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Matthieu Blazy: Chanels neuer Designer: Geht er auf Anti-Lagerfeld-Kurs?



Schluss mit dem Dornröschenschlaf: Chanel hat Matthieu Blazy zum neuen Kreativchef ernannt. Damit endet eine Ära. Warum der Neuanfang eine große Chance birgt.

Seit Monaten gibt es in der Modewelt nur ein Thema: Wer übernimmt das Ruder bei Chanel? Nach dem Weggang von Virginie Viard, Lagerfelds langjähriger Assistentin, wurden Namen wie Hedi Slimane, John Galliano und Simon Porte Jacquemus hoch gehandelt. Auch die The-Row-Designerinnen Mary-Kate und Ashley Olsen waren im Gespräch. An ihrer Marke sind die Wertheimers beteiligt, der Familie gehört auch Chanel. Doch nun gab das Pariser Couture-Haus bekannt: Den begehrtesten Job der Branche ergattert Matthieu Blazy.

Blazy führte Bottega Veneta zum Erfolg

Der Designer mit belgisch-französischen Wurzeln mag für viele außerhalb der Modewelt unbekannt sein, doch machte er sich als Kreativchef von Bottega Veneta einen großen Namen. 2021 begann er bei der italienischen Luxusmarke, seine Shows galten als die begehrtesten und besten der Mailänder Modewoche. Blazy spielte nicht nur mit Trompe-L’Oeil-Effekten, in dem er Kleider aus Leder wie Jeans oder Bast aussehen ließ, er verstand es auch, die Codes der Marke, wie etwa das geflochtene Leder, neu zu interpretieren. Damit war er so erfolgreich, dass Bottega Veneta das einzige Luxuslabel des Kering-Konzerns ist, dass den Umsatz im letzten Quartal 2024 deutlich steigern konnte. Ganz anders als die Schwestermarken Gucci, Saint Laurent und Balenciaga.

Ein Model trägt ein Lederkleid mit Fransen von Bottega VenetaSieht aus wie Bast, ist aber Leder: Für Bottega Veneta setzte Matthieu Blazy auf Trompe-L’Oeil-Effekte.
© Rick Gold

Sein Können muss Blazy nun bei Chanel beweisen, einer Marke, die deutlich größer ist als Bottega Veneta. Für sie wird er nicht nur Pret-à-Porter-Kollektionen entwerfen, sondern auch Couture. "Ich bin davon überzeugt, dass er in der Lage sein wird, durch einen kontinuierlichen Dialog mit dem Studio, unseren Ateliers und unseren Maisons d'Art mit den Codes und dem Erbe des Hauses zu spielen", sagt Bruno Pavlovsky, Präsident der Modesparte von Chanel.

Um erfolgreich zu sein, muss Blazy aber nicht nur die typischen Symbole der Marke – das geschwungene CC-Logo, Perlen und die Kamelienblüte – in seine Entwürfe integrieren. Seine Aufgabe ist es, die Marke neu zu denken, sie auf den Kopf zu stellen. Zwar war seine Vorgängerin Virginie Viard mehr als 30 Jahre an der Seite von Karl Lagerfeld und führte die Designsprache nach seinem Tod 2019 erfolgreich fort. Die Umsätze stiegen in ihrer Schaffenszeit zuletzt um 75 Prozent, 2023 konnte Chanel das Jahresergebnis um 16 Prozent auf 18 Milliarden Euro steigern. Dennoch galt die Marke zuletzt als angestaubt, Viard als Erbverwalterin Lagerfelds. STERN PAID Chanel Show 10.52

Blazys Mode muss deshalb die Antithese zu Lagerfeld und Viard sein. Keine leichte Aufgabe. Das zeigte auch der Designer Hedi Slimane, als er die Kreativleitung von Celine übernahm. Der Franzose, der zuvor bei Dior Homme gearbeitet hatte und für dessen Slimfit-Anzüge Karl Lagerfeld einst 42 Kilo abnahm, folgte 2018 auf Phoebe Philo. Sie hatte die Marke mit ihren Anti-Sex-Looks geprägt, ein Stil, der bei vielen selbstbewussten und erfolgreichen Frauen gut ankam. Slimane hingegen setzte auf einen radikalen Kurswechsel: Er führte nicht nur eine Männerlinie ein, sondern formte Celine auch zu einer rockig-coolen Hipster-Marke mit L.A.-Vibes. Damit verschreckte er viele Celine-Kundinnen, etablierte das Label aber gleichzeitig bei einer jungen, kaufkräftigen Zielgruppe.

Chanel, die begehrteste Marke 2025?

Blazys Kurswechsel wird sicherlich weniger hart ausfallen, der Designer gilt als äußerst feinsinnig. Seine erste Kollektion wird er im kommenden Herbst vorstellen. Doch schon jetzt ist klar: Chanel wird die angesagteste Marke 2025 sein.

Bruno Pavlovsky ist sich sogar sicher, dass Coco Chanel mit Blazys Ernennung zufrieden gewesen wäre. Im Interview mit der "New York Times" sagte er gegenüber Autorin und Mode-Koryphäe Vanessa Friedman: "Wahrscheinlich hätte sie Matthieu netter gefunden als Karl."

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