Wer im Sommer 2024 auf der Trendwelle surfen will, schlüpft dabei am besten in ein Hawaiihemd. Die Geschichte hinter dem bunten Mode-Statement.
Knallige Farben, bunte Blumen und Sommerlaune – das verbinden die meisten Menschen mit Hawaiihemden und Hawaii. Und genau deshalb erfreut sich die kitschige Kultklamotte alle Jahre wieder so großer Beliebtheit. Seine Geburtsstunde erlebte es kurioserweise in einem der düsteren Jahrzehnten der jüngeren Geschichte und zwar während der Weltwirtschaftskrise Anfang des 20. Jahrhunderts.
Das Hawaiihemd in den 1920ern
Hawaii gehört erst seit dem 21. August 1959 offiziell zu den USA, war aber schon in den 1920er-Jahren Sehnsuchtsort vieler US-Amerikaner. Und das aus gutem Grund: Weiße Strände, türkisfarbenes Wasser, hawaiianische Orchideen, Strelitzien, Anthurien und Plumeria bieten eine herrliche (gedankliche) Flucht aus Rezession und Arbeitslosigkeit.
Wie die Hemden entstanden sind, ist nicht genau überliefert. Als wahrscheinlich gilt, das japanische Schneiderinnen auf Hawaii begannen, den klassischen Kimono-Stoff für Herrenhemden zu verarbeiten. Entsprechend zierten japanische Motive wie etwa Kirschblüten die Shirts. Die hawaiianische Flora folgte später. Und das aus gutem Grund.
In den Zwanzigern waren die Shirts außerdem noch wohlhabenden Touristen und Einheimischen vorbehalten, denn normale Arbeiter konnten sich den Familienurlaub auf Hawaii nicht leisten. Das ist bis heute nicht anders, was sich aber änderte war das Aloha-Shirt. Frei nach dem Motto: Kommst du nicht zu mir, komm ich zu dir, eroberte es das US-Festland.
Massenproduktion ab den 30er-Jahren
Zu verdanken ist das Ellery Chun, der ab Mitte der 1930er-Jahre die ersten Hawaiihemden als Massenware produzierte, in die USA verschiffte und damit den Weg zum Erfolg ebnete. Schon damals erregten sie die Gemüter: Wie thesmithsonian.com berichtet, empfahl die Los Angelos Times den Käufern der Hawaiihemden, gleich zwei oder drei zu kaufen, weil Frau und Tochter bestimmt auch eines der bunten Shirts tragen wollen.
Allen billigen Provokationen zum Trotz setzte sich das Hawaiihemd durch. Warum kann nur vermutet werden. Es liegt aber nahe, dass es an den männlichen Berühmtheiten lag, die ihrer Zeit voraus waren und sich nicht scheuten, als Mann Farbe zu bekennen. Dazu gehörten in den 30ern unter anderem Sänger Bing Crosby und Duke "The Big Kahuna" Kahanamoku, dreifacher Olympiasieger im Schwimmen und einer der Begründer des Wellenreitens. Beide vermittelten vor allem eines: Den unbändigen Charme eines Mannes, der sich um seine Männlichkeit keine Sorgen machen muss, wenn er ein buntes Hemd trägt.
Hawaiihemden und der Krieg
Mit dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor änderte sich das Hawaiihemd abermals. Während des Krieges wurden die Shirts wegen Stoffmangels nicht produziert und als der Krieg gewonnen war, wichen die traditionell japanischen Muster den hawaiianischen Pflanzen und Naturmotiven.
In den 1950ern machten dann vor allem Soldaten das Hawaiihemd populär, die aus dem Pazifikraum heimgekehrt waren. Wenig überraschend also, dass sich der damalige US-Präsident Harry S. Truman (8. Mai 1884 bis Dezember 1972) 1951 für das Life-Magazin im Hawaiihemd ablichten ließ.
Die 1960er: Der Höhepunkt und Fall des Hawaiihemds
In den 1960er-Jahren erlebte das Kultkleidungsstück dann seinen vorläufigen Höhepunkt. Diesmal hüllten sich einerseits Stilikonen wie der King of Rock in dem Gewand. So trug Elvis Presley auf dem Cover zu "Blue Hawaii" ein dunkelrotes Hawaiihemd, das mit weißem Blumenmuster verziert war.
Andererseits entstanden in der Zeit auch Fotos von Richard Nixon (9. Januar 1913 bis 22. April 1994) im Aloha-Shirt. Das versprüht dann doch eher den Charme des spießigen Vorstadt-Vaters, der ein wenig lockerer rüberkommen möchte.
In der Folge verflog der Hauch des Muts und wich dem Kitsch einer längst vergessen geglaubten Urlaubserinnerung, die man lieber tief im Kleiderschrank vergräbt, anstatt sie stolz zu präsentieren. Das taten dann auch die großen Modeketten und wandten sich von den bunten Blütenmustern ab.
Das Hawaiihemd in Hollywood
Ganz anders handhabte Hollywood das Hawaiihemd. Von den 1980ern bis in die späten 1990er trugen vor allem die rebellischen Charaktere der Traumschmiede die bunten Shirts. So etwa Al Pacino in "Scarface", Tom Cruise in "Cocktail", Leonardo Di Caprio in "Romeo and Juliet" oder Brad Pitt in "Fight Club", wie die Vogue berichtet.
In den 2000er Jahren prägten vor allem Surfer-Labels wie Quicksilver den Hawaiihemd-Trend. Allerdings brauchte es noch gut 15 Jahre, bis auch italienische Edelmarken wie Gucci auf den Zug aufsprangen und Hawaiihemden wieder über die Laufstege in Mailand, Paris und New York flanierten.
Die Gegenwart: Das rassistische Hawaiihemd
Ruhiger ist es deshalb nicht um das Kultstück geworden, im Gegenteil. Auch dem Hawaiihemd selbst bleibt kein Trend erspart und wie soll es anders sein: Princeton-Professorin Zara Anishanslin sieht laut Welt in dem Kleidungsstück das "modische Pendant zur Plantagen-Hochzeit", welches "den Kolonialismus, Imperialismus und Rassismus der USA gegen die indigene Bevölkerung Hawaiis" symbolisiere.
Einen richtigen Aufschrei gegen das Hawaiihemd hatte das aber (noch) nicht zur Folge. Vielleicht, weil es dafür einfach zu gut aussieht. Oder aber, weil die meisten Menschen es wie Jahr Dale Hope sehen. Er ist ein lokaler Hersteller für Hawaiihemden und Autor des Buches "The Aloha Shirt: Spirit of the Islands". Gegenüber Vice verriet er, das die Bedeutung von Aloha eine Essenz des Seins, der Liebe, des Friedens, des Mitgefühls und eines gegenseitigen Verständnisses von Respekt sei. Und genau das ist es doch, was das Hawaiihemd zur Trendklamotte des Sommers 2023 macht.
Quellen: smithsonianmag.com, vogue.de vice.comwelt.de
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