Tote, Verletzte, Brände, Verschmutzung, Lärm: Die Argumente für ein Böllerverbot dürfen nicht länger ignoriert werden. Vor allem nicht von Männern.
Das neue Jahr begann für die Chefin der Grünen Jugend mit einer organisationsuntypischen Geste der Demut. "Niemand sollte Silvester verletzt werden", schrieb Jette Nietzard im sozialen Netzwerk X. "Ich entschuldige mich für meinen Tweet. Hätte ich so nicht formulieren sollen."
In der Tat. Am Silvesterabend hatte sie noch diesen Satz gepostet: "Männer, die ihre Hand beim Böllern verlieren, können zumindest keine Frauen mehr schlagen."
Ein zynischer Satz, ohne Frage. Die Entschuldigung war nötig. Böller Post Grüne Jette 07.33
Was allerdings an der Polemik stimmt: Es sind nahezu ausschließlich Männer, die sich mit Pyrotechnik verletzen – oder andere damit verletzen.
Das Unfallkrankenhaus Berlin hatte zuletzt Daten aus beinahe zwei Jahrzehnten ausgewertet. Danach handelte es sich bei 97 Prozent der Menschen, die durch Feuerwerk schwer verletzt wurden, um Männer.
Auch die fünf Todesopfer der jüngsten Silvesternacht waren männlich. Und mit jugendlicher Waghalsigkeit lassen sich die Unfälle nur eingeschränkt erklären. Ihr jeweiliges Alter: 20, 21, 24, 45 und 50.
Es reicht! Das seit Jahren ergebnislos diskutierte Böllerverbot ist überfällig. Denn es sind ja nicht nur die Toten. Auch sonst wirkt die pyrotechnische Bilanz deutscher Silvesternächte verheerend. 01: Deutschland startet ins neue Jahr fünf Tote durch Böller - 69b1bf042f8a31e1
Ein Böllerverbot schützt auch Feuerwehrleute
Abertausende Menschen erleiden jedes Jahr Verbrennungen und Hörschäden. HNO-Ärzte sprechen von bis zu 8000 Verletzungen des Innenohrbereichs. Bei einem Drittel der Patienten kommt es zu dauerhaften Folgen wie Tinnitus.
Dass die Unfälle immer schwerer werden, kann niemanden überraschen, der sich zum Jahreswechsel in einer gewöhnlichen deutschen Innenstadt aufhielt. Raketen wurden gezielt auf Menschen geschossen, Chinaböller direkt vor die Füße geworfen – und ja: Einsatzkräfte angegriffen.
Insbesondere die Attacken auf die Feuerlehrleute zeigen den Irrsinn des sogenannten Silvesterbrauchs. Allein aus Berlin wurden knapp 1900 Einsätze gemeldet; 825 Brände waren zu löschen.
Hinzu kommen all die anderen Kollateralschäden durch das Feuerwerk, für das die Deutschen zuletzt die Rekordsumme von 180 Millionen Euro ausgaben. Die meisten Tiere leiden durch den Lärm, ob nun im Haus oder der Natur. Darüber hinaus werden binnen weniger Stunden etwa 1500 Tonnen Feinstaub in die Luft geblasen. Vom sinnlos produzierten Müll gar nicht zu reden. Böller 12.00
Deshalb muss es ein Verbot geben. Auch wenn Parteien wie CDU, AfD und FDP dagegen stehen – es existiert kein Grundrecht, sich und andere mutwillig zu gefährden.
Zudem gibt es ja vernünftige Kompromisslösungen. In Frankreich zum Beispiel haben viele Städte private Pyrotechnik verboten und lassen stattdessen Feuerwerke zentral von Profis durchführen.
Und: Sogar in Deutschland ergeben Umfragen immer wieder eine Mehrheit für ein Verbot oder zumindest schärfere Regularien. Bei Frauen ist diese Mehrheit übrigens besonders groß.