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Milliardärs-Lakaien: Sie sind Anfang 20, Praktikanten – und übernehmen für Elon Musk die USA



In ungeahnter Geschwindigkeit hat sich Elon Musks Team Kontrolle über wichtige US-Behörden verschafft. Die Verantwortlichen kommen teilweise direkt von der Highschool.

Es ist eine Übernahme im Rekordtempo: Seit Sonntag hat Elon Musks Einspar-Behörde DOGE laut Berichten Zugang zum Bezahlsystem der Finanzbehörden der USA – und den knapp sechs Billionen Dollar, die diese jährlich an Steuergeldern verwaltet. Das Team hinter dieser und weiteren Hauruck-Aktionen sieht anders aus, als man es sich vielleicht vorstellt: Die Verantwortlichen sind keine langjährigen Experten – sondern teils kaum volljährige Musk-Getreue.

Das hat "Wired" herausgefunden. Das Tech-Magazin konnte aus verschiedenen Quellen sechs Männer identifizieren, die Musks Auftrag nun quasi mit der Brechstange durchsetzen. Sie alle sind zwischen 19 und 24 Jahre alt und haben keinerlei Erfahrung mit der Arbeit in Verwaltungs- oder Regierungsbehörden. Dafür aber enge Bindungen zu Musk oder seinem früheren Geschäftspartner, Palantir-Gründer Peter Thiel

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Elon Musks radikaler Ansatz

Dass das Team Schlagzeilen macht, liegt an seinem teilweise rabiaten Vorgehen. Nach Berichten mehrerer US-Medien tauchten die DOGE-Mitarbeiter etwa bei der US-Entwicklungshilfe-Behörde USAID auf und verlangten Zugang zu deren Datensystemen. Der wurde ihnen zunächst verweigert – weil die Datenbanken auch Geheiminformationen enthalten und die DOGE-Mitarbeiter nicht die entsprechende Sicherheitsfreigabe hatten. Dabei sollen sie auch körperlich abgehalten worden sein, die Gebäude zu betreten. Die beiden DOGE-Vertreter drohten zunächst mit der Polizei, erhielten aber dennoch keinen Zugang. Der Vorfall endete schließlich anders, als es die USAID-Mitarbeiter erwartet hatten: Nach Anweisung des Weißen Hauses wurden die beiden obersten Sicherheitsleute der Entwicklungshilfe-Behörde entlassen – und Musk kündigte am Montag an, die von ihm als "kriminelle Organisation" bezeichnete Behörde sogar ganz abschaffen zu wollen.

Auch bei der Finanzbehörde lief es ähnlich ab. Tagelang verweigerten ranghohe Finanzbeamte den Musk-Leuten, Zugang zu den Bezahlsystemen zu erhalten. Am Freitag wurde der Verantwortliche, ein Finanzbeamter namens David Lebryk, dann plötzlich freigestellt – und kurz darauf in Rente geschickt. Das berichtet die "New York Times". Informationen verschiedener Medien zufolge soll das Musk-Team dann eigene Hardware in die Systeme eingebaut haben, über die sämtliche Regierungszahlungen laufen – inklusive solcher von Firmen, mit denen Musks Unternehmen wie SpaceX oder Starlink in direkter Konkurrenz stehen. Den Plan dahinter erklärte Musk dann selbst: Man werde sämtliche Zahlungen der US-Finanzbehörde an Drittfirmen einfrieren, verkündete er am Sonntag

Der Präsident scheint damit einverstanden zu sein. "Er ist ein großer Kostendrücker", sagte Donald Trump, als er am Samstag auf die von vielen Beobachtern als ziemlich radikal wahrgenommenen Aktionen angesprochen wurde. "Manchmal sind wir nicht einer Meinung, und dann setzen wir seine Pläne nicht um. Aber insgesamt macht er einen großartigen Job. Er wird das Regierungsbudget sehr stark kürzen."

Wenig Qualifikation

Statt auf Experten setzt Musk dabei aber offenbar auf Loyalisten. Die bisher identifizierten Mitglieder seines Teams, Akash Bobba, Edward Coristine, Luke Farritor, Gautier Cole Killian, Gavin Kliger und Ethan Shaotran, haben laut ersten Erkenntnissen allesamt keinerlei Erfahrung mit Regierungsbehörden oder in Personalabteilungen. Stattdessen haben sie vor allem zwei Dinge gemeinsam: Sie arbeiteten als Praktikanten in Unternehmen, die von Elon Musk und/oder Peter Thiel geführt werden. Oder sie veröffentlichten politische Meinungen, die aktuelle Entscheidungen der Trump-Regierung loben.

Bobba und Coristine etwa werden aktuell als "Experten" der US-Personalbehörde OPM geführt. Diese ist verantwortlich für sämtliche Beamten auf Bundesebene. Seit dem Regierungswechsel wird sie von Amanda Scales geleitet, einer ehemaligen Angestellten von Elon Musks KI-Unternehmen xAI. Die beiden Experten berichten internen Unterlagen zufolge direkt an Scales. Und sollen die Arbeit der Beamten bewerten: Laut anonymen Betroffenen soll etwa Coristine an Teamanrufen beteiligt gewesen sein, in denen Entwickler der Behörde anhand ihres Programmcodes ihre Arbeit rechtfertigen sollten. Was ihn dazu qualifizieren soll, ist unklar: Der 19-Jährige hat erst im letzten Jahr die Highschool beendet, danach ein Praktikum bei Musks Firma Neuralink absolviert. In den Call meldete er sich mit einer privaten E-Mail-Adresse an. 

Das Bild setzt sich fort. Farritor machte Praktika bei Musks Firma SpaceX und erhielt ein Stipendium durch Thiel, nachdem er die Uni geschmissen hatte. Kliger, der als "Spezialberater" des OPM gelistet ist, arbeitete nach seinem 2020 beendeten Studium bei einer KI-Firma. Vor allem aber ist er voll auf Trump-Linie und beklagte in zwei Blogposts die "Schmutzkampagne" gegen die Trump-Verbündeten Matt Gaetz und Pete Hegseth. Killian wird als unbezahlter Mitarbeiter von DOGE gelistet. Shaotran hatte bei einem Hackathon von xAI den zweiten Platz belegt.

Bewerbung bei X

Die Zusammensetzung dürfte kein Zufall sein. Bei der Ankündigung der neuen Behörde hatte DOGE-Chef Musk explizit erklärt, dass man auf Erfahrung wenig Wert lege. "Wir suchen revolutionäre Fans eines schlanken Staats, die bereit sind, 80 Stunden und mehr pro Woche an unrühmlichen Kostensenkungen zu arbeiten", verkündete er via X. Bewerbungen liefen direkt über den Kurznachrichtendienst – wodurch nur Abonnenten seines Premium-Angebots überhaupt Zugang zum Verfahren hatten. Da Bezahlung kein Thema war, verwundert es nicht, dass sich vor allem Berufsanfänger und Musk-Fans bewarben.

Dass diese nun die Behörden umkrempeln sollen, stößt bei echten Experten auf Unverständnis. "Es ist sehr unwahrscheinlich, dass diese Individuen die Expertise haben, die rechtlichen und administrativen Notwendigkeiten dieser Behörden zu verstehen", klagt etwa Rechtsprofessor Nick Bednar gegenüber "Wired". "Ich mache mir Sorgen, dass ihre Interessen nicht mit denen der amerikanischen Öffentlichkeit oder der Bundesregierung in Einklang stehen könnten."

Quellen: Wired, New York Times, AP News, CNN

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