Linux-Tablet StarLite als Unterrichtsgerät

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StarLab vertreibt ein elegantes Linux-Tablet mit Stiftunterstützung, welches ich für den Unterricht verwenden möchte. Ich teile meine ersten Erfahrungen und Tipps.

Ich verwende seit bald 10 Jahren praktisch nur noch Linux auf meinen Geräten. Für meine Unterrichtstätigkeit wollte ich mir ein neues Gerät anschaffen, welches gemäss den Schulauflagen auch Stiftbedienung unterstützen sollte. Nun gibt es für Linux inzwischen eine doch erstaunlich breite Palette an Tablets. Ich entschied mich nach einiger Überlegung gegen das ursprünglich geplante Librem11 und für das StarLite von StarLabs.

Hoffnung - Austattung und Einsatzzweck

Neben der Linuxunterstützung bietet das Tablet eine Stifteingabe und der relativ moderne Intel N200 Prozessor erlaubt einen lüfterlosen Betrieb bei vergleichsweise geringem Stromverbrauch. Zwei USB-C-Anschlüsse (mit Displayunterstützung) sowie micro-HDMI erlauben das Anschliessen diverser Peripheriegeräte.

Ich plante das Tablet vor allem als Präsentationsgerät am Beamer im Unterricht einzusetzen und um nötigenfalls Notizen mit dem Stift in meine Arbeitsblätter zu machen. Zudem wollte ich es zur Vorbereitung von Unterrichtsunterlagen verwenden, also kleinere Texte und Grafiken gestalten können.

Bei der Software wollte ich mehrheitlich auf das moderne Flatpak setzen und eine Dateisynchronisation (zu meinem Laptop) via Nextcloud einrichten.

Ich bestellte das Gerät im März 2024 mit angegebener Lieferfrist von 6-8 Wochen. Per Mail erhielt ich ständig Information bezüglich des Bestellungsfortschritts. Das Gerät erschien dann ca. 1 Monat später als erwartet Anfang Juli 2024, mit einem leicht angepasstem Manjaro Gnome vorinstalliert.

Euphorie - Erste Schritte mit dem Gerät

Das Unboxing des Geräts lässt Gutes hoffen. Ein Quick Start Guide gibt eine minimale Übersicht über die Schalter und Multimediatasten. Geliefert wird ein sehr kompaktes Netzteil, der Stift mit Ersatzminen und Batterie sowie ein Plektrum mit StarLab-Zeichen, vermutlich um das Gerät für Reparaturen zu öffnen. Die Verpackung wirkt wertig, das Tastatur-Case ist schnörkellos und praktisch. Das Tablet wirkt schwerer als erwartet.

Für den ersten Systemstart (drücken des Powerbutton bis Anmeldebildschirm von Gnome) vergehen 26s (wovon 6 Sekunden die Wartezeit des UEFI sind). Danach begrüsst mich der Manjaro Welcome Screen.

Im ersten Funktionstest des Stifts klappt vieles Out-of-the-Box Gnome hat einen hilfreichen «hover»-Modus, bei dem die Maus angezeigt wird, bevor der Stift aufsetzt. Die Eingaben wirken leicht verzögert und etwas laggy. Stiftzeichnungen in Xournal++ funktionieren super in mehreren Druckstufen und die Taste am Stift wechselt in den Radiermodus. Die Bildschirmtastatur fehlt bei Eingabe mit dem Stift, bei einer Berührung mit dem Finger wird sie jedoch automatisch angezeigt.

Die physische Tastatur klickt magnetisch ein und die Bildschirmstütze lässt sich einfach umklappen. Das Trackpad benötigt eher viel Druck, aber ich nutze meist ohnehin tap to click. Die Tastatur hat vom Tastenanschlag her nicht besonders hohe Qualität, ist aber sehr brauchbar (interessanterweise hat meine Tastatur anstelle der T- eine zweite R-Taste). Einige nützliche Multimediatasten sind aufgedruckt und funktionieren alle ohne weiteres Zutun.

Die Displayrotation funktioniert sehr zuverlässig, das Display ist gut lesbar, jedoch nicht besonders hell.

Zusammenfassend bietet das StarLite MK V eine solide out of the box Erfahrung unter Manjaro Gnome.

Ernüchterung - einige Herausforderungen beim Einrichten

Grundsätzlich sollte ein mobiles Gerät Daten immer verschlüsselt ablegen, das Tablet wird jedoch unverschlüsselt ausgeliefert. Zudem bin ich ein Freund des reinen Arch Linux und füge die Manjaro-Annehmlichkeiten lieber selektiv via AUR selbst hinzu.

Ich installierte deshalb die aktuelle Arch Version auf dem Tablet. Dabei entschied ich mich für systemd-boot, welches moderne LUKS Encryption unterstützt, und unified kernel image falls ich Secure Boot mal aktiviert bekommen würde.

Die Installation lief ohne Fehler durch, doch nach dem ersten Systemstart zeigte sich ein gravierendes Problem. Ich habe die Ursache nicht definitiv geklärt und weiss nicht, ob dies ein generelles Problem ist oder nur bei meinem Gerät vorhanden ist. Die Symptome waren ein ständiges Flackern des Displays und bald auch komplettes Einfrieren des Geräts, welches nur durch erzwungenes Herunterfahren (Start-Button 5 Sekunden drücken) gelöst werden konnte. Arbeiten mit dem Tablet war so sehr mühsam bis unmöglich.

Der Auslöser des Problems war mutmasslich der neuere Linux-Kernel von Arch, welcher mir ein nicht vorhandenes NONE-1 Display in Gnome bescherte (keine Ahnung, welcher Teil der Hardware dieses verursachte). Als erste Abhilfe gelange es mir (nach etlichen Versuchen und Neustarts), das Phantomdisplay in den Displayeinstellungen zu deaktivieren und die Konfiguration zu GDM zu kopieren (Hilfestellung in diesem Artikel). Danach liess sich am Tablet vorerst normal arbeiten.

System optimieren

Ich stiess auf einen hilfreichen Artikel zum StarLite wovon ich einiges übernommen habe.

Eine unnötige Wartezeit beim Systemstart lässt sich zum Beispiel vermeiden durch

systemctl mask tpm2.target

Der Artikel enthält noch weitere Optimierungen (v. a. für KDE Plasma).

Sicherung mit FIDO2 Stick

Das Gerät besitzt keinen Fingerprint-Sensor, welchen ich auf meinem anderen Gerät gerne zum passwortlosen Login und sudo Aktivierung nutze. Stattdessen lässt sich ein FIDO2-Hardware-Key (z. B. von Solo oder Nitrokey) zur Authentifizierung nutzen.

Zudem lässt sich der FIDO2-Key auch nutzen, um die LUKS-Verschlüsselung beim Systemstart zu öffnen. Dazu habe ich Informationen aus mehreren Anleitungen zusammengesucht.

Der Hauptbefehl cryptenroll erlaubt das Registrieren des Keys bei LUKS und einige Anpassungen der boot Parameter in /etc/kernel/cmdline

rd.luks.name=UUID=root rd.luks.options=fido2-device=auto,token-timeout=10s root=/dev/mapper/root

sowie Anpassungen in /etc/mkinitcpio

HOOKS=(base **systemd** autodetect modconf keyboard **sd-vconsole** block **sd-encrypt** filesystem fsck) # udev, keymap, consolefont, encrypt -> entfernen

mit anschliessendem

mkinitcpio -P

aktivieren den FIDO2-Key bei systemd-boot.

Für das Debugging des Boot-Prozesses kann das Drücken der e-Taste hilfreich sein.

Bei der Gelegenheit lohnt es sich auch noch iomem=relaxed in /etc/kernel/cmdline hinzuzufügen, was Firmwareupdates von StarLabs erlaubt.

Zufriedenheit - Letzte Schritte

Zur komfortablen Installation von Software unter Arch habe ich noch yay von Hand installiert und damit dann Pamac mit Flatpak (und AUR) Unterstützung installiert.

yay -S pamac-flatpak

Entfernen des Phantomdisplay

Eine letzte Knacknuss war das Anschliessen des Tablets an einen Beamer oder externes Display. Dabei kam mir das oben erwähnte Phantomdisplay wieder in die Quere, da es das Spiegeln des Bildschirms erschwerte und manchmal (durch einen Crash von Gnome) verhinderte.

Die Lösung war schliesslich das Finden des Names auf Kernelebene durch

for p in /sys/class/drm/*/status; do con=${p%/status}; echo -n "${con#*/card?-}: "; cat $p; done

was den Übeltäter als /sys/class/drm/card0-Unknown-1: disconnected enttarnte.

Danach konnte durch einen Parameter in /etc/kernel/cmdline

video=Unknown-1:d

und folgendes mkinitcpio -P und reboot das Display beim Boot deaktiviert werden und erscheint folglich nicht mehr in Gnome und bereitet keine Probleme mehr.

Alltag - Momentaner Stand und Fazit

Das StarLite ist seit mehreren Wochen mein Hauptarbeitsgerät an der Schule. Neben den üblichen Linux-Unannehmlichkeiten, denen man in einem Windows & MS365 Umfeld ausgesetzt ist, leistet das Tablet sehr gute Dienste.

Ich wünschte mir jedoch etwas mehr Akkuleistung. Bei voller Displayhelligkeit und mehreren geöffneten Programmen ist bereits nach etwa 4h Schluss, was bei einem langen Unterrichtsmorgen knapp werden kann.

Falls jemand weiss, wie ich den Touchbereich eines Displays bei unterschiedlichen Auflösungen/Seitenverhältnissen anpassen kann, bin ich froh um Hinweise in den Kommentaren.

Schriften für Kompatibilität

Da ich oft Word-Dokumente mit Kolleginnen austausche, habe ich folgende Schriftpakete installiert, welche den Umgang von LibreOffice mit MS-Dokumenten deutlich vereinfachen:

  • ttf-aptos
  • ttf-mac-fonts
  • ttf-ms-win11-auto

Fazit

Trotz einiger Klimmzüge beim Anpassen des Tablets auf meine Bedürfnisse bin ich vom StarLite MK V begeistert und kann es mehr oder weniger erfahrenen Linux-Nutzern sehr empfehlen. Die Hardware ist gut und clever zusammengestellt und bietet viel für einen sehr fairen Preis.

Quellen:
https://itsfoss.com/linux-tablets/
https://www.heise.de/ratgeber/Gnome-Anmeldebildschirm-fuer-Multimonitorbetrieb-konfigurieren-7356111.html?seite=all
https://blog.herecura.eu/blog/2024-07-04-starlite-mk-v-archlinux-plasma-desktop/
https://wiki.archlinux.org/title/Universal_2nd_Factor#Authentication_for_user_sessions
https://www.guyrutenberg.com/2022/02/17/unlock-luks-volume-with-a-yubikey/
https://wiki.archlinux.org/title/Dm-crypt/System_configuration
https://wiki.archlinux.org/title/Unified_kernel_image
https://github.com/Jguer/yay?tab=readme-ov-file#installation


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