
marktbericht
Die Erholungsrally am deutschen Aktienmarkt findet ein jähes Ende - der DAX startet mit Verlusten. Nvidia rückt die negativen Folgen von Trumps Wirtschaftspolitik wieder verstärkt ins Bewusstsein der Anleger.
Die Volatilität am deutschen Aktienmarkt bleibt weiter hoch. Nach zwei Tagen mit Kursgewinnen müssen die Bullen das Feld schon wieder räumen; die Bären haben wieder das Ruder übernommen. Der DAX fällt im frühen Handel um 1,0 Prozent auf 21.041 Punkte.
Der DAX muss damit einen Teil seiner jüngsten Kursgewinne wieder hergeben. Tags zuvor hatte der deutsche Leitindex noch ein Kursplus von 1,4 Prozent auf 21.253 Punkte eingefahren. Von seinem 4.000-Punkte-Rutsch bis auf 18.489 Zähler am "Panic Monday" in der vergangenen Woche hat das deutsche Börsenbarometer bislang zeitweise weit über die Hälfte wieder wettmachen können. Im DAX-Chart zeichnet sich eine V-förmige Erholung ab.
Marktexperten sprechen dennoch von einer fragilen Entwicklung, hängt an den Märkten derzeit doch alles von der nächsten Volte des US-Präsidenten Donald Trump an. Aus technischer Perspektive würde sich der DAX erst bei einem Anstieg über seinen kurzfristigen Abwärtstrend (aktuell bei 21.247 Punkten) wieder in ruhigerem Fahrwasser bewegen.
Auf die Stimmung an den Börsen drückt zur Wochenmitte, dass der Halbleiter-Gigant Nvidia von der US-Regierung mit verschärften Einschränkungen für Lieferungen seines KI-Chips H20 nach China konfrontiert wird. Dies brockt Nvidia Einbußen in Milliardenhöhe ein.
"Mit dem Exportverbot für den H20-Chip von Nvidia nach China erleben wir im aktuellen Handelskonflikt eine neue Eskalation", betont Marktexperte Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. Das Umfeld bleibe volatil.
Das Beispiel Nvidia führt den Anlegern eindrücklich vor Augen, wie sehr Trump mit seiner Handelspolitik auch den eigenen Unternehmen im Land schadet und dabei selbst vor den großen börsennotierten Tech-Konzernen nicht Halt macht.
Schwer wiegt dabei nicht zuletzt der Vertrauensverlust durch die erratische Wirtschaftspolitik des US-Präsidenten, der in der kurzen Frist kaum wieder gutzumachen sein dürfte. Unternehmen wie Investoren fehlt es an Planungssicherheit; das ist Gift für die Wirtschaft.
Zu allem Überdruss gibt es auch im Zollkrieg zwischen den USA und China keine Fortschritte. US-Präsident Donald Trump sagte: "Der Ball liegt bei China. China muss ein Abkommen mit uns schließen. Wir müssen keinen Deal mit denen machen".
Die negativen Nachrichten von Nvidia lasteten zur Wochenmitte auch auf den Kursen an den asiatischen Aktienmärkten. In Tokio büßte der 225 Werte umfassende Nikkei-Index 1,0 Prozent auf 33.920 Punkte ein. Papiere des Nvidia-Zulieferers Advantest verzeichneten herbe Verluste.
Die Börse in Shanghai liegt aktuell 0,1 Prozent im Minus. Der technologielastige Hang-Seng-Index in Hongkong rauscht um 2,2 Prozent in die Tiefe. Dabei wuchs das chinesische Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal mit 5,4 Prozent zum Vorjahreszeitraum kräftiger als von Ökonomen vorhergesagt.
Auch die US-Futures liegen aktuell tief im Minus, vor allem der Future auf den technologielastigen Nasdaq 100 verbucht hohe Verluste von 2,0 Prozent. Der Future auf den Dow-Jones-Index liegt 0,6 Prozent im Minus.
Tags zuvor hatten sich die Anleger an der Wall Street wegen der anhaltenden Zoll-Unsicherheiten nicht aus der Deckung getraut. Der Dow Jones verlor 0,4 Prozent auf 40.369 Punkte. Der technologielastige Nasdaq notierte kaum verändert bei 16.823 Zählern, und der breit gefasste S&P 500 büßte 0,2 Prozent auf 5.397 Stellen ein.
Der Goldpreis hat am Morgen bei 3.295,11 Dollar ein frisches Rekordhoch markiert und sich damit der 3.300-Dollar-Marke weiter angenähert. Erst am Freitag hatte Gold erstmals in der Börsengeschichte die Marke von 3.200 Dollar geknackt. Die Rekordrally bei dem gelben Edelmetall ist in erster Linie auf die jüngsten Turbulenzen an den Aktienmärkten zurückzuführen.
Diese dämpfen die Risikobereitschaft und begünstigen eine Verlagerung in sichere Anlagen. "Gold wird stark bleiben, solange die Unsicherheit anhält", sagt Brian Lan, Geschäftsführer des Edelmetallhändlers GoldSilver Central in Singapur. Der fallende Dollar trägt ebenfalls zum Anstieg des Goldpreises bei, stärkt er doch die Nachfrage aus dem Nicht-Dollar-Raum.
Auch zur Wochenmitte präsentiert sich der Dollar erneut schwach, im Gegenzug steigt der Euro am Morgen um 0,8 Prozent auf 1,1378 Dollar. Die jüngsten Zoll-Turbulenzen hatten an den Devisenmärkten für einen Ausverkauf beim Dollar gesorgt, binnen weniger Tage sprang der Euro zum Dollar um sechs Cent in die Höhe und notierte bei über 1,14 Dollar zeitweise so hoch wie seit drei Jahren nicht mehr.
Die Ölpreise geben am Morgen leicht nach. Die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee kostete 64,46 Dollar je Barrel (159 Liter) und damit 0,3 Prozent weniger als am Vortag.
Im DAX ist im frühen Handel die Sartorius-Aktie gefragt. Sie kann damit ihre Erholung vom Zollschock-Tief vor mehr als einer Woche fortsetzen. Die Zahlen für das erste Jahresviertel seien besser als gedacht, sagte ein Händler. Auch der Margen-Ausblick kommt am Markt gut an: Vom Umsatz sollen 2025 rund 29 bis 30 Prozent als bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) hängen bleiben.
Mit Enttäuschung aufgenommene Quartalszahlen von ASML sowie drohende Einbußen beim KI-Konzern Nvidia durch neue US-Regierungsvorgaben lasten auf den deutschen Halbleiterwerten. Aktien von Infineon, Aixtron, Suss Microtec und Siltronic verbuchen im frühen Handel deutliche Verluste.
ASML ist mit weniger Bestellungen ins Jahr gestartet als erwartet und fürchtet wegen des Handelskriegs eine weitere Investitionszurückhaltung seiner Kunden. Der Auftragseingang erreichte im ersten Quartal 3,9 Milliarden Euro, während Analysten mit 4,9 Milliarden gerechnet hatten. Auch beim Umsatz verfehlte der Weltmarktführer bei Maschinen zur Halbleiter-Produktion die Markterwartungen.
Der Telekomausrüster Adtran Networks hat sich bei der Ermittlung des Jahresergebnisses 2024 vertan. Das pro forma Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) liege aufgrund einer Neueinschätzung im Rahmen der Abschlussaufstellung wohl bei minus 10,2 Millionen Euro, teilte das SDAX-Unternehmen mit. Zunächst hatte Adtran einen Verlust von 4,5 Millionen Euro ermittelt.
Die von US-Präsident Donald Trump verhängten Zölle auf chinesische Importe wirbeln Insidern zufolge die Produktionspläne des Elektro-Autobauers Tesla durcheinander. Einfuhren von Komponenten für das Robotaxi Cybercab und den Sattelschlepper Semi seien ausgesetzt worden, sagte eine Person mit direkter Kenntnis von der Angelegenheit der Nachrichtenagentur Reuters. Damit könnte sich die Massenproduktion der mit Spannung erwarteten neuen Modelle verzögern.
Der Prozess zur möglichen Zerschlagung des Facebook-Konzerns Meta hat eine überraschende Enthüllung gebracht: Gründer Mark Zuckerberg erwog 2018 selbst, die Foto-Plattform Instagram wieder abzustoßen. In einer vor Gericht zitierten vertraulichen E-Mail verwies Zuckerberg auf zunehmenden Druck von Wettbewerbshütern. Es sei möglich, dass man "in den nächsten fünf bis zehn Jahren" gezwungen werde, sich von Instagram und dem Chatdienst WhatsApp zu trennen.
Für die US-Fluggesellschaft United Airlines ist die wirtschaftliche Unsicherheit nach dem Zoll-Rundumschlag von Donald Trump so groß, dass sie für das laufende Jahr zwei Prognosen abgegeben hat. Im Falle einer Rezession in den USA rechnet UA mit einem Gewinn von 7,00 bis 9,00 Dollar je Aktie. Bleibt die Wirtschaft stabil, dürfen es 11,50 bis 13,50 Dollar pro Aktie werden.
Mit Informationen von Angela Göpfert, ARD-Finanzredaktion.