Die tödliche Messerattacke in Aschaffenburg befeuert die Migrationsdebatte vor der Bundestagswahl. Fast alle Spitzenpolitiker stellen Forderungen.
Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder hat eine "Null Toleranz"-Politik bei der Migration gefordert. Er sei sich mit CDU-Chef Friedrich Merz einig, dass "das Grundprinzip null Toleranz und null Kompromiss die Leitlinie für die künftige Migrationspolitik ist", sagte Söder am Donnerstag in München als Reaktion auf den tödlichen Messerangriff in Aschaffenburg.
"Migration überfordert unser Land"
"Die Migration überfordert unser Land", sagte Söder. Das gelte nicht nur in finanzieller Hinsicht. Deutschland sei ein "humanes Land", betonte der CSU-Chef mit Blick unter anderem auf die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine. "Aber das kann am Ende nicht auf Kosten der eigenen Bevölkerung gehen." CSU und CSU seien sich in dieser Frage einig.
"Es reicht, es reicht, es reicht", sagte Söder. Angriffe wie in Mannheim, Magdeburg oder nun Aschaffenburg seien "keine Zufälle, sondern die Folge einer Kette einer falschen jahrelangen Migrationspolitik". Es sei "überfällig, dass sich in Deutschland etwas ändert". Die meisten Zuwanderer, die nach Deutschland kämen, verhielten sich "überwiegend ordentlich" und leisteten einen Beitrag für das Land. "Aber unser Motto muss sein: Sicherheit first", sagte Söder.
Die Tatsache, dass der Tatverdächtige ein ausreisepflichtiger Afghane ist, rückten Politiker mehrerer Parteien vier Wochen vor der Bundestagswahl ins Zentrum der Debatte.
CDU-Chef Friedrich Merz will für den Fall seiner Wahl zum Bundeskanzler ein "faktisches Einreiseverbot" für alle Menschen ohne gültige Einreisepapiere verhängen. Er werde gleich an seinem ersten Tag als Bundeskanzler eine entsprechende Anweisung an das Bundesinnenministerium erlassen, sagte Merz am Donnerstag in Berlin als Reaktion auf das Messerattentat in Aschaffenburg. Merz stellte einen Fünf-Punkte-Katalog zu Verschärfungen in der Migrationspolitik vor, bei denen er nach eigenen Angaben nicht zu Kompromissen bereit ist.
Interview Messerkriminalität Daniela Behrens Innenministerin Niedersachsen 12.02"Es braucht eine Vollbremsung bei der Migration", sagte der Landesgruppenchef und Spitzenkandidat der CSU, Alexander Dobrindt, am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. "Das heißt: Zurückweisungen an den Grenzen, Drittstaatenlösung, konsequente Abschiebung von Straftätern." Er warf der bisherigen Ampel-Regierung Wortbruch bei angekündigten Abschiebeplänen vor. "Das alles trägt zur Polarisierung in unserer Gesellschaft bei."
Politische Debatte nach Aschaffenburg
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte bereits nach der Tat am Mittwoch erklärt: Gegenüber Tätern, die als Schutzsuchende nach Deutschland gekommen seien, sei "falsch verstandene Toleranz völlig unangebracht". Er hatte sich am Mittwochabend eigens mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und den Chefs der Sicherheitsbehörden zu einem Krisengespräch getroffen. Aus dem Innenministerium hieß es am Donnerstag, das Gespräch zwischen Kanzler und Ministerin sei vertraulich gewesen.
Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck verwies darauf, dass der mutmaßliche Täter psychische Probleme habe und bereits gewalttätig aufgefallen sei. "Wie konnte er trotzdem aus dem Blick geraten?", fragte Habeck auf X. FDP-Chef Christian Lindner mahnte, Deutschland müsse ein tolerantes Land bleiben. "Aber das muss zu unseren Regeln stattfinden, nicht zulasten unserer Sicherheit", schrieb Lindner auf X.
Die Aschaffenburger CSU-Bundestagsabgeordnete und Innenpolitikerin Andrea Lindholz sagte im Deutschlandfunk, es müsse aufgeklärt werden, warum sich der Täter überhaupt noch in Deutschland aufgehalten habe, nachdem er ausreisepflichtig gewesen sei.
Pressestimmen zu Aschaffenburg 10.53Bei dem Messerangriff am Mittwoch waren ein Kleinkind und ein Mann getötet worden. Der tatverdächtige Afghane sollte nach Polizeiangaben am Donnerstag einem Haftrichter vorgeführt werden. Der Termin am Amtsgericht zur Entscheidung über eine mögliche Untersuchungshaft sei im Lauf des Nachmittags vorgesehen, sagte ein Polizeisprecher.
Messerattacke auf Kindergartengruppe
Bei dem Kind handelt es sich um einen zweijährigen Jungen marokkanischer Abstammung, der mit einer Kindergartengruppe unterwegs war, wie Minister Herrmann später am Tatort sagte. Die zweite getötete Person sei ein 41-jähriger deutscher Passant, der zufällig dort gewesen sei und als Helfer eingeschritten sei. Weitere Personen seien teils schwer verletzt worden. Der 28 Jahre alte Tatverdächtige habe ein Asylverfahren durchlaufen und sei ausreisepflichtig gewesen.