LKA sah keine Gefahr: Welche Hinweise zu Taleb A. hatten die Behörden?

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Nach der Amokfahrt von Magdeburg werden Vorwürfe gegen Ermittlungsbehörden laut. Sie sollen den Täter teils schon lange kennen, aber nichts unternommen haben. Innenministerin Faeser will das jetzt überprüfen lassen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg zusätzliche Ermittlungen angekündigt, um herauszufinden, welche Behörden zuvor Hinweise auf den Täter hatten. "Das Bundeskriminalamt unterstützt die Ermittlungen der Behörden in Sachsen-Anhalt", sagte Faeser der "Bild am Sonntag". "Die Ermittlungsbehörden werden alle Hintergründe aufklären. Dabei wird auch genau untersucht, welche Hinweise es in der Vergangenheit bereits gab und wie diesen nachgegangen wurde."

Wie der "Spiegel" berichtete, fiel Todesfahrer Taleb A. der Justiz wiederholt auf und hatte immer wieder Probleme mit den Behörden. Im September 2013 habe ihn das Amtsgericht Rostock wegen "Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten" zu einer Strafe von 90 Tagessätzen zu je zehn Euro verurteilt. Diesen Umstand bestätigte inzwischen auch das Innenministerium in Mecklenburg-Vorpommern.

Landesinnenminister Christian Pegel schilderte, dass A. In einem Streit um die Anerkennung von Prüfungsleistungen gegenüber Vertretern der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern mit einer Tat gedroht habe, die "internationale Beachtung finden" werde. Dabei habe er auf den Anschlag beim Boston-Marathon verwiesen. Es sei eine Gefährderansprache durchgeführt worden. Als Gefährder eingestuft wurde Taleb A. aber nicht.

Warnungen aus Saudi-Arabien wegen Tweets von A. sollen überdies vor mehr als einem Jahr eingegangen sein. In den Tweets sei es auch um Äußerungen gegangen, Deutschland werde einen "Preis" zahlen für seinen Umgang mit saudi-arabischen Flüchtlingen. Die Warnung sei beim Landeskriminalamt von Sachsen-Anhalt gelandet, dort sei aber keine konkrete von A. ausgehende Bedrohung gesehen worden, berichtete der "Spiegel".

Ermittler äußern sich

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat nach eigenen Angaben vor der Attacke auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt einen Hinweis zu dem Täter erhalten. Der Hinweis sei im Spätsommer letzten Jahres über die Social-Media-Kanäle eingegangen, schrieb das BAMF am Samstag auf der Plattform X. "Dieser wurde, wie jeder andere der zahlreichen Hinweise auch, ernst genommen." Da das Bundesamt keine Ermittlungsbehörde sei, sei die hinweisgebende Person, wie in solchen Fällen üblich, direkt an die verantwortlichen Behörden verwiesen worden, hieß es.

Der Chef des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, sagte am Samstagabend im ZDF-"heute journal", das BKA habe im November 2023 einen Hinweis aus Saudi-Arabien zu dem Mann bekommen. "Hier ist auch ein Verfahren eingeleitet worden. Die Polizei in Sachsen-Anhalt hat dann auch entsprechende Ermittlungsmaßnahmen vorgenommen." Die Sache sei aber unspezifisch gewesen.

"Er hat auch verschiedene Behördenkontakte gehabt, Beleidigungen, auch mal Drohungen ausgesprochen. Er war aber nicht bekannt, was Gewalthandlungen angeht", sagte Münch zu dem Verdächtigen. Diese Dinge müssten aber nochmal überprüft werden, um zu schauen, ob den Sicherheitsbehörden etwas durchgegangen sei. "Wir haben hier ein völlig untypisches Muster, und wir müssen das auch in Ruhe jetzt auch analysieren."

Die Berliner Polizei schrieb auf X, dass aktuell Screenshots mit vermeintlichen Hinweisen an sie im Zusammenhang mit Magdeburg kursierten. "Zum jetzigen Zeitpunkt können wir diese Hinweise nicht bestätigen, und auch einen Fake nicht ausschließen. Die Prüfung hierzu dauert an", hieß es.

Der Direktor der Magdeburger Polizeiinspektion, Tom-Oliver Langhans, erklärte am Samstag auf einer Pressekonferenz, dass die Polizei in der Vergangenheit eine Strafanzeige aufgenommen habe. "Es ist auch von unserer Seite versucht worden, eine Gefährderansprache durchzuführen. Das ist jetzt auch noch Gegenstand der Ermittlungen, woran das dann nachher letztendlich in diesem Verfahren dazu nach meiner Erkenntnis erst mal so nicht gekommen ist." Dieses Verfahren liege aber schon ein Jahr zurück.

Hat sich Todesfahrer in Magdeburg auf Attentat vorbereitet?

Wie der "Spiegel" weiter berichtete, ist Taleb A. im November und Dezember mehrfach nach Magdeburg gefahren und hat sich dort in der Innenstadt in einem Hotel eingemietet. Er habe sich dort möglicherweise auf den Anschlag vorbereitet, berichtete das Magazin unter Berufung auf Sicherheitskreise.

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Taleb A. stammt aus Saudi-Arabien und war 2006 nach Deutschland gekommen. In sozialen Medien und Interviews erhob er teils wirr formulierte Vorwürfe gegen deutsche Behörden. Er hielt ihnen unter anderem vor, nicht genügend gegen Islamismus zu unternehmen. Nachdem er vor Jahren mit seiner Unterstützung für saudische Frauen, die aus ihrem Heimatland fliehen, an die Öffentlichkeit gegangen war, schrieb er später auf seiner Webseite in englischer und arabischer Sprache: "Mein Rat: Bittet nicht um Asyl in Deutschland."

Am Freitagabend raste der Saudi mit einem BMW-Mietwagen auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt durch die Menschenmenge. Dabei kamen fünf Menschen ums Leben. Weitere 200 Menschen wurden teils schwerst verletzt.

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