Als Narendra Modi Wladimir Putin umarmte, verstörte er die Ukraine und ihre Verbündeten. Bei seinem Besuch in Kiew versucht er das wieder gut zu machen.
Nur Wochen nach seiner kontroversen Umarmung mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin hat Regierungschef Narendra Modi den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj getroffen. Auch ihn schloss der 73-Jährige während des ersten Besuchs eines indischen Regierungschefs in der unabhängigen Ukraine in die Arme.
Bei dem Treffen betonte er den Einsatz seines Landes für Frieden. "Wir haben uns auf eine Seite gestellt, und wir sind entschieden für den Frieden." Weiter sicherte Modi der Ukraine humanitäre Hilfe zu.
Offiziell verhält sich das bevölkerungsreichste Land der Welt neutral zu dem Krieg. Es trägt westliche Sanktionen gegen Moskau nicht mit und wirbt regelmäßig für eine Konfliktlösung durch Dialog, hat aber bislang keine konkreten Vorschläge gemacht.
Narendra Modi verstörte mit Putins Umwarmung
Der 73-jährige Modi präsentiert sich selbst als Friedensvermittler zwischen Moskau und Kiew und hatte angekündigt, mit Selenskyj über eine "friedliche Lösung" in dem seit mehr als zweieinhalb Jahren andauernden Krieg sprechen zu wollen. Indien werde im Hinblick auf humanitäre Hilfe immer an der Seite der Ukraine stehen und diese "über das übliche Maß hinaus unterstützen".
Moskau hatte Modi erst im Juli besucht – zum ersten Mal seit Beginn des Angriffskriegs. Die Reise erfolgte kurz nach seiner Wiederwahl zum Regierungschef, was russische Medien damals als Zeichen der Wertschätzung für die Beziehungen zu Russland interpretierten. Bilder des Treffens, bei dem sich Modi und Putin umarmten, gingen um die Welt und wirkten in vielen westlichen Ländern verstörend. Selenskyj verurteilte damals die Nähe Modis zum Kremlchef. Indien wiederum wies die Kritik zurück. Gleichzeitig hofft die Ukraine aber auch auf Unterstützung Indiens, weil es weltpolitisch eine wichtige Stimme ist.Modi Operandi: Indien spielt den größten Demokratie-Simulator der Welt 06.54
Bei einem Besuch im Nachbarland Polen hatte der indische Premierminister bereits zu Verhandlungen im Krieg zwischen Russland und der Ukraine aufgerufen und erklärt, dass Indien der festen Überzeugung sei, "dass kein Problem auf einem Schlachtfeld gelöst werden kann". Sein Land unterstütze den "Dialog und die Diplomatie", sagte Modi am Donnerstag bei einem gemeinsamen Auftritt mit dem polnischen Regierungschef Donald Tusk in Warschau.
Ob Modi tatsächlich als erfolgreicher Vermittler infrage kommen würde, ist zweifelhaft: Indien hat es bislang vermieden, den russischen Angriff auf die Ukraine ausdrücklich zu verurteilen. Das Land unterhält seit dem Kalten Krieg enge Beziehungen zum Kreml. Noch immer ist Russland einer der wichtigsten Waffenlieferanten Indiens. Während des Kriegs ist Indien zudem zu einem der größten Käufer von billigem russischem Öl geworden.
Indien vom Krieg in der Ukraine betroffen
Außerdem erscheint eine diplomatische Annäherung zwischen Moskau und Kiew angesichts einer ukrainischen Offensive seit dem 6. August in der westrussischen Region Kursk und einem russischen Vorstoß im Osten der Ukraine schwieriger denn je.
Kiew verfolgt eigenen Angaben zufolge mit dem Eindringen in die Region Kursk das Ziel, Moskau zu "fairen" Verhandlungen zu zwingen. Zwar gab es bis dahin keine Anzeichen für ernsthafte Gespräche zu einer Beendigung des Krieges. Der Kreml erklärte jedoch zu Beginn dieser Woche, dass die ukrainische Offensive Verhandlungen nun unmöglich gemacht habe.PAID Lage im Kursk-Gebiet IV Reisner 15:07
Während sich Modi in Kiew aufhielt, erklärte die Ukraine, dass bei einem russischen Angriff in der nordöstlichen Region Sumy zwei Menschen getötet worden seien. Zwei weitere seien in der Region Charkiw nach einem Angriff am Vortag tot aus den Trümmern geborgen worden. Nach UN-Angaben hat es seit dem russischen Angriff im Februar 2022 mehr als 10.000 zivile Opfer in der Ukraine gegeben, die tatsächliche Zahl dürfte allerdings höher liegen.
Auch Indien ist Berichten zufolge von dem Krieg in der Ukraine unmittelbar betroffen. Medienberichten zufolge wurden bereits mehrere indische Staatsbürger im Kampf für Russland getötet. Zu Beginn des Jahres forderte Indien den Kreml auf, einige seiner Staatsbürger zu entlassen, die sich für Hilfsjobs bei der russischen Armee gemeldet hatten.