Am Montag treffen sich die Spitzen der Tarifbezirke Bayern und Küste zur möglicherweise entscheidenden vierten Verhandlungsrunde. Beim Hauptthema ist die Kluft immer noch groß.
Die Tarifparteien in der Metall- und Elektroindustrie wollen die Verhandlungen am Montag zu Ende bringen - die Einigung auf eine Einkommenserhöhung ist aber noch eine hohe Hürde. Der bayerische IG-Metall-Chef und Verhandlungsführer Horst Ott sagte, es gebe ein paar Themen, wo eine Lösung allmählich in Sichtweite komme. "Aber beim Kernthema Geld sind wir meilenweit auseinander." Auf der Zielgeraden sei man noch nicht. "Alle, die am Tisch sitzen, sind sich ihrer Verantwortung bewusst."
Das betonten auch die bayerischen Arbeitgeber. Deren Verhandlungsführerin Angelique Renkhoff-Mücke sprach am Montag von großem Einigungswillen, schränkte aber ein, dass der Abschluss "verantwortungsvoll" sein und Stabilität geben müsse.
Die Tarifparteien der Tarifbezirke Bayern und Küste wollen am Montag versuchen, einen Pilotabschluss für bundesweit 3,9 Millionen Beschäftigte der Metall- und Elektroindustrie zu erreichen. Auch Renkhoff-Mücke betonte, dass es nicht einfach werde. Beide Seiten müssten "vielleicht noch über ein Stöckchen springen", sagte sie. "Vielleicht wird es auch ein großer Stock." Dennoch schätzte sie die Chance, in der anstehenden vierten Gesprächsrunde zu einer Einigung zu kommen, auf "über 50 Prozent". Was man jetzt brauche, sei "eine Art Krisenabschluss", um den Standort Deutschland zu stabilisieren.
Hoher Erwartungsdruck bei Beschäftigten
Der Bezirksleiter und Verhandlungsführer der IG Metall Küste, Daniel Friedrich, sagte, die Erwartungen der Gewerkschaftsmitglieder seien groß. Die IG Metall hatte ihre 7-Prozent-Forderung im Mai aufgestellt, als die Wirtschaftsaussichten noch besser schienen. Die IG Metall sei bei einem Scheitern der Gespräche vorbereitet: Jeder Bezirk habe Pläne für 24-Stunden-Streiks bei der Gewerkschaftszentrale in Frankfurt eingereicht. Verhandlungsführerin Renkhoff-Mücke sieht die Arbeitgeber derzeit allerdings weniger erpressbar als in früheren Tarifrunden, als viele Unternehmen in der Produktion unter Volllast standen.
Bereits in der zweiten Warnstreikwoche haben sich laut IG Metall mehr als eine halbe Million Beschäftigte an Protestaktionen beteiligt. "Dieser Bewegung vor den Werkstoren muss endlich auch Bewegung am Verhandlungstisch folgen", forderte die Erste Vorsitzende der Gewerkschaft, Christiane Benner. "Unsere Kolleginnen und Kollegen sind entschlossen und zu Recht ungeduldig."
Die Gewerkschaft fordert sieben Prozent mehr Lohn bei einer Laufzeit von einem Jahr. Die Arbeitgeber bieten bei einer Laufzeit von 27 Monaten nach neun Nullmonaten schrittweise insgesamt 3,6 Prozent mehr. Bei früheren Tarifabschlüssen spielten stufenweise Erhöhungen und Laufzeiten der Verträge oft eine wichtige Rolle.
Flexible Regelungen im Tausch für Zusagen
Die Arbeitgeber verweisen auf immer neue Hiobsbotschaften aus Unternehmen und einen laufenden Arbeitsplatzabbau. Viele Firmen sähen keinen anderen Ausweg mehr, sagte Renkhoff-Mücke. Ott betonte dagegen: "Wenn Betriebe in Schwierigkeiten kommen, haben wir immer eine Lösung gefunden. Aber es geht um einen Flächentarifvertrag."
Bei den Sondierungsgesprächen geht es zum Beispiel um Ausnahmen für Betriebe, die weniger als 2,3 Prozent Umsatzrendite erwirtschaften. Solche Ausnahmeregelungen wollen die Arbeitgeber ausbauen.
Erster Pilotversuch mit zwei Tarifbezirken
Zum ersten Mal versuchen zwei Tarifbezirke gemeinsam, einen Pilotabschluss zu erreichen. In den vergangenen Jahren hatte es Piloten in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen gegeben, 2013 in Bayern.
In Hamburg plant die IG Metall am Montag eine große Kundgebung mit der Ersten Vorsitzenden Benner. Um 16.30 Uhr sollen die Verhandlungen beginnen. Friedrich rechnet damit, dass es auf jeden Fall "bis nach Mitternacht" geht.
"Noch mal Vollgas" bei Warnstreiks
Die IG Metall will weiter zu Warnstreiks aufrufen, bis ein Pilotabschluss erreicht ist. "Wir geben noch mal Vollgas, um den Arbeitgebern zu zeigen, dass es uns ernst ist", sagte Ott.
Die Spätschicht im größten europäischen BMW-Werk Dingolfing sollte am Freitag zweieinhalb Stunden früher Feierabend machen. Im Allgäu sollen sämtliche Schichten von AGCO Fendt, Robert Bosch und Liebherr Aerospace ihre Schichten zwei oder drei Stunden früher beenden. Insgesamt ruft die IG Metall Bayern Beschäftigte in 36 Betrieben zu Warnstreiks auf.