Der Deutsche Fußball-Bund fordert Respekt gegenüber Schiedsrichtern – Vizekapitän Antonio Rüdiger aber tritt diese Werte mit Füßen. Warum der DFB nicht konsequent genug ist.
Im Copa-del-Rey-Finale gegen den FC Barcelona brannten bei Real-Madrid-Star Antonio Rüdiger alle Sicherungen durch. Kurz nach dem entscheidenden 2:3 (116. Minute) kam es auf der Bank der Königlichen zu einem Tumult. Rüdiger rastete dabei aus und warf einen Gegenstand nach Schiedsrichter Ricardo de Burgos Bengoetxea. Der gab ihm dafür die Rote Karte.
Am Morgen nach der Partie folgte die übliche, vorhersehbare Entschuldigung. Plötzlich einsichtig, schrieb Rüdiger bei X: "Es gibt definitiv keine Entschuldigung für mein Verhalten gestern Abend. Es tut mir sehr leid (...) vor dem Schlusspfiff habe ich einen Fehler gemacht. Ich entschuldige mich nochmals beim Schiedsrichter und bei allen, die ich gestern Abend enttäuscht habe."
Trotz der "Einsicht" im Nachgang ist dieses Verhalten eines DFB-Vizekapitäns unwürdig. TV-Experte Didi Hamann forderte im Sport1-"Doppelpass" daher Konsequenzen: "Ich glaube, dass ihn der DFB suspendieren sollte. Ich würde ihn zum End-Turnier der Nations League nicht einladen und ihn für die zwei Spiele weglassen." Damit hat er recht. Zumal der Deutsche Fußball-Bund den Respekt gegenüber Schiedsrichtern mit Initiativen und Kampagnen fördert.
Nationalspieler sind schon für weniger geflogen
Rüdiger war in der Vergangenheit häufiger verhaltensauffällig: Der Verteidiger erhielt erst vor Kurzem eine Geldstrafe von 40.000 Euro für seine Kopf-ab-Geste in Richtung der Gegnerfans. Bislang hielt sich der DFB bei solchen Aussetzern bedeckt, weil Rüdiger sie sich als Real-Madrid-Spieler leistete, nicht im Nationaldress. In Länderspielen fällt der Verteidiger hingegen kaum negativ auf.
Andere Nationalspieler sind schon für weniger geflogen: Legendär ist etwa Stefan Effenbergs Stinkefinger-Geste in Richtung der Deutschland-Fans bei der WM 1994 in den USA, worauf der Rauswurf aus der Nationalmannschaft folgte. "Mit 10.000 Dollar hätten wir uns lächerlich gemacht bei den Einkommen der Spieler", begründete der damalige DFB-Präsident Egidius Braun die drastische Maßnahme.
Ob der heutige Präsident Bernd Neuendorf bei einem Rüdiger-Ausraster im DFB-Trikot genauso konsequent wäre? Fraglich. Denn für das Nagelsmann-Team ist Rüdiger zu wichtig. Seine Präsenz in der Innenverteidigung wäre derzeit nicht zu kompensieren. Allerdings betont Bundestrainer Julian Nagelsmann auch immer wieder, wie wichtig es sei, Werte zu vermitteln und Verantwortung zu übernehmen – auf und neben dem Platz.
Im Fall Rüdiger muss der DFB Taten folgen lassen
Eine erste Äußerung aus Kreisen der Nationalmannschaft gibt es bereits. DFB-Sportdirektor Rudi Völler hat Antonio Rüdiger für dessen Ausraster im spanischen Pokalfinale kritisiert: "Das geht nicht. Schon gar nicht als deutscher Nationalspieler. Das muss er ändern, und das weiß er auch selbst, das zeigt seine öffentliche Reaktion."
Wenn der Deutsche Fußball-Bund glaubwürdig bleiben will, reicht eine verbale Rüge aber nicht. Spieler, die sich in ihrem Verein so verhalten, müssen auch im Nationalteam mit Konsequenzen rechnen. Im Fall Rüdiger gäbe es für den DFB nun die Gelegenheit, auf Worte Taten folgen zu lassen – und die eigenen Werte zu vertreten. Sonst verliert er seine Glaubwürdigkeit.