschosse wirkten wie Spielzeuge neben der Acht-Acht. Den ersten Einsatz fand die Kanone im Juni 1940 in der Schlacht von Abbeville gegen überlegene alliierte Panzer. Diese wurden von den schweren Projektilen zerstört, obwohl damals gar keine speziellen panzerbrechenden Geschosse vorhanden waren. Genauigkeit und Gewalt der Treffer machten die Flak zu einem gefürchteten Gegner. Aber sie hatte auch Nachteile. Die Kolosse wurden von Zugmaschinen bewegt und mussten in Stellung gebracht werden. Für den Angriff waren sie daher kaum zu gebrauchen. Nach dem Überfall auf die UdSSR war die Acht-Acht dennoch zeitweise die einzige Waffe, die die Frontpanzerung der schweren sowjetischen Panzer wie T-34 oder KW-1 aufbrechen konnte. Im offenen Gelände des Afrikafeldzuges konnte diese Kanone alle alliierten Panzer zerstören, ohne auch nur in die Reichweite von deren Waffen zu kommen. 

Die Nachteile: Die Flak war nicht nur groß und musste aufgestellt werden, sie war auch schwer zu tarnen. Und so verheerend ihre Projektile auch waren, so ungeschützt war die Bedienung. Die stand im Freien. Einmal entdeckt, war die Acht-Acht zwar für die Bordkanonen von Panzern unerreichbar, aber Artillerie konnte erkannte Stellungen beschießen und so die Waffe zerstören und die Bedienung töten. Auch gegen Tiefflieger war die schwere Flak praktisch wehrlos. WISSEN AR Tiger I

Geducktere Panzerabwehrkanone

Auch den Deutschen blieben die Nachteile nicht verborgen. Aus der Flugabwehrkanone entwickelten sie eine Panzerabwehrkanone, die 8,8-cm-Pak 43. Hier wurde auf die Lafette und die Visiereinrichtungen für den Luftkampf verzichtet. Die Pak 43 wurde auf den Boden gedrückt und die Besatzung durch einen Schild zumindest einigermaßen geschützt. Die Waffe wurde mit zwei verschiedenen Lafetten gebaut, beide waren weniger auffällig als die Flak-Variante, dafür konnte sie aber auch nicht um 360 Grad geschwenkt werden. Für den Einsatz gegen Luftziele waren sie ungeeignet. Wirklich unauffällig war die Pak-Version nicht. Um die Mündungsgeschwindigkeit zu erhöhen, wurde das Rohr auf 6,35 Meter verlängert (L/71), damit wuchs die Kanone insgesamt auf eine Länge von über neun Metern. 

Mobiler Einsatz der Acht-Acht

Aber auch diese Waffe war nicht mobil, sie musste gezogen werden. Neben der Entwicklung der Pak wurde die Acht-Acht in mehreren Längen in und auf die verschiedensten Fahrzeuge montiert. Der glücklichste Kompromiss wurde im schweren Panzerkampfwagen VI Tiger I gefunden, hier nutzte man die ursprüngliche Länge der Hauptwaffe 4,93 Meter – L/56. In einem Interview mit einem japanischen TV-Sender schwärmte Otto Carius von der Waffe. Carius war einer der erfolgreichsten Panzerkommandanten des Zweiten Weltkriegs. Der Zugführer der schweren Panzer-Abteilung 502 gilt als hervorragender Taktiker des Panzergefechts. "Die Waffe war unsere Acht-Acht. Die war als Panzerabwehrwaffe bis zum Kriegsende die Waffe schlechthin. Weder beim Gegner noch bei uns gab es eine bessere Panzerabwehrwaffe als die Acht-Acht. Und die war im Tiger eingebaut."Pershing

Erst gegen Ende des Krieges konnten die Alliierten vergleichbare Waffen aufbieten. Die Briten schafften es, ihren 17-Pfünder in dem relativ kleinen Sherman-Panzer – Firefly – unterzubringen. Die Amerikaner integrierten ihre 90-mm-Flak M90 ebenfalls im Sherman – Wolverine – und in dem schweren Kampfpanzer M26 Pershing.

Gewicht und Größe blieben ein Problem

Die Deutschen verwendeten die lange Version der Acht-Acht für die Selbstfahrlafette Nashorn und die Panzerjäger Ferdinand/Elefant. Alles glücklose Konstruktionen. Und auch der spätere Jagdpanther und der Panzerkampfwagen VI Tiger II hatten mit den Dimensionen und dem Gewicht der Kanone zu kämpfen. Gegen Ende des Krieges wurden die Flugabwehr-Acht-Acht der Reichsverteidigung im großen Maßstab im Bodenkampf eingesetzt. In den unübersichtlichen Straßen- und Häuserkämpfen während der Zeit kurz vor Kriegsende konnte die Acht-Acht immer noch schwere Schläge ausführen. Wenn ihre Stellung aber einmal erkannt war, wurde sie ausgeschaltet. Im Film "Der Untergang" warnt der einarmige Veteran Wilhelm Kranz zutreffend die fanatischen Freiwilligen der Hitlerjugend, dass ihre Kanone zwar die Straßen beherrscht, die Sturmgruppen der Russen sich ihnen aber über Häuser und Hinterhöfe nähern würden. 

Der Mythos der Acht-Acht speist sich aus ihrer Überlegenheit in den ersten Kriegsjahren – und der Feuerkraft: Ein Treffer konnte den Turm eines Kampfwagens glatt abreißen. Die Nachteile des hohen Gewichts, das in jeder Variante zu Problemen führte, gingen nicht in die Legendenbildung ein. 

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