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Marktbericht: Anleger wagen sich zurück in den Markt



marktbericht

Stand: 28.01.2025 10:11 Uhr

Ob die Anleger die Lage nach dem gestrigen DeepSeek-Gewitter heute wirklich anders beurteilen, ist unklar. Zwar wagen sich einige Investoren zurück in den Markt, die Situation bleibt aber unsicher.

Nach den gestrigen Kursverlusten kehrt der DAX zumindest vorläufig zurück in die Gewinnzone. Aktuell notiert er 0,2 Prozent fester bei 21.331 Punkten. Allerdings ist die Lage fragil: Das frühe Tageshoch bei 21.379 Zählern konnte er nicht verteidigen.

Gestern war der DAX zwischenzeitlich um fast 1,5 Prozent abgesackt und ging schließlich mit einem Minus von 0,5 Prozent bei 21.282 Punkten aus dem Handel. Erst am Freitag hatte der deutsche Leitindex bei 21.520 Zählern noch ein Rekordhoch erreicht.

Der Hype um DeepSeek, ein kostengünstiges Modell für Künstliche Intelligenz (KI) aus China, hatte Anleger gestern in Atem gehalten. Weltweit stellten Marktteilnehmer die zum Teil KI-getriebenen hohen Bewertungen von Aktien im Technologie- und Energiesektor in Frage.

Jochen Stanzl, Marktbeobachter bei CMC Markets, unterstreicht die positiven Aspekte des gestrigen Handelstages: "Die gute Nachricht des gestrigen Handelstages ist, dass die Ansteckungseffekte des DeepSeek-Schocks auf den DAX begrenzt blieben. Der Index hat sogar einen aus technischer Sicht Mut machenden Turnaround hingelegt", so der Fachmann. Schnäppchenjäger hätten sich Zeit genommen, die Lage zu sondieren und seien dann wieder eingestiegen." Oberhalb von 21.200 Punkten stehen die Börsenampeln für den DAX weiter auf grün", stellt Stanzl fest.

Besonders hart hatte es den US-Chiphersteller Nvidia erwischt. Der Börsenwert des ungeheuer hoch bewerteten US-Konzerns fiel um 592,7 Milliarden auf 2,9 Billionen Dollar. So viel Börsenwert hatte dem Datenanbieter LSEG zufolge noch nie ein Unternehmen an einem Tag eingebüßt.

"Wir stehen am Anfang einer dringenden Neubewertung eines Narrativs, das den Markt fast zwei Jahre lang fest im Griff hatte", sagte Brent Donnelly von der Handels- und Analysefirma Spectra Markets. Nach Angaben von DeepSeek arbeitet das Open-Source-Modell mit kostengünstigeren Chips und benötigt weniger Daten, was Sorgen um die Gewinne der US-Rivalen schürte.

Die Lage sei ausgesprochen undurchsichtig, meint Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank. "Grundsätzlich könnten günstigere Alternativ-KIs mit geringerem Energieverbrauch von einer größeren Zahl von Unternehmen verwendet werden. Dies dürfte einen schnelleren Anstieg der Produktivität bedeuten und sich insgesamt positiv auf die Gesamtwirtschaft auswirken."

Auch an der Wall Street waren die Kurse gestern aufgrund der Unsicherheiten im KI-Sektor deutlich gefallen. Im Zentrum des Ausverkaufs standen Chiphersteller und Technologieunternehmen. Der US-Standardwerteindex Dow Jones ging zwar mit einem Plus von 0,7 Prozent bei 44.713 Punkten aus dem Handel. Der breiter gefasste S&P 500 verlor aber 1,5 Prozent auf 6.012 Punkte, und der technologielastige Nasdaq büßte sogar 3,1 Prozent auf 19.341 Zähler ein.

Der Ausverkauf bei Halbleiterfirmen an der Wall Street hat auch Japans Börse gedrückt. Während die Börsen in China wegen des Neujahrsfestes geschlossen blieben, fiel der Nikkei-Index um 1,4 Prozent auf 39.016 Punkte. "Sofern der Ausverkauf von Chip-Aktien an der Wall Street nicht endet, wird dieser Trend auf dem japanischen Markt anhalten", sagte Yusuke Sakai, Händler bei T&D Asset Management.

In Tokio gab der Nvidia-Zulieferer Advantest rund elf Prozent nach. Der Technologieinvestor SoftBank verlor rund fünf Prozent; der Anbieter von Chipherstellungsgeräten Tokyo Electron büßte rund sechs Prozent ein.

Der Kurs des Euro sinkt. Am Morgen wurde die Gemeinschaftswährung zu 1,0430 Dollar gehandelt und damit etwa einen halben Cent tiefer als am Vorabend. In der vergangenen Nacht gaben Aussagen zur möglichen künftigen Zollpolitik der neuen US-Regierung dem Dollar Auftrieb.

Jüngste Aussagen deuten darauf hin, dass die US-Regierung generell höhere Zölle anstrebt. Der neue amerikanische Finanzminister Scott Bessent will nach einem Bericht der Financial Times die Einführung von universellen Zöllen auf US-Importe, die bei 2,5 Prozent beginnen sollen. Präsident Donald Trump hatte auf Nachfrage von Journalisten auf den Medienbericht reagiert und gesagt, dass er viel höhere Zölle anstrebe.

Europas größter Softwarehersteller SAP hat auch im Schlussquartal vom Umstieg seiner Kunden auf Cloudsoftware profitiert. Der Umsatz kletterte im Jahresvergleich um 11 Prozent auf 9,4 Milliarden Euro. Die Walldorfer verzeichneten dabei vor allem bei den Aboverträgen für ihre Kernsoftware erneut einen starken Anstieg. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern stieg noch deutlich stärker als der Erlös um 24 Prozent auf 2,44 Milliarden Euro. Der Nettogewinn schwoll um 35 Prozent auf 1,62 Milliarden Euro an.

Der Energietechnik-Konzern Siemens Energy kommt nach der Krise durch die spanische Windkrafttochter Gamesa immer besser in die Spur. Das Unternehmen legte gestern Abend gestiegene Zahlen für den Umsatz und den Ertrag im ersten Quartal vor und hob einen Teil der Prognose für das Geschäftsjahr 2024/25 an. Der Umsatz sei auf 8,942 Milliarden Euro gestiegen nach 7,649 Milliarden vor Jahresfrist. Das Ergebnis vor Sondereffekten konnte der Konzern auf 481 (208) Millionen Euro mehr als verdoppeln.

Eine schwache Nachfrage hat den Pharma- und Laborzulieferer Sartorius im vergangenen Jahr gebremst. Der Umsatz stagnierte bei gut 3,38 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis (Ebitda) sank 2024 um knapp zwei Prozent auf 945 Millionen Euro, die Rendite lag mit 28 (Vorjahr: 28,3) Prozent innerhalb der im Sommer gesenkten Spanne von 27 bis 29 Prozent. Der Nettogewinn schrumpfte um mehr als 17 Prozent auf 280 Millionen Euro. Für 2025 zeigt sich Sartorius vorsichtig optimistisch. Der Konzern will in beiden Sparten über dem Marktniveau profitabel wachsen und hofft auf eine moderate Umsatzsteigerung.

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