Die Klimabewegung meldet sich zurück. Im Wahlkampf will Fridays for Future mitmischen. Doch warum nicht gleich selbst antreten? Drei Gründe, die dafür sprechen.
2024 endete mit Hitzerekorden. 2025 beginnt mit historischen Bränden in Kalifornien. Den Klimaschutz in Deutschland hat die Ampel-Regierung erfolgreich abgesägt. Im Wahlkampf wird das Thema fast totgeschwiegen. Doch nun kommt Fridays for Future ins Spiel. Die klimabewusste Teenie-Truppe ist zurück, um den Wahlkampf aufzumischen.
Sie mögen das belächeln (hab' ich anfangs auch), aber die neuen Forderungen der Aktivisten sind besser, als man es der ganzen Klimabewegung zuletzt zugetraut hätte.
Schauen Sie auf die Letzte Generation, die seit einem Jahr weniger auf den Straßen fürs Klima, als vor Gericht für ihre eigene Freiheit kämpft. Sie hat ihre Forderungen kaum an die verantwortlichen Politiker adressiert, sondern ihren Frust über die vergeigte Klimapolitik an den eigentlich wohlgesinnten Bürgern ausgelassen.Globaler Klimastreik FFF in Hamburg 20.00
Fridays for Future will vor der Wahl Parteien sowie Spitzenkandidaten konfrontieren. Das wird nicht reichen. Alle Parteien – ja, auch die Grünen – sind offenbar laut schweigend darüber eingekommen, dem Klimaschutz im Wahlkampf keine Stimme zu geben. FFF will sie zu Bekenntnissen zwingen, doch das hat auch die Letzte Generation schon probiert (Spoiler: Sie scheiterte.) Selbst wenn es FFF gelänge: Mit Bekenntnissen ist es längst nicht getan (Stichwort: Ampel-Koalition). Und doch hätten sie eine Chance. Beispielsweise mitten im Bundestag.
Warum nicht zur Wahl antreten, Fridays for Future?
Was wir brauchen, ist eine Partei, die es ernst meint mit dem Klima und junge Menschen mitreißt.
Sie erinnern sich dunkel: Vor vierzig und vor vier Jahren waren das die Grünen.
Wer könnte es heute sein?
Vielleicht Fridays for Future.
Warum also nicht direkt kandidieren?
Die Grünen haben vorgemacht, wie aus einer jungen Umweltbewegung eine Partei werden kann. Doch die Grünen sind seitdem gealtert. Knapp drei Jahre hat sie gebraucht, um die junge Wählerschaft, die sie in die Regierung katapultierte, wieder zu vergraulen. Fridays for Future könnte sie zurückholen.
Gründe für die neuen Grünen
- Menschen unter 25 Jahren gehen naturgemäß seltener wählen als ältere Menschen. Allerdings hat die Klimabewegung gezeigt, dass sich junge Generationen durchaus politisch engagieren können und wollen: Bundesweit ist es keiner Partei oder Bewegung der vergangenen zwanzig Jahren gelungen, annähernd so viele junge Menschen zu mobilisieren wie Fridays for Future. Die Klimagruppe hat eine ganze Generation politisiert. Das machte sich bei der Bundestagswahl 2021 bemerkbar: Anders als bei allen vorausgegangenen Wahlen stieg die Wahlbeteiligung vor allem bei den 21- bis 24-Jährigen – also den Anhängern Thunbergs. Nutznießer waren die Grünen, weil sie die Anliegen der Fridays for Futures inhaltlich teilten. Die Grünen haben es selbst nicht geschafft, die U-25er zu mobilisieren – FFF schon. An diesen Erfolg könnten sie wieder anknüpfen.
- Bei der Europawahl 2024 zeigte sich dann: Die Grünen konnten das Geschenk der Klimabewegung nicht halten. In der Legislatur enttäuschten sie die junge Wählerschaft, sodass diese nun konservativ und rechts wählt. Die AfD ist außerdem die einzige Partei in Deutschland, die verstanden hat, wie man diese Wählergruppe für sich gewinnen kann: indem sie ihr Angst vor Perspektivlosigkeit anspricht. Dagegen haben die Grünen im Wahlkampf keine Chance – Fridays for Future möglicherweise schon. Ihre Forderungen orientieren sich konstruktiv an den Bedürfnissen der jungen Generation (wirtschaftliche und soziale Sicherheit, berufliche Perspektiven kombiniert mit Klimaschutz und Nachhaltigkeit). Damit ist sie außerdem eine Alternative für alle Parteien, die eine Politik für alte Menschen kultivieren und dabei eines vergessen: Junge Menschen sind rar, aber es gibt sie noch! Und wenn man will, dass sie dieses Sozialsystem mittragen, damit Boomer noch ihre Rente kassieren, dann sollte man sich auch um sie kümmern.IV Fridays for Future Bundestagswahl 10.45
- Auch wenn Fridays for Future keine Dauererfolge erreicht: Die Bewegung bleibt ihrem Kernanliegen treu. In Sachen Klimaschutzpolitik wäre Fridays for Futures glaubwürdiger als alle anderen Parteien, die sich daran versucht haben, gescheitert sind, das aber nicht zugeben wollen. Den Politsprech haben die Aktivisten längst drauf. Mit ein bisschen Arbeit könnte aus ihren Forderungen ein Parteiprogramm werden.
Zivilgesellschaftlicher Druck ist nicht alles
Klar fehlen den jungen Aktivisten die Erfahrungen von Berufspolitikern wie Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner. Aber die hatten die Grünen in den 1980er Jahren auch nicht.
Und sicher ist auch der zivilgesellschaftliche Druck für politische Veränderungen unverzichtbar. Aber wenn uns die letzte Legislatur eines gelehrt hat, dann das: Trotz massiver Klimaproteste kann eine Regierung unter einem selbsternannten Klimakanzler ihre versprochene Klimapolitik zurückschrauben – ganz egal, ob sie gesetzlich zur Nachhaltigkeit verpflichtet sind und wie häufig sich junge Menschen auf die Straßen kleben.
Also, wie lange noch warten, Fridays for Future?