Die IG Metall hat bundesweit ihre Warnstreiks in der Metall- und Elektroindustrie gestartet. Daran ändern auch die parallelen Verhandlungen zunächst nichts.
Trommeln und Fackeln, Trillerpfeifen und Bengalos: Unmittelbar nach Mitternacht hat die IG Metall ihre bundesweiten Warnstreiks in rund 370 Betrieben der Metall- und Elektroindustrie gestartet. Den Tag über haben sich rund 71.000 Menschen beteiligt, wie der Gewerkschaftsvorstand in Frankfurt mitteilt. Da es bei den regionalen Tarifverhandlungen in jeweils dritter Runde in Kiel und Hannover zunächst keine Annäherung gibt, will die Gewerkschaft ihre Aktionen an diesem Mittwoch fortsetzen. Schwerpunkte sollen die Tarifgebiete Küste und Mitte (Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland) sein.
Machtvolle Demonstrationen mit jeweils Tausenden Teilnehmern gab es bereits in Kiel, bei Ford in Köln und in der Auto-Hauptstadt Stuttgart bei Porsche. In Ingolstadt versammelten sich rund 5.000 Metall-Auszubildende aus ganz Bayern, um für die überproportionale Steigerung ihrer Vergütungen um 170 Euro im Monat zu demonstrieren. Für sämtliche anderen Beschäftigten verlangt die IG Metall sieben Prozent mehr Geld.
VW-Sparpläne überschatten Verhandlungen
Überschattet werden die Warnstreiks und Verhandlungen von drastischen Sparplänen beim Autobauer VW. Nach Angaben des dortigen Betriebsrats stehen Werksschließungen, Massenentlassungen und Lohnkürzungen auf der Agenda des Vorstands, der die Pläne im Detail zunächst nicht bestätigte. Die Krise beim größten deutschen Autobauer ist auch Thema beim Industrie-Gipfel im Kanzleramt.
Demonstriert wurde in der Nacht unter anderem bei dem möglicherweise von der Schließung bedrohten VW-Werk in Osnabrück. 250 Mitarbeitende waren vor Ort, teilte ein Sprecher der IG Metall in der Nacht mit. "Die Beschäftigten geben ihren dauerhaften Preisdruck an der Kasse über Warnstreiks jetzt an die Arbeitgeber zurück: für eine schleunige Lösung mit Substanz", erklärt die neue IG-Metall-Tarifvorständin Nadine Boguslawski. Das von der Schließung bedrohte Werk mit rund 2.500 Beschäftigten fällt nicht unter den VW-Haustarifvertrag, in dem noch bis Ende November Friedenspflicht herrscht.
Ein weiterer Schwerpunkt war der Saarbrücker Getriebe-Standort des Autozulieferers ZF, der zuletzt einen Stellenabbau angekündigt hatte. Hier kamen kurz nach Mitternacht rund 2.500 Menschen zu einem Demonstrationszug mit anschließender Kundgebung zusammen. An dem Standort sollen bis Ende kommenden Jahres 1.800 Arbeitsplätze wegfallen. Deutschlandweit sieht der von dem Konzern angekündigte Jobabbau in den kommenden vier Jahren die Streichung von bis zu 14.000 Stellen in Deutschland vor.
Gewerkschaft und Arbeitgeber liegen weit auseinander
Hauptargument der IG Metall für deutliche Lohnsteigerungen ist die fehlende Kaufkraft der Beschäftigten nach Jahren mit hoher Inflation. Die Gewerkschaft fordert in den Verhandlungen 7 Prozent mehr Geld innerhalb eines Jahres, während die Metallarbeitgeber 3,6 Prozent in einem Zeitraum von 27 Monaten anboten. Die erste Stufe von 1,7 Prozent soll im Juli 2025 greifen. Die Unternehmen verweisen auf schwache Produktionswerte und fehlende Aufträge.
Die Verhandlungen in Hannover dauerten nicht einmal eine Stunde. Der Verhandlungsführer der niedersächsischen Arbeitgeber, Wolfgang Niemsch, zeigte sich enttäuscht: "Das stoische Festhalten an einmal aufgestellten Forderungen, untermauert durch erste Warnstreiks, entspricht nicht dem Wesen von Tarifverhandlungen. Erst recht nicht, wenn eine Seite bereits ein Angebot auf den Tisch gelegt hat." Die von der IG Metall geschürte Erwartungshaltung sei unverantwortlich, weil sie der wirtschaftlichen Realität der Branche nicht gerecht werde.
Am Mittwoch (30. Oktober) wird der Reigen der regionalen Tarifverhandlungen in Bayern fortgesetzt. Am Donnerstag (31. Oktober) folgen dann Baden-Württemberg in Böblingen, Nordrhein-Westfalen in Neuss und Mitte (Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland) in Mainz.