Die Schäden im Libanon sind ersten Eindrücken zufolge massiv, Satellitendaten zeigen mehrere Brände nach israelischen Angriffen. Große Teile der Bevölkerung sind auf der Flucht. Beide Seiten melden neue Raketenbeschüsse, und Israel wappnet sich für weitere Angriffe der Hisbollah.
Nach den massiven israelischen Angriffen auf den Süden des Libanon sind Tausende Familien geflohen und harren nun in Hotels oder bei Freunden und Verwandten in der Hauptstadt Beirut aus. Eine von ihnen ist Fatima Ezzeddine: "Wir sind nur mit dem Nötigsten in einer kleinen Tasche entkommen", erzählt sie der Deutschen Presse-Agentur. "Mein im Ausland lebender Bruder hat uns in einem Hotel zwei Zimmer gebucht".
Vorher habe sie zehn Stunden lang im Stau gesteckt, um aus dem Süden des Landes bis nach Beirut zu kommen, sagt sie. Bei den Luftangriffen seien ihr Nachbarhaus in Tyros stark beschädigt und mehrere Menschen getötet und verletzt worden. An den Hauptstraßen, die aus dem Süden nach Beirut führen, herrscht an diesem Dienstagmorgen weiterhin Stau. Viele stehen unter Schock und wirken müden von der Reise.
Auch am Dienstag fliegen Raketen
Seit der neuerlichen Eskalation zwischen Israel und dem Libanon mussten insgesamt rund 150.000 Menschen ihre Wohnorte auf beiden Seiten der Grenze verlassen. Vor seinen erneuten Angriffen warnte Israels Militär die Zivilbevölkerung im Libanon wohl durch automatisierte Anrufe und SMS-Nachrichten. Berichten zufolge wurde dazu aufgerufen, sich bis auf Weiteres von Dörfern fernzuhalten, in denen Waffen der Hisbollah gelagert seien. Das israelische Militär griff nach eigenen Angaben auch an diesem Dienstag zahlreiche Hisbollah-Stellungen im Libanon an. Im Süden seien Dutzende Ziele beschossen worden.
Von der Nachrichtenagentur AP ausgewertete Satellitendaten geben einen Eindruck davon, welche großen Gebiete des Libanon Israel bereits am Montag bombardiert hat. Eine Fläche von mehr als 1700 Quadratkilometern wurde demnach bei Hunderten Luftangriffen unter Beschuss genommen. Ersichtlich sind darin auch große Brände im Süden des Libanon von der Grenze bis nach Maschghara im Bekaa-Tal rund 20 Kilometer weiter nördlich. Ein besonders heftiges Feuer wütete nahe der Küstenstadt Nakura, wo auch die UN-Blauhelmmission Unifil einen Stützpunkt hat.
Hisbollah meldet neue Raketenangriffe auf Israel
Auch die Hisbollah griff an diesem Dienstag morgens nach eigenen Angaben mehrere israelische Militärziele mit Raketen an. Darunter sollen sich auch eine Sprengstofffabrik, die etwa 60 Kilometer entfernt von der Grenze zum Libanon in Israel liegt, sowie ein Flugplatz befunden haben.
Die vom Iran unterstützte Miliz setzte bei ihren Angriffen nach eigenen Angaben Raketen vom Typ "Fadi" ein, die sie erstmals am Wochenende verwendet hatte. Ein Großteil der Raketen sei abgefangen worden, berichtete das israelische Militär, das von 100 Raketen spricht. Mehrere davon hätten Gebäude in dem Gebiet beschädigt und Brände ausgelöst. Ein Sprecher des israelischen Heimatschutzes sagte der Nachrichtenseite Ynet, die Einwohner sollten landesweit darauf vorbereitet sein, im Fall von Raketenangriffen Schutzräume aufzusuchen.
Am Montag hatte Israel seine bis dahin umfangreichsten Angriffe auf den Libanon geflogen, seit sich der Konflikt mit der Hisbollah im Zuge des Gaza-Kriegs wieder zuspitzte. Nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums wurden dabei mehr als 550 Menschen getötet, darunter 50 Kinder und vier Sanitäter. Mehr als 1.800 weitere Menschen sollen verletzt worden sein.
Der Libanon steckte schon vor der Eskalation zwischen der Hisbollah und Israel in einer schweren Finanz- und Wirtschaftskrise. Die örtliche Währung hat mehr als 95 Prozent ihres Werts verloren. Schätzungsweise 80 Prozent der Bevölkerung lebt in Armut.