marktbericht
Nach dem gestrigen Rückschlag hält sich der DAX über der Marke von 19.000 Punkten. Neben Unternehmensbilanzen dürften heute auch die US-Inflationsdaten vom Oktober für weitere Bewegung sorgen.
Angeführt von einer Siemens-Energy-Aktie auf Rekordhoch hat sich der DAX zur Wochenmitte im Handelsverlauf etwas von der Marke von 19.000 Punkten nach oben abgesetzt, nachdem diese nach Handelsbeginn erneut gewackelt hatte. Bis zur Mittagszeit stabilisierte sich der DAX auf 19.064 Punkte und lag damit 0,2 Prozent im Plus.
Trotzdem: Der Leitindex stehe aktuell auf unsicheren Beinen, sagte Marktanalyst Frank Sohlleder vom Broker ActivTrades. Die Angst vor der neuen Amtszeit des designierten US-Präsidenten Donald Trump nehme deutlich zu. "Die Sorge, dass eine erneute 'America First'-Politik massiv auf die Exporte in die USA drücken könnte, kommt jetzt immer stärker zum Tragen", sagte Portfoliomanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. Die Stimmung verdüstert auch die Regierungskrise nach dem Ampel-Aus.
Schwache Unternehmenszahlen waren am Vortag mit dafür verantwortlich, dass es im DAX zügig abwärts gegangen war. Der deutsche Leitindex schloss gestern bei 19.033 Zählern, ein empfindlicher Tagesverlust von 2,1 Prozent.
Heute stehen zunächst Quartalszahlen im Mittelpunkt des Geschehens - vor allem die Zahlen von Siemens Energy begeistern die Anleger: Die Kursrally bei Siemens Energy nimmt weiter Fahrt auf. Die Titel des Energietechnik-Konzerns haben heute mit bis zu 21 Prozent so stark wie noch nie zugelegt und markieren ein Rekordhoch bei 47,13 Euro. Den Analysten von Berenberg zufolge seien die Marktteilnehmer von den angehobenen Mittelfristzielen und einem weniger groß als befürchtet ausgefallenen Verlust vor Sonderposten positiv überrascht worden. Die Experten von Jefferies verwiesen auf die weiter starke Auftragslage.
Gleichzeitig sehen sich Konzerne verstärkt mit Unsicherheiten angesichts der aktuellen politischen Krisen konfrontiert. So sieht der Essener Energiekonzern RWE nach dem Wahlsieg Trumps bei den US-Präsidentschaftswahlen höhere Risiken für sein US-Geschäft. "Nach dem Wahlausgang in den USA sind die Risiken für Offshore-Windprojekte größer geworden", teilte RWE am Dienstagabend mit. Dies betreffe auch das Offshore-Windprojekt von RWE vor der Ostküste der USA, das sich aufgrund ausstehender Genehmigungen zeitlich verschieben könne.
Der Wahlsieg Trumps dürfte für die ganze Wirtschaft der Bundesrepublik unangenehme Folgen haben, prognostiziert Bundesbank-Präsident Joachim Nagel: "Sollten die Zollpläne umgesetzt werden, könnte uns das in Deutschland durchaus ein Prozent der Wirtschaftsleistung kosten", sagte Nagel der Wochenzeitung "Die Zeit" laut Vorabbericht. Ein Prozent würde basierend auf dem Bruttoinlandsprodukt von 2023 in etwa 41 Milliarden Euro entsprechen. Das sei schmerzhaft, zumal die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr überhaupt nicht wachse und im kommenden Jahr wohl unter einem Prozent. "Kämen die neuen Zölle tatsächlich, könnten wir sogar in den negativen Bereich rutschen."
Dagegen helfen könnte laut dem ifo-Institut eine Ausbau des Binnenmarktes der Europäischen Union für Dienstleistungen: Durch den Wegfall von Bürokratie, die Angleichung von Regelwerken und anderen Maßnahmen ließe sich die Bruttowertschöpfung in Europa dauerhaft um 2,3 Prozent oder 353 Milliarden Euro erhöhen, heißt es in der heute veröffentlichten Untersuchung.
In den USA hat die Hoffnung, dass Trump mit Steuersenkungen und Deregulierung für neues Wachstum in den USA sorgen wird, die US-Börsen dagegen zuletzt auf neue Höchststände getrieben. Doch damit war es gestern vorbei: Die Wall Street musste ihre jüngste Gewinnserie unterbrechen. Der US-Standardwerteindex Dow Jones ging mit einem Minus von 0,9 Prozent bei 43.910 Punkten aus dem Handel. Der breiter gefasste S&P 500 verlor 0,3 Prozent auf 5.983 Punkte, und der technologielastige Nasdaq stagnierte bei 19.281 Stellen.
Die Märkte warten nun gespannt auf die anstehenden Inflationsdaten aus den USA, die weitere Hinweise auf den geldpolitischen Kurs der US-Notenbank Fed geben könnten. "Diese werden mit Spannung erwartet, denn die US-Notenbank hat die Entwicklung der Leitzinsen in den kommenden Monaten mit den Perspektiven für Inflation und Beschäftigung verknüpft", erklärten die Experten der Landesbank Helaba. Eine weitere Zinssenkung um 25 Basispunkte im Dezember, nachdem die Fed im September die Zinsen seit Jahren erstmals wieder gesenkt hatte, werde aktuell nur zu rund 63 Prozent eingepreist. Entsprechend genau würden die eingehenden Daten abgeklopft.
Der Euro ist zum Dollar auf den tiefsten Stand seit gut einem Jahr gefallen. Die Gemeinschaftswährung fiel bis auf 1,0594 Dollar, bevor sie sich etwas stabilisierte. Zuletzt notierte der Eurokurs zu 1,0625 Dollar und damit in etwa auf dem Niveau vom Vorabend. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs gestern auf 1,0617 Dollar festgesetzt.
Am Rohstoffmarkt verteuert sich Rohöl der Nordseesorte Brent und der US-Sorte WTI um je 0,7 Prozent auf 72,40 beziehungsweise 68,64 Dollar je Barrel (159 Liter). Marktteilnehmern zufolge stützten Anzeichen für ein kurzfristig verknapptes Angebot die Kurse. "Die Rohölpreise steigen leicht an, da die Anspannung auf dem physischen Markt die pessimistische Stimmung hinsichtlich der Nachfrage ausgleicht. Die Käufer auf dem physischen Markt waren besonders aktiv und alle verfügbaren Ladungen wurden schnell weggeschnappt", erklärten die Analysten von ANZ.
Sinkende Nachfrageprognosen trübten jedoch weiterhin die Stimmung. "Das Ausbleiben direkter fiskalischer Anreize aus China wirft einen Schatten auf die Aussichten für die Ölnachfrage, gepaart mit der Aussicht auf eine höhere US-Ölproduktion unter Donald Trumps Präsidentschaft und den drohenden Plänen der OPEC+ für eine Produktionssteigerung", sagte ING-Stratege Yeap Jun Rong. Doch sinkende Nachfrageprognosen und die Schwäche des großen Verbrauchermarkts China belasteten weiterhin die Marktstimmung. Die OPEC hatte gestern ihre Prognose für das Wachstum der weltweiten Ölnachfrage in diesem und im nächsten Jahr unter Verweis auf die Schwäche Chinas und einiger anderer Regionen nach unten korrigiert.
Die Volkswagen-Eigentümerholding Porsche SE muss mit ihren Kernbeteiligungen in der schwachen Autobranche in den ersten neun Monaten einen Gewinneinbruch hinnehmen. Nach Steuern verdienten die Stuttgarter 2,5 Milliarden Euro. Ein Jahr zuvor hatte die Beteiligungsgesellschaft der VW-Eigentümerfamilien Porsche und Piech noch 3,8 Milliarden Euro Gewinn gemacht. Die Jahresprognosen zu Gewinn und Nettoverschuldung bestätigte das Management der Porsche SE und versucht ihre Beteiligungen weiter zu streuen. "Trotz schwieriger Rahmenbedingungen behalten wir unsere langfristigen Diversifikationsziele im Fokus", sagte Finanzchef Johannes Lattwein laut Mitteilung.
Der Versicherungsriese aus München prognostiziert für dieses Jahr ein operatives Ergebnis zwischen 14,8 und 15,8 (Vorjahr: 14,7) Milliarden Euro und damit in der oberen Hälfte der Zielspanne, teilte die Allianz am Morgen mit. Im dritten Quartal übertraf sie mit einem operativen Ergebnis von 3,94 Milliarden Euro nicht nur das Vorjahresniveau um knapp 14 Prozent, sondern auch die Erwartungen der Analysten. Umsatztreiber war diesmal die Lebens- und Krankenversicherung, die das gesamte Geschäftsvolumen um 17 Prozent auf 42,8 Milliarden Euro hievte.
Volkswagen hat die Partnerschaft mit dem US-amerikanischen Tesla-Herausforderer Rivian besiegelt. Bereits 2027 sollen die ersten Fahrzeuge auf Basis der neuen Elektro-Architektur anrollen, wie Konzernchef Oliver Blume zum Start des Gemeinschaftsunternehmens im kalifornischen Palo Alto ankündigte. Die Investition in das Projekt lässt sich VW 5,8 Milliarden Euro kosten, 800 Millionen mehr als bisher geplant. Die Kooperation hatten die beiden Unternehmen bereits Ende Juni angekündigt.
Der Online-Autohändler Auto1 kommt beim Bemühen um bessere Ergebnisse weiter voran und hebt seine Ergebnisprognose erneut an. Um Sondereffekte bereinigt sowie vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen soll 2024 nun ein Ergebnis von 72 bis 84 Millionen Euro erzielt werden statt 45 bis 65 Millionen Euro. Im dritten Quartal verdiente Auto1 dank starker Zuwächse bei Absatz und Umsatz hier 34,3 Millionen Euro, ein Jahr zuvor waren es nur 500.000 Euro gewesen.
Der Immobilienkonzern TAG Immobilien erwartet im kommenden Jahr dank einer Ausweitung des Geschäfts in Polen steigende Gewinne. Für 2025 stellte der Konzern heute ein FFO II - eine im Immobiliensektor wichtige Gewinngröße, die Vermietungs- und Verkaufserlöse umfasst - von 233 bis 243 Millionen Euro in Aussicht, das wäre ein Plus von acht Prozent gegenüber der für das laufende Jahr erwarteten Spanne. Die 670 Millionen Euro auf der hohen Kante will TAG vor allem in Wohnimmobilien in Polen stecken. Bis Ende 2028 soll der Bestand dort auf rund 10.000 Wohnungen von derzeit gut 3.000 Wohnungen steigen.
Der schwedische Zahlungsdienstleister Klarna wagt den Sprung an die Wall Street. Das Unternehmen habe vertrauliche Unterlagen bei der US-Börsenaufsicht SEC eingereicht, teilte Klarna gestern mit. Details zum Volumen und zur Preisspanne der geplanten Aktienausgabe wurden nicht bekannt. Das Unternehmen gab an, im ersten Halbjahr 2023 einen bereinigten Gewinn von 673 Millionen Schwedischen Kronen ( rund 58,08 Millionen Euro) erzielt zu haben. Der Umsatz stieg den Angaben zufolge im gleichen Zeitraum um 27 Prozent auf 13,3 Milliarden Kronen.
Der Musikstreaming-Konzern Spotify hat mit seinem Kundenwachstum um zwölf Prozent im dritten Quartal bei Anlegern für Begeisterungsstürme gesorgt. Auch die Zahl monatlich aktiver User stieg um elf Prozent auf 640 Millionen. Der Aktienkurs legte im nachbörslichen New Yorker Handel um mehr als neun Prozent zu. Der Umsatz kletterte um fast ein Fünftel auf knapp vier Milliarden US-Dollar. Das operative Ergebnis lag bei 454 Millionen Dollar.