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Die Kreditkarte wird auch in Deutschland oft zum bargeldlosen Bezahlen eingesetzt. Bei vielen Angeboten lauern aber versteckte Kosten. Wer sich für eine neue Kreditkarte entscheidet, sollte die im Blick haben.
Neben der Girocard, der ehemaligen EC-Karte, und einer Debit-Karte findet sich in den meisten Geldbörsen der Verbraucherinnen und Verbraucher auch eine Kreditkarte. Die hat beim bargeldlosen Bezahlen weiterhin ihren Sinn, kann aber auch überraschend hohe Kosten verursachen.
Im Ausland ist eine Kreditkarte oft nötig
Vor allem bei Mietwagenbuchungen oder Hotelreservierungen, aber auch beim Geldabheben am Automaten bei der nächsten Urlaubsreise ist eine Kreditkarte oft nötig. Das gilt vor allem für Reisen über die deutschen Grenzen hinaus, so Thomas Kehl vom Verbraucherportal Finanzfluss: "Gerade wer im außereuropäischen Ausland unterwegs ist, also in den USA oder auch im asiatischen Raum, für den macht es schon Sinn, so eine internationale Kreditkarte zu haben, weil die da eine höhere Akzeptanz haben. Manchmal stößt man dort dann mit der Debitkarte an Grenzen".
Vor allem durch den so genannten "Verfügungsrahmen", den eine Kreditkarte bereitstellt, ergeben sich dabei Vorteile. Hotel oder Mietwagenfirmen nutzen diesen gewissermaßen als Garantie für eine Buchung. Weder die Girocard noch eine Debit-Karte, wie sie von vielen Banken inzwischen kostenlos zur Verfügung gestellt wird, bieten diese Funktion.
Überblick über die eigenen Finanzen geht verloren
Die Kehrseite des kurzfristigen Kredits, den die Kreditkarte bietet, ist allerdings, dass viele Verbraucherinnen und Verbraucher mit einer oder mehreren Kreditkarten leicht den Überblick über die eigenen Finanzen verlieren. Das sei nicht ungefährlich, meint Ralph Wefer vom Vergleichsportal Verivox: "Mit einer Kreditkarte verschiebt man einen Teil seiner laufenden Kosten in die Zukunft, dadurch wird es ein bisschen schwerer, den Überblick zu behalten. Ein schneller Blick ins Konto reicht nicht mehr aus, um sofort zu sehen, wie viel vom Monatsbudget noch übrig ist."
Und wer diesen Überblick verliert, der kann schnell eine "Zinsfalle" der Kreditkartenanbieter tappen. Viele Angebote der Firmen werben mit einer kostenlosen Karte. Damit ist allerdings oft nur gemeint, dass keine Jahresgebühr für die Karte anfällt. Bei der Nutzung der Kreditkarte fallen dann je nach Einsatz zum Teil erhebliche Kosten an.
Lieber Verbraucherkredit als Zinsen bei der Kreditkarte
So sind die meisten der Kreditkarten mit einer so genannten Teilzahlungsfunktion ausgestattet. Dabei wird nur ein Teil des Kredites wieder ausgeglichen, nämlich durch eine Zahlung vom Girokonto. Für den Rest zahlt der Kunde Zinsen - und zwar sehr hohe: 20 und mehr Prozent pro Jahr sind keine Seltenheit. Verbrauchexperten wie Wefer raten dazu, lieber einen zumeist deutlich günstigeren Verbraucherkredit aufzunehmen, wenn man hohe Zinsbelastungen auf dem Kreditkartenkonto vermeiden will und hin und wieder ins "Minus" auf dem Konto gerät.
Die Teilzahlungsfunktion sollte man möglichst schnell deaktivieren. Dann wird in der Regel allmonatlich der in Anspruch genommene Betrag auf dem Kreditkartenkonto durch eine Zahlung vom verbundenen Girokonto ausgeglichen, und es fallen keine Zinsen an.
Zu den Zinskosten kommen in vielen Fällen aber noch weitere Kosten bei der Nutzung der Kreditkarte hinzu, etwa beim Bezahlen im Ausland oder beim Abheben von Bargeld - und zwar im In- und im Ausland. Auch hier kassieren die Kreditkartenfirmen oft stärker als bei der Girocard und der Debitkarte mit.
Amazon bringt neue Kreditkarte
Das gilt auch für die neue Kreditkarte des Internetriesen Amazon, der sein Produkt derzeit massiv in Deutschland bewirbt. Auch hier gibt es keine Grundgebühr für die Nutzer, aber kostenlos ist die Karte ebenfalls nicht: "Zum einen ist die Karte von Amazon nichts für Weltenbummler außerhalb der Eurozone. Wenn ich da die Karte einsetze, zahle ich 1,5 Prozent Aufschlag auf den Wechselkurs", erläutert Wefer, "und auch Barabhebungen am Geldautomaten kosten extra. Pro Abbuchung werden 3,9 Prozent Gebühren fällig. Also bei 100 Euro kostet das dann immerhin 3,90 Euro Gebühr".
Auch die Amazon-Karte ist mit einer Teilzahlungsfunktion ausgestattet und einem Kreditzins, der zu den höchsten in der Branche gehört, so Verbraucherberater Kehl von Finanzfluss: "Wenn man es nicht anders einstellt, dann rollen die Schulden sozusagen über den nächsten Monat, und dann fällt ein effektiver Jahreszins von 20,13 Prozent an. Es gibt Karten, die sind teurer, aber es gibt auch viele, die sind günstiger".
Amazon hatte bereits eine Kreditkarte zusammen mit der Landesbank Berlin (LBB) im Angebot, die Zusammenarbeit endete aber im vergangenen Jahr. Für die neue Kreditkarte hat der US-Konzern nun eine Partnerschaft mit der Open Bank gestartet, einer Tochter des spanischen Bankenriesen Santander. Für Amazon ist die Karte vor allem ein Mittel zur Kundenbindung. Kunden können damit "Punkte" sammeln, die sie später mit weiteren Einkäufen verrechnen können.
Zusatzpakete mit der Kreditkarte
Eine weitere Art der Kundenbindung nutzen Kreditkartenfirmen, um quasi "im Huckepack" weitere Dienstleistungen anzubieten. Dies können Versicherungen sein, wie eine Gepäckversicherung oder eine Reiserücktrittsversicherung. Oder die Nutzerinnen und Nutzer können mit jedem Einsatz der Karte "Flugmeilen" sammeln und dann einen günstigeren Ticketpreis bei bestimmten Airlines erhalten.
Auch ein hohes Startguthaben gleich beim Abschluss des Kreditkartenvertrages lockt einige Interessenten immer wieder, so Finanzfluss-Experte Kehl: "Ich schließe eine Kreditkarte ab, bekomme dann gleich vorab 5.000 Euro Guthaben, also 5.000 Euro Kredit, um mir zum Beispiel einen Urlaub zu finanzieren. Davon würde ich definitiv die Finger lassen, denn die Kreditkartenzinsen sind einfach extrem hoch".
Vergleichen vor Vertragsabschluss
Wie andere Vergleichs- und Verbraucherportale haben auch Verivox und Finanzfluss die aktuellen Kreditkartenangebote in aufwändigen Übersichten verglichen. Potenzielle Kunden sollten vor dem Vertragsschluss solche Vergleiche zu Rate ziehen und das eigene Nutzungsverhalten überprüfen. Die Teilzahlungsfunktion sollte allerdings in allen Fällen möglichst schnell deaktiviert werden, empfehlen die Experten.