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Marktbericht: DAX ganz im Zeichen der Fed



marktbericht

Stand: 19.12.2024 16:23 Uhr

Die Börse tut sich weiter schwer mit dem zuletzt angepassten Zinsausblick der US-Notenbank. Der DAX ringt mit der Marke von 20.000 Punkten. Eine Jahresendrally ist kein Thema mehr.

Der DAX bleibt am Nachmittag weiter im Minus und ringt mit der Marke von 20.000 Punkten. Im Tagesverlauf war der deutsche Leitindex im bisherigen Tagestief bis auf 19.982 Punkte gefallen und war damit unter die runde Marke gerutscht, die er erst Anfang des Monats nach langem Aufwärtstrend überwunden hatte.

Die Stimmung am Markt bleibt aber angespannt, selbst eine freundliche Wall-Street-Eröffnung hilft nicht wirklich. Das bisherige Tageshoch lag bei 20.105 Punkten. Der MDAX der mittelgroßen Werte verliert rund 1,6 Prozent.

Fakt ist, dass die Zinsprognosen der US-Notenbank Federal Reserve der Jahresendrally am deutschen Aktienmarkt heute einen empfindlichen Dämpfer verpassen. Nicht nur Dividendenpapiere, auch Rentenwerte geraten unter Druck. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen steigt aktuell auf 2,31 Prozent, der Bund-Future gibt 0,2 Prozent nach.

"Die Entscheidungen der Fed haben an den Finanzmärkten Spuren hinterlassen", schrieben die Analysten der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). Die Zinssenkungserwartungen seien nochmals gedämpft worden, obwohl sich diese bereits seit Oktober merklich zurückgebildet hätten.

Die Fed senkte gestern wie erwartet zum dritten Mal in Folge ihren Leitzins - sagte aber für das kommende Jahr wegen der hartnäckig erhöhten Inflation weniger Zinssenkungen als bisher voraus. "Eine derart starke Zurücknahme der Zinssenkungsprojektionen hatten wohl wenige am Radar", heißt es von der Landesbank LBBW.

Völlig aus dem Nichts kamen die Ankündigungen von Fed-Chef Powell aber nicht, vor allem nach dem Wahlerfolg von Donald Trump Anfang November. Denn die Kehrseite seiner angekündigten Zölle und Steuersenkungen dürfte nach Ansicht vieler Experten und Marktbeobachter eine zumindest hartnäckige, wenn nicht gar weiter steigende Inflation sein.

Powell sagte in seiner anschließenden Rede, einige Währungshüter überlegten, wie sich Trumps Pläne - etwa höhere Zölle und niedrigere Steuern - auf ihre Politik auswirken könnten.

"Die Risiken, die hier eindeutig bestehen und teilweise unausgesprochen bleiben, sind die, die die Trump-Administration in Bezug auf den Inflationsdruck auf den Tisch legen könnte", sagte Rob Thompson von RBC Capital Markets.

Zum Handelsstart in New York sieht es so aus, als ob historisch lange Verlustserie des Dow Jones zumindest heute ihr Ende finden könnte. Es geht in den ersten Handelsminuten um gut 0,5 Prozent bergauf, ähnlich wie auch die anderen großen Indizes.

Der Dow Jones, der schon in den Tagen zuvor unter der Aussicht auf eine Zinspause gelitten hatte, rutschte gestern erneut ins Minus und ging 2,6 Prozent tiefer bei 42.326 Punkten aus dem Handel. Damit hat der Weltleitindex das zehnte Mal in Folge im Minus geschlossen - eine historisch lange Verlustserie. Noch deutlicher sackten die Technologiewerte an der Nasdaq ab, die anders als die Standardwerte zuletzt einen Rekordlauf erlebt hatten. Der Nasdaq 100 büßte gestern 3,6 Prozent auf 21.209 Punkte ein.

Auch die Street verarbeitet natürlich primär die Zinsaussagen der Fed vom Vorabend. Statt der am Markt erhofften vier Leitzinssenkungen im kommenden Jahr werde es, Stand jetzt, im besten Fall wohl nur noch zwei geben, konstatiert Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar von Robomarkets. Und obwohl Notenbankchef Jerome Powell den potenziellen Schuldigen nicht direkt beim Namen genannt habe, zielten die Aussagen auf die zu erwartende "Zollpolitik eines US-Präsidenten Donald Trump".

Neue Konjunkturdaten bewegen wenig, obwohl sich der Arbeitsmarkt erneut sehr robust präsentierte. Die wöchentlichen Hilfsanträge sanken in der vergangenen Woche um 22.000 auf 220.000, wie das Arbeitsministerium in Washington mitteilte. Volkswirte hatten im Schnitt mit einem Rückgang auf 230.000 Anträgen gerechnet. Der Arbeitsmarkt in den USA gilt trotz einer Abkühlung nach wie vor als robust, aus Sicht der Fed gilt dies aber ebenfalls als Risiko für eine inflationäre Entwicklung.

Von weihnachtlicher Besinnlichkeit ist auch am Devisenmarkt nichts zu spüren, im Gegenteil. Die Aussicht auf eine weniger lockere Geldpolitik in den USA hatte den Dollar angetrieben und den Euro entsprechend belastet.

Wichtiger sei jedoch aus Sicht des Devisenmarktes die Anhebung der Inflationsprognosen von Seiten der Fed gewesen, schrieb Analyst Volkmar Baur von der Commerzbank. Denn Notenbankchef Jerome Powell habe den Eindruck hinterlassen, dass die Teuerung wieder der Hauptfokus der Notenbank sei. Während der Arbeitsmarkt Baur zufolge so eingeschätzt wird, dass er in einer guten Verfassung ist, müsste man bei der Inflation noch weitere Fortschritte sehen, um die Zinsen weiter zu senken. Einen solchen Fortschritt gäben die Prognosen allerdings nicht her.

Am Nachmittag werden knapp 1,04 Dollar für den Euro bezahlt, ein Plus von gut 0,4 Prozent. Gestern war die Gemeinschaftswährung kräftig unter Druck geraten. Am späten Abend kostete ein Euro 1,0354 Dollar - 1,3 Prozent weniger als am Dienstag.

Die britische Notenbank verzichtet derweil angesichts der hartnäckigen Inflation auf eine dritte Zinssenkung in diesem Jahr. Der Schlüsselzins wurde am Donnerstag bei 4,75 Prozent belassen. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Experten hatten damit gerechnet. Die Entscheidung fiel jedoch in dem neunköpfigen geldpolitischen Ausschuss nicht einstimmig.

Notenbankchef Andrew Bailey sagte nach der Entscheidung, man müsse bei der Senkung der Zinsen am "schrittweisen Ansatz" festhalten. "Angesichts der gestiegenen Unsicherheit in der Wirtschaft können wir keine Aussage dazu machen, wann und um wie viel wir die Zinsen im kommenden Jahr senken werden", fügte er hinzu. Ökonomen zeigten sich überrascht, dass die Entscheidungsträger in der Bank of England (BoE) zunehmend gespalten ist. Das Pfund zeigt sich zum Dollar stabil bei 1,2576 Dollar.

Schlechte Nachrichten gibt es derweil erneut für die deutsche Wirtschaft: Das vom Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ermittelte Konjunkturbarometer steigt im Dezember zwar um 2,7 Punkte zum Vormonat, liege aber mit 86,4 Zählern weiterhin deutlich unter der neutralen 100-Punkte-Marke, so die Berliner Forscher heute: "Somit schließt die deutsche Wirtschaft das Jahr trotz dieses kleinen Lichtblicks schwach ab", lautet das Fazit des DIW. Im zu Ende gehenden vierten Quartal dürfte das Bruttoinlandsprodukt leicht sinken, unter anderem weil die Binnennachfrage schwächele und auch von den Exporten kein Schub komme.

So steigt auch die Kauflaune der deutschen Verbraucher zwar leicht, das für Januar berechnete Konsumbarometer kletterte um 1,8 Punkte auf minus 21,3 Zähler, wie GfK und das Nürnberg Institut für Marktentscheidungen (NIM) mitteilten. Einen Konsumboom erwarten die Experten aber nicht. "Dazu ist die Verunsicherung der Konsumenten derzeit noch zu groß", sagte NIM-Exerte Rolf Bürkl.

Auftragsflaute und Konjunkturkrise lassen auch die Unternehmen zurückhaltender werden: Das ifo-Beschäftigungsbarometer, dass die Personalplanungen für die nächsten drei Monate erfasst, fiel im Dezember auf 92,4 Punkte, wie das Münchner ifo-Institut heute mitteilte. Insbesondere in der Industrie hinterlässt die wirtschaftliche Krise demnach ihre Spuren bei der Personalplanung. "Immer weniger Unternehmen bauen Personal auf", sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo-Umfragen.

Steigende Kosten und Auftragsmangel zwingen zudem immer mehr Unternehmen in Deutschland zur Geschäftsaufgabe. Im November stieg die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen um 12,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt heute mitteilte. "Die Wirtschaftskrise hinterlässt weiterhin tiefe Spuren", sagte dazu der Mittelstandsexperte der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Marc Evers.

Äußerungen von Fed-Chef Jerome Powell, dass die Zentralbank selbst keine Bitcoin halten dürfe und auch keine entsprechende Gesetzesänderung fordere, haben Bitcoin sowie Kryptowährungs- und Blockchain-bezogene Aktien auf Talfahrt geschickt. Bei volatilem Handel werden derzeit etwas über 100.000 Dollar bezahlt.

Der Pharmakonzern Novartis schließt das deutsche Biotech-Unternehmen Morphosys. Bis Ende 2025 sollen alle Standorte von Morphosys in Deutschland und in den USA geschlossen werden, schreibt die "Wirtschaftswoche" unter Berufung auf Aussagen von Novartis. Demnach sollen alle Portfolioaktivitäten von Morphosys in Novartis integriert werden. Davon seien rund 330 Arbeitsplätze betroffen. Novartis hatte Morphosys erst zu Beginn des Jahres für insgesamt 2,7 Milliarden Euro übernommen.

Gestützt durch ein bislang gutes vorweihnachtliches Geschäft erwartet die Parfümeriekette Douglas im neuen Geschäftsjahr 2024/25 (per Ende September) einen Umsatzanstieg auf 4,7 bis 4,8 Milliarden Euro. Die Filialumsätze sollen dabei im mittleren einstelligen Bereich und die Online-Umsätze im hohen einstelligen Bereich zulegen. Der Gewinn soll deutlich auf 225 bis 265 Millionen Euro klettern, das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) bei 855 bis 885 Millionen Euro liegen.

Der Montage- und Befestigungsspezialist Würth bekommt die Konjunkturkrise deutlich zu spüren. Unternehmenspatriarch Reinhold Würth sagte der Nachrichtenagentur dpa, er rechne mit einem Rückgang des Vorsteuerergebnisses um 25 bis 30 Prozent im zu Ende gehenden Geschäftsjahr. Der Umsatz werde 2024 mit einem Minus von zwei Prozent minimal niedriger sein. 2023 hatte das Betriebsergebnis vor Steuern bei 1,4 Milliarden Euro gelegen, die Erlöse bei 20,4 Milliarden Euro.

Im Streit um die Umsetzung des europäischen Digitalmarktgesetzes (DMA) übt Apple scharfe Kritik an den Forderungen der Facebook-Mutter Meta. Meta habe bisher 15 Anfragen für tiefgreifenden Zugang gestellt, die den Schutz von Nutzerdaten abschwächen würden. Meta entgegnete, Apple verweise immer grundlos auf den Datenschutz, wenn dem Konzern wettbewerbswidriges Verhalten vorgeworfen werde. Grund für den Streit ist das DMA, mit dem die EU-Kommission Apple dazu drängt, das iPhone noch stärker für Rivalen zu öffnen, so dass Computer-Uhren, Kopfhörer oder Digital-Brillen anderer Hersteller besser als bisher mit dem Telefon funktionieren.

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