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Milliardenverlust bei Automobilzulieferer ZF



analyse

Stand: 20.03.2025 17:16 Uhr

Einer der größten Automobilzulieferer weltweit, ZF, meldet für 2024 einen Milliardenverlust. Das liegt vor allem an der Transformation der Branche - und ungünstigen geopolitischen Entwicklungen.

Von Martin Rottach, SWR

"Die Automobilindustrie ist im Moment im perfekten Sturm", sagt Holger Klein, der Vorstandsvorsitzende von ZF in Friedrichshafen. Es sind keine guten Nachrichten, die er heute verkünden muss. Die Bilanz seines Unternehmens für das vergangene Jahr ist schlecht, die Zahlen sind eingebrochen. Der Nettoverlust von ZF beläuft sich auf über eine Milliarde Euro. Der Umsatz sank 2024 um elf Prozent auf 41,4 Milliarden Euro - 5,2 Milliarden weniger als im Vorjahr. Auch der von Sondereffekten bereinigte operative Gewinn brach um 900 Millionen Euro im Vergleich zu 2023 ein und liegt nur noch bei 1,5 Milliarden Euro.

Ein Grund für das saftige Minus resultiert laut Unternehmen auch aus hohen Rückstellungen. Hier spricht der Vorstandsvorsitzende von rund 600 Millionen Euro, die das Unternehmen für Kosten der Restrukturierung zurückhalten möchte. Damit ist vor allem der Abbau Tausender Arbeitsplätze gemeint. "Wir haben keine andere Möglichkeit, als an den Grundfesten von ZF zu rütteln", so Klein.

Der Druck auf die Autobranche hat 2024 stark zugenommen

ZF gehört zu den weltweit größten Automobilzulieferern und ist unter anderem spezialisiert auf Antriebs- und Fahrwerkstechnik. Das Unternehmen ist mehrheitlich im Besitz der Zeppelin-Stiftung, die von der Stadt Friedrichshafen verwaltet wird. Noch im Jahr 2023 stand ZF gut da und wies einen Gewinn von 126 Millionen Euro aus. Jedoch wuchs im vergangenen Jahr der Druck auf die Branche und auf ZF vor allem durch eine generell schwache Konjunktur und eine geringe Nachfrage nach Elektrofahrzeugen, wie Klein betont. "Das Jahr 2024 hat deutlich gemacht, unter welchem enormen Druck unsere Branche und damit auch unser Unternehmen steht."

Der Druck sei vor allem auf die grundlegende Transformation in der Automobilbranche und auf ungünstige geopolitische Entwicklungen zurückzuführen. Zuletzt meldeten außerdem die Kunden von ZF wie Volkswagen, Mercedes-Benz, BMW oder Porsche einen teilweise kräftigen Gewinnrückgang.

Weltweit werden Stellen abgebaut

Akut möchte ZF mit einem umfassenden Maßnahmenpaket reagieren. Dieses beinhaltet unter anderem weitreichende Einsparungen sowie die Streichung von 14.000 Stellen bis ins Jahr 2028. Damit hofft das Unternehmen, sich finanziell stabilisieren zu können und als Technologieführer wettbewerbsfähig zu bleiben.

Schon jetzt ist laut Unternehmen der Stellenabbau auch in Deutschland zu spüren. Ende 2024 beschäftigte ZF weltweit laut eigenen Angaben 161.631 Menschen - etwa vier Prozent weniger als im Vorjahr. In Deutschland sank die Zahl der Beschäftigten ebenfalls um vier Prozent auf rund 52.000 Menschen.

Konzentration auf Kerngeschäft und Zukunftsinvestitionen

Um dieses Ziel zu erreichen, möchte sich ZF vermehrt auf das Kerngeschäft konzentrieren. Die Produktion von Achssystemen wachse stark und solle bis 2029 verdoppelt werden. "Stärken stärken, Potenziale erschließen", betont Konzernchef Klein in der Pressemitteilung des Unternehmens.

Dabei solle auch genug Geld für Investitionen in die Zukunft zur Verfügung stehen, wie beispielsweise das Joint Venture mit dem chinesischen Konzern Foxconn. Eine Abspaltung oder gar ein Verkauf der gesamten Elektrosparte ist laut Klein derzeit nicht in Planung. Man suche vielmehr nach Partnerschaften in diesem Bereich und wolle künftig nicht komplett auf vollelektrische Antriebe setzen. ZF baue den wohl besten Plug-in-Hybrid-Antrieb der Welt, so Vorstandschef Klein, und das wolle man auch weiterhin tun.

Durchwachsener Ausblick auf laufendes Jahr

Die schwierige Lage dürfte auch 2025 anhalten. Für das laufende Geschäftsjahr rechnet der Konzern zwar mit einem stabilen Umsatz über 40 Milliarden Euro, doch die Situation bleibe herausfordernd. Mit einer raschen Erholung rechnet das Unternehmen demzufolge nicht, vor allem wegen der weiterhin schleppenden Entwicklung der Elektromobilität.

Bereits in dieser Woche gab das Unternehmen zusätzlich dazu einen Wechsel in der Führung bekannt. Am Mittwoch kündigte der bisherige Aufsichtsratsvorsitzende Heinrich Hiesinger, früherer Chef von Thyssenkrupp, an, sein Amt auf eigenen Wunsch vorzeitig niederzulegen. Nachfolger wird der langjährige Leiter des Autozulieferers Hella, Rolf Breidenbach. Er hat in früheren Jahren gemeinsam mit dem ZF-Vorstandsvorsitzenden Klein beim Beratungsunternehmen McKinsey gearbeitet.

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